In dem Artikel beziehe ich mich für die bessere Lesbarkeit auf die Situation, dass sich meine Freundin von ihrem Partner trennen möchte. Selbstverständlich gilt der Artikel aber auch für Frauen, die sich von Frauen trennen wollen, oder Männer, die sich von ihren Partner:innen trennen möchten, sowie auf nicht-binäre Menschen und auch auf Polybeziehungen.
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Vor kurzem habe ich mit einer Freundin darüber geredet, wie sie denn ihre langjährige Beziehung gut beenden kann. Nach ewigen Gesprächen über Monate und immer wieder dem gleichen Schluss ihrerseits („es ist für mich wohl am besten, mich zu trennen“) möchte sie es nun endlich auch tun (innerlich habe ich mir gedacht: NA ENDLICH!).
Wie erklärt man dem langjährigen Partner, dass man ab morgen getrennte Wege gehen wird?
Aber wie macht man das denn am besten? Wie erklärt man dem langjährigen Partner, dass man ab morgen getrennte Wege gehen wird und die gemeinsame Welt einstürzt und nicht mehr vorhanden sein wird? Und worauf sollte man davor achten? Denn bestimmt willst du keinen Fehler machen, und dich am nächsten Tag über deine Entscheidung ärgern.
Dich zu trennen, ist keine einfache Aufgabe, schließlich musst du deinem engen Vertrauten erklären, dass seine Zukunftsvision, die eure Beziehung beinhaltet, hiermit endet. Jetzt, ohne Kündigungsfrist oder Übergangszeitraum. Vertrag bis auf weiteres gekündigt, sozusagen.
Um alle zukünftigen Singles zu unterstützen, hier ein paar Tipps von mir, einer Beziehungspsychologin. Vielleicht fühlst du dich dann nicht ganz so allein auf deiner Mission, die Beziehungsburg einzureisen. Also, schnapp dir etwas zum Trinken – vielleicht hilft ja ein Tee? – und gemeinsam begeben wir uns auf schwieriges Terrain: die Entscheidung, dich zu trennen, und das darauf folgende Trennungsgespräch.
Tipp 1: Wisse, was du willst – und was nicht
Jede Beziehung ist anders. Und auch jeder Mensch möchte Beziehungen anders leben. Für den einen ist viel Nähe und viele Treffen total okay, die andere fühlt sich wohl mit einer Fernbeziehung. Wieder andere leben in offenen oder polyamoren Beziehungen oder Ehen, und haben für sich und ihre Partner:innen Arrangements gefunden, die passen. Wenn du dich trennen möchtest, solltest du daher nur deinen eigenen Maßstab von einer erfüllten Beziehung heranziehen. Es ist wichtig, dass du aufgrund von diesem Maßstab, der dir anzeigt, was für dich wichtig in Beziehungen ist, entscheidest. Am Anfang der ganzen Überlegungen steht also eine Beziehungs-Inventur.
Überprüfe nochmal, was dir wichtig ist in einer Beziehung.
Überprüfe nochmal genau, was dir wichtig ist in einer Beziehung und wie das in deiner aktuellen Beziehung aussieht.
Tipp 2: Führe viele Gespräche, arbeite an deiner Beziehung
Bevor du die Entscheidung zur Trennung triffst, ist es außerdem fair deiner Partnerperson gegenüber, viele Gespräche gesucht zu haben und einiges getan zu haben, um an der Beziehung zu arbeiten. Denn schließlich willst du eine Beziehung nicht einfach so wegschmeißen. Gib zuerst dir und dem anderen die Chance, daran zu arbeiten und Dinge zu verändern. Das gilt natürlich nicht nur für das Ende der Beziehung, sondern sollte der Normalzustand sein! Sei dabei ehrlich, was deine Ängste, Unzufriedenheiten oder Bedenken betrifft.
Sei ehrlich, was deine Ängste, Unzufriedenheiten und Bedenken betrifft.
Denn seit Brené Browns bekanntem Ted-Talk wissen wir: Verletzlichkeit ist das Herzstück von Beziehungen.
Falls du jetzt aufstöhnst, weil dir klar wird, dass du das alles noch gar nicht gemacht hast, dann kann ich dir versichern: Ja, Beziehungen sind Arbeit! Kommunikationsarbeit, dich verletzlich zeigen, Bedürfnisse aushandeln, Kompromisse finden, gemeinsame Entscheidungen treffen.
Tipp 3: Führe das Trennungsgespräch!
Du hast für dich entschieden, dass die Beziehung dich nicht mehr glücklich macht. Du hast Gespräche geführt, an der Beziehung gearbeitet. Aber es hat sich nichts verändert, und daher bist du jetzt fest entschlossen, dich zu trennen.
Vielleicht denkst du dir: „Naja, wenn ich anfange, mich zu distanzieren, meinen Partner zu ignorieren oder von anderen zu schwärmen, dann checkt er es auch.“ Ja, das ist schon möglich, aber vielleicht eben auch nicht. Wenn du für dich die Entscheidung getroffen hast, dich zu trennen, dann ist es nur fair, das auch deinem Partner wörtlich, nicht nur durch deine Handlungen, mitzuteilen.
Es kann schon sein, dass es ein unangenehmes Gespräch wird.
Es kann schon sein, dass es ein unangenehmes Gespräch wird. Aber ist es fair, dem auszuweichen? Würdest du es wollen, dass dein Partner dem ausweicht? Wahrscheinlich eher nicht. Daher für alle Konfliktvermeider:innen und Harmoniesüchtige, die ich wirklich gut verstehen kann: Einmal tief durchatmen, und weiterlesen. Denn die schlechte Nachricht lautet: Nein, es gibt keine andere Möglichkeit als ein offenes Gespräch.
Tipp 4: Es gibt keinen perfekten Zeitpunkt
Es gibt keinen richtigen Moment, um eine Beziehung zu beenden. Der richtige Moment ist nie – oder auch immer. Denn egal, wann du mit deiner Wahrheit herausrückst, wird es für deinen Partner wahrscheinlich sehr unangenehm sein.
Es gibt keinen richtigen Moment, um eine Beziehung zu beenden.
Aaaber es gibt sehr unpassende Momente, die du nicht auswählen solltest. Wenn du beispielsweise weißt, dass der andere gleich wegmuss, solltest du die Trennung nicht mal so kurz eben einschieben. Auch auf Events wie Geburtstagen oder Treffen mit anderen ist es nicht angebracht, ein so persönliches und möglicherweise emotionales Gespräch zu führen.
Setze die richtigen Rahmenbedingungen: Ihr solltet zu zweit sein und ungestört, ihr solltet etwas Zeit haben, um die Trennung zu besprechen und ihr solltet nicht in der Öffentlichkeit sein (außer du fühlst dich unsicher mit deinem Partner allein!).
Tipp 5: Kommuniziere deine Entscheidung bestimmt und deutlich
Wenn es um das Gespräch an sich geht, dann rate ich dir, ganz ehrlich über die Gründe für die Trennung zu sprechen. Damit gibst du deiner Partnerperson die Chance, deine Entscheidung nachzuvollziehen.
Gib deiner Partnerperson die Chance, deine Entscheidung nachzuvollziehen.
Du musst dabei nicht die Haltung „Es liegt nicht an dir, sondern nur an mir“ einnehmen. Sag deinem Gegenüber einfach, was dich gestört hat, woran ihr nicht arbeiten konntet und wieso du diese Entscheidung getroffen hast.
Du darfst dabei direkt und bestimmt sein, ohne deinen Partner zu beschuldigen oder Vorwürfe zu machen. Mache auch deutlich, dass es für dich keine Verhandlungen mehr gibt. Das ist deine Entscheidung, die muss dein Gegenüber akzeptieren.
Tipp 6: Seine Gefühle sind not your business!
Ich höre es schon: Du denkst dir jetzt vielleicht „Aber Theresa, ich will meinen (baldigen Ex) Partner nicht verletzen.“
Es ist toll, dass du so ein einfühlsamer Mensch bist und nicht mit den Gefühlen anderer herumwirfst, als wären sie Frisbee-Scheiben oder dass du nicht die Gefühle anderer ignorierst, als wären sie lästige Fliegen.
Aber: Trotzdem sind seine Gefühle nicht deine Verantwortung, und du kannst deinem (Ex)Partner auch keinen Schmerz ersparen.
Seine Gefühle sind nicht deine Verantwortung.
Sieh es wie ein Pflaster: Du musst die Illusion der Beziehung am Körper deines Partners abreißen, und die Wunde wird noch eine Zeit lang wehtun für die andere Person, aber beginnt sie, sich zu schließen.
Wenn du es nicht aushalten kannst, dass der andere traurig ist, dann ist das kein Weltuntergang, aber dein Thema, an dem du zum Beispiel mit einer Therapeutin arbeiten kannst.
Tipp 7: Kein dauerhafter Kontakt
Es mag vielleicht verlockend für dich sein, bei deinem ehemaligen Partner einzuchecken und dich zu erkundigen, wie es ihm geht. Vielleicht möchtest du ihn auch dabei unterstützen, über die Trennung hinwegzukommen. Aber damit tust du höchstwahrscheinlich deinem/r Partner keinen Gefallen.
Eine Distanz ist nötig, dass ihr beide die Trennung verarbeiten könnt.
Denn eine Distanz ist nötig, dass ihr beide die Trennung verarbeiten könnt. Mal ehrlich, ein Gespräch á la
„Wie geht es dir?“
„Schlecht, und dir?“
„Auch schlecht.“
ist eh eher deprimierend und wenig hilfreich für beide. Versuche also, deinen Impuls, zum Handy zu greifen und deinen Expartner anzurufen, wahrzunehmen, und ziehen zu lassen. Ganz achtsam.
Tipp 8: Trainiere dein Selbstmitgefühl & Achtsamkeit
Selbstakzeptanz, Achtsamkeit und Selbstmitgefühl kann man nicht zu viel trainieren. Du hast jetzt eine tolle Gelegenheit, für dich wahrzunehmen, wenn vielleicht Zweifel an deiner Entscheidung zur Trennung aufkommen. Vielleicht bist du auch zu streng zu dir und erwartest, dass es dir gleich wieder gut geht.
Vielleicht bist du auch zu streng zu dir und erwartest, dass es dir gleich wieder gut geht.
Also, wenn du das nächste Mal an deiner Entscheidung zweifelst: Augen schließen, tief einatmen, und tief ausatmen. Gedanken wahrnehmen, und dann ziehen lassen wie Wolken. Nimm deine Gefühle wahr, spüre in deinen Körper hinein, und bewerte nichts.
Vielleicht suchst du dir auch ein paar Übungen zum Thema Selbstmitgefühl, Selbstakzeptanz oder geführte Meditationen.
Fazit
So, toll, dass du es bis zum Schluss durchgehalten hast! Dann bleibt mir nur noch übrig, dir ganz viel Kraft und Entschlossenheit für dein Gespräch zu wünschen. Das schaffst du. (Und, wenn du nur eine Sache aus dem Artikel mitnimmst, dann lass es das Selbstmitgefühl und die Achtsamkeit sein!!)
Headerfoto: Monstera (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!