Aus dem Lateinischen: „patientia“, im Englischen: „patience“ – „P“ wie Panik schieben.
P.S.: Klopapier ist für alle da und Seelenmüll kannst du sowieso nicht bunkern.
Eigentlich hatte ich dich schon vergessen. Dann kam da dieser Virus. Corona füllt alle Nachrichtendurchsagen und Bildschirme. Anfangs sah ich meine Freund:innen noch in Real Life. Bestes Ablenkungsmanöver. Später über Skype. Abstand zu dir zu halten war nie einfacher als jetzt, dennoch sind die Gedanken an dich wie schwarze Wolken vor meinem Fenster.
Abstand zu dir zu halten war nie einfacher als jetzt.
Diese Isolation zwingt mich geradezu, dich nicht zu vergessen. Mich in den bunten Lichtern der Nacht verlieren? Fehlanzeige. In Bars die einsamen Abendstunden gekonnt mit einem lauten Lachen hinter mir lassen? Fehlanzeige. Mich auf der Arbeit gedankenversunken in die nächste Sozialisation stürzen? Fehlanzeige.
Entspannen sollten wir uns alle mal, das wissen wir nicht erst seit heute. Ruhe einkehren lassen und uns in Geduld üben.
Von offenen Fragen und gelöschten Nachrichten
Ich schreibe etliche Zeilen, weil ich die Stille nicht aushalte. Sie zwingt mich meine harmoniesüchtigen Muster zu durchbrechen und zu sein. Nur hier und jetzt! Aber ohne dich! Nagelt mich auf mein Meditationskissen, nur um Mantren zu chanten von Verzeihen und Loslassen, die ich mir nicht mal selbst glaube.
Ich will die Freiheit und doch brauche ich dein Statement. Aber welche Lücke soll es füllen?
Deine Unabhängigkeit fasziniert mich, deine leeren Zeilen inspirieren mich, denn sie bieten mir das Vakuum, das ich brauche, um aus dem Vollen zu schöpfen. Deine Welt ist nicht meine Welt und meine Welt nicht deine. Könnten sie nicht verschmelzen zu einer großen Symphonie? Wohl kaum, denn wir rasen beide im Affentempo Richtung Selbstentfaltung. Von fehlendem Ehrgeiz keine Spur, doch Ankommen wird wohl keiner von uns. Geduld ist der Schlüssel.
Ich verfasse Sprachnachrichten, Bilder und Texte, um sie allesamt im Papierkorb landen zu lassen.
Ich verfasse Sprachnachrichten, Bilder und Texte, um sie allesamt im Papierkorb landen zu lassen. Weil ich weiß, Geduld ist das Spiel der Wahrheit, aber die Bedienungsanleitung ist mir noch unerklärlich.
Ich will doch nur wissen, ob es dir gut geht, aber ich lass dich nicht atmen.
Ich will die Freiheit und doch brauche ich dein Statement.
Ich warte auf die Zukunft und verweile in der Vergangenheit.
Doch ich lass dich fliegen. Schickst du mir auch Nachrichten so unverständlich, dass sie mich meine Freiheit kosten. Tief im Innern weiß ich, dass ich dich nicht für immer will und doch bade ich mich so gerne in deiner Aufmerksamkeit.
Die Zeilen sind leer, aber die Sehnsucht ist überwältigend. Was würde ich geben für diesen einen Moment in deinen Armen, für deine sanfte Stimme in meinen Ohren, für das Kitzeln unter den Achseln, das mein Lachen fordert und mich vergessen lässt.
Was würde ich geben für diesen einen Moment in deinen Armen, für das Kitzeln unter den Achseln, das mein Lachen fordert und mich vergessen lässt.
Aber ich will die Freiheit und doch brauch ich dein Statement.
Ich weiß, du wirst dich melden, aber eben in deinem Tempo. Ich will dir deinen Atem nicht nehmen, geduldig sein.
Freund:innen erzählten mir, du hast dich umgeschaut. Und wenn schon – go with the Flow. Liebe ist für alle da. Ich will doch nur die Freiheit aber DEIN Statement.
Obwohl ich weiß, dass am Ende alles gut werden wird und Geduld der Key des Lebens ist, fülle ich diesen beschissenen Nachrichtenverlauf mit Zeilen, die mich markieren als „Complicated as fuck“.
Ich habe so viel Liebe in mir, dass sie für dich und noch viele andere reicht. Aber Geduld ist mir ein Fremdwort.
Ich habe so viel Liebe in mir, dass sie für dich und noch viele andere reicht. Aber Geduld ist mir ein Fremdwort. Ich will alles hier und jetzt, deine Haut, dein Haar, deine sanfte Stimme, deine Gute-Nacht-Geschichten, den edlen Tropfen in staubigen Gläsern, deine Ruhe nach dem Höhepunkt und deine Leidenschaft, die mich fest umschlingt.
Wartend auf dem Meditationskissen will ich dich atmen lassen, chante weiterhin meine Mantren und vertraue in deine stetige Routine an die Tür zu klopfen, wenn ich gerade wieder verinnerlicht habe: Geduld ist der Key des Lebens.
Keep cool and stay calm! Ich will meine Freiheit aber brauche dein Statement.
Anm. d. Red.: Wir finden es wichtig, einzelne Perspektiven von Betroffenen und die damit verbundenen Belastungen in der Corona-Pandemie zu zeigen. Wir sind alle auf unsere ganz persönliche Weise betroffen. Die meisten Maßnahmen sind aus unserer Sicht berechtigt und notwenig, um die Pandemie einzudämmen – auch wenn das Einhalten schwerfällt. Alle Artikel zum Thema Corona findest du hier.
Headerfoto: DeMorris Byrd via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür.