Als ich beschloss, mein Leben zu ändern, trank ich gerade Tee. Mein Mitbewohner und ich trinken sehr viel Tee. Andere WGs kochen, wir trinken Tee und reden. Über den Tag, die Uni, die Männer, die wir gut finden. Eigentlich ist es immer die gleiche Geschichte: „Ich mag den, er mich auch? Was, wenn nicht? Er will sich nicht festlegen, das ist ja auch okay, oder? Schau, wen ich bei Tinder gesehen habe!“ und so weiter und so fort. Immer die gleiche Geschichte, nur ohne Happy End. Wir erzählten sie trotzdem immer wieder, weil sie immer wieder passierte. Und dann wurde sie uns zu langweilig. Von einem Tag auf den anderen, ohne spezifischen Grund. Wir hatten genug von den „vielleicht“-Geschichten und der ewigen Unentschlossenheit, also beschlossen wir, etwas zu ändern, etwas Grundlegendes, Radikales. Nämlich uns.
Die Ironie dabei ist, dass wir bei diesem Gespräch nicht einmal in unserer winzigen Küche saßen, sondern an verschiedenen Enden des Landes, weil ich mich gerade auf einem Heimatbesuch in der süddeutschen Pampa befand. Danket dem Herrn für die Möglichkeiten der modernen Technik! Mein Mitbewohner schickte mir ein Foto von sich und seinem Tee und schüttete mir sein gebrochenes Herz aus und ich wollte ihn am liebsten umarmen. Er hatte keine Lust mehr auf Herzschmerz, ich auch nicht – also schmiedeten wir einen Plan. Und weil wir gute Digital Natives sind, taten wir das in Hashtags. Vielleicht hängen wir auch nur zu viel auf Tumblr und Instagram, jedenfalls einigten wir uns auf Folgendes:
– #overitoctober
– #newmenovember
– #datingdecember
Es war kurz, es war simpel und es drehte unsere Perspektive um hundertachtzig Grad: Wir hatten einen Plan. Wir würden den Oktober nutzen, um über vergangene, traurige, toxische und zerbrochene (Männer-)Geschichten hinwegzukommen. Mit Küchentischgesprächen und winterlichen Teesorten. Wir würden uns selbst neu erfinden im November, würden ohne Altlasten an uns arbeiten, im Job, im Fitnessstudio, in der Uni und im Kopf. Wie meine liebste Dragqueen RuPaul es so treffend sagt: „If you can’t love yourself, how in the heeell are you gonna love somebody else?!“ Wir setzten uns das Ziel, im Dezember Dates zu haben, allerdings ohne Unentschlossenheit, ohne schnelle Tinder-Ficks, aber dafür mit allem im Hinterkopf, was die vorangegangenen Monate uns lehren würden. Nicht, weil wir irgendeinen Prinzen finden, sondern weil wir mit uns selbst glücklich sein wollten.
Es war kein neues Konzept, aber es stimmte uns regelrecht euphorisch. Mit einem Fingerschnippen hatten wir alles selbst in der Hand und waren auf dem Weg in ein glücklicheres Leben, so kitschig und ausgelutscht das klingt. Der Herzschmerz in unseren Geschichten hatte uns inspiriert, seine Ursachen zu bekämpfen. Wir hatten einfach beschlossen, uns nicht mehr mit Menschen, Dingen und Verhaltensweisen abzugeben, die uns nicht gut taten. Wir würden ja sehen, ob das die Art, wie wir im Dezember unsere Geschichten erzählen, verändern würde. Aber bis dahin waren das Wichtigste wir. Boom.
Und jetzt sind wir hier. Ich erzähle euch diese Geschichte nämlich aus einem bestimmten Grund: Ihr könnt eurer voyeuristischen Seite freien Lauf lassen und uns bei unserem Vorhaben begleiten. Auf diesem Blog, in dieser Serie. Und weil unsere Talente in unterschiedlichen Bereichen liegen, werde ich erzählen und mein Mitbewohner illustrieren. Glaubt mir, andersrum würde es auch nicht funktionieren.
Wer wir sind? Mert, mein Mitbewohner, ist 21, in Hamburg groß geworden und studiert Kommunikationsdesign. Flachwitze und Absurditäten bringen ihn durch den Tag. Er hat Spaß daran, neue Ideen zu verstehen und Dinge zu durchblicken, aber selbst bleibt er lieber im Hintergrund.
Ich, Katharina, bin 20, Wahlhamburgerin und studiere Deutsch und dieses „irgendwas mit Medien“, von dem immer alle reden. Von diesem „dezent und ruhig sein“ habe ich zwar auch gehört, bekomme das selbst aber meist nicht ganz so gut hin. Lieber erzähle ich mit großen Gesten, Worten und einem dreckigen Lachen.
Wir haben unendlich viel Bock auf diese Zeit. Ihr auch? Super, macht euch einen Tee und gesellt euch zu uns!
Headerfoto: von Marc Leyendecker, bearbeitet von Mert Ekinci!
…und dann las ich euer Alter. Echt jetzt? Wann habt ihr denn die ganzen Lebensfehler gemacht…von Januar bis Juni? A kick, a rush and the land is… ach, Gottchen.
Oh na da bin ich aber mal gespannt, wie gut das funktioniert! Der Plan klingt schlüssig. Man kann nur hoffen, dass euch dabei nichts dazwischen kommt.
Ihr seid so jung und so viel schlauer und schöner als ihr es im Moment begreifen könnt. Geht langsam. Versucht es zumindest ein bisschen. Euer leben wird wunderbar sein. Meins ist es auch geworden…