Abtreibung – ein Weg, den ich alleine gehen musste

Er hat nicht rausgezogen. Mein erster Gedanke war, er wird es wohl drauf anlegen und möchte Kinder.

Vier Wochen später, weinend auf der Couch. Er sitz mir gegenüber und fragt mich, ob ich jetzt der Meinung sei, dass wir zusammenkommen. Eine Sexbeziehung, die nicht mal ein halbes Jahr andauerte. Eine Beziehung – wenn man sie so nennen kann –, die von vorneherein zum Scheitern verurteilt war. Eine toxische Beziehung.

Eine Woche ist es her und seine Worte, unsere Worte, hallen mir immer noch im Kopf nach.

Eine Woche ist es her und seine Worte, unsere Worte, hallen mir immer noch im Kopf nach. Ich wollte das Kind, weil ich mich in meine Traumwelt begeben habe, in der er mich unterstützt und zu dem Fehler ebenfalls stehen wird, so wie ich.

Pustekuchen.

Geplatzte Hoffnungen

Verzweifelt auf der Couch erzählt er mir, wie ich sein Leben zerstören würde, wenn ich dieses Kind bekommen würde. Was es für Konsequenzen für SEIN Leben und SEINE Familie in der Zukunft haben wird, wenn ich dieses Kind bekomme. Dieses Kind, was, seiner Ansicht nach, keinen Grund zum Leben hat, keine Basis, auf die man aufbauen kann. Mir zieht es den Boden unter den Füßen weg.

Verzweifelt auf der Couch erzählt er mir, wie ich sein Leben zerstören würde, wenn ich dieses Kind bekommen würde.

Denn so wie ich keinen Gedanken an Abbruch verloren habe, so hat er keinen einzigen Gedanken daran verloren, das Kind zu bekommen. Eine Entscheidung, Ein klares JA zum Abbruch – von seiner Seite. Und mir wird immer bewusster, dass ich das Kind, das in mir heranwächst, nicht mit diesem egoistischen, narzisstischen Idioten bekommen möchte.

Dass ich meinem Kind einen wunderschönen, ehrlichen und herzerwärmenden Vater schenken will. Und nicht diesen Mann/Vater, der in diesem Moment mir gegenübersitzt und etwas von „Was ist, wenn ich mal im Ausland arbeiten will“ erzählt. Dieser Mann, der von vornherein meinen Wert nicht kannte und nicht wissen wollte. Ein Mensch, der mich von Anfang an nur benutzt hat.

Bitteres Erwachen mit neuer Erkenntnis

Zwei Wochen und gefühlt tausend Ärzt:innentermine später, wache ich im Aufwachraum auf und es ist weg. Es ist weg, weil ich mir für mein Kind einen besseren Vater wünsche. Ich wache alleine auf. Denn er hat sich jeglicher Verantwortung entzogen.

Eine Nachricht 6 Tage nach dem Eingriff, obs mir gut geht? Obs mir gut geht??? Ist das sein Ernst?

Eine Nachricht 6 Tage nach dem Eingriff, obs mir gut geht? Obs mir gut geht??? Ist das sein Ernst?

Schweigen. Und ich werde weiterhin schweigen. Denn wenn ich etwas aus dieser Situation gelernt habe, dann dass ich mir so viel mehr Wert sein muss, als mich auf solche Männer nochmal einzulassen oder nur zu reagieren.

Da kommt der Selbstwert wieder zurück, den ich leider das letzte Halbe Jahr mit ihm an meiner Seite vergessen habe. Und dieser vergessene Selbstwert hat mich in diese Situation gebracht, tatsächlich ein Kind abtreiben zu wollen.

Früher dachte ich immer, ich könnte nie ein Kind abtreiben. Jetzt habe ich es getan und werde wahrhaftig über mich hinauswachsen.

Julia ist 30 Jahre jung und lebt im schönen München. Sie greift sehr oft ins Klo, was Männer betrifft, und hat angefangen sich das alles mal von der Seele zu schreiben. Self Care, Selbstliebe und Selbstwert sind Dinge, die sie leider gerne mal vergisst, sie erinnert sich aber immer wieder gerne daran. 

Headerfoto: cottonbro (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!

3 Comments

  • Selbstwert ist einer der Überlebensinstinkte, und zwar der rationalen Selbsterhaltung, die dich dazu bringt, dein eigenes Leben zu schützen, zu verteidigen und zu erhalten, wenn es sein muss. Eher flight, als fight.
    Es ist die Stimme, die zu dir spricht und sagt: das tust du dir selbst nicht an. Das hast du nicht verdient. Lauf!
    Und wenn du die Stimme gehört hast, dann läufst du, weg von all den Menschen, die dich ausnutzen, ohne dass du es bemerkt hattest.

  • „Denn wenn ich etwas aus dieser Situation gelernt habe, dann dass ich mir so viel mehr Wert sein muss, als mich auf solche Männer nochmal einzulassen oder nur zu reagieren.“ – was für eine starke Sichtweise. Ich habe jedes Wort von dir gefühlt und war in einer ähnlichen Situation. Auch ich habe mich für den Abbruch aufgrund von sehr schwierigen Verhältnissen entschieden .

    Die Erfahrung brachte viel Trauer und Schmerz mit sich, aber auch ein völlig neues Selbstmitgefühl. Dass der eigene Wert erst durch solch einen Verlust (wieder)gefunden wurde, ist schade, aber wird dir (und auch mir) ein zuverlässiger Wegweiser bei allen, zukünftigen Männerbegegnungen sein. Zumindest ich habe das Gefühl, dass ich das auch der kleinen Seele schuldig bin.

    Alles Liebe <3

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