11 Dinge, die mir geholfen haben, mein zwanghaftes Skin-Picking in den Griff zu kriegen

Das Skin-Picking (auch Dermatillomanie oder Excoriation Disorder genannt) ist eine viel zu wenig erforschte psychische Störung, bei der die Betroffenen (meist Frauen) in trance-ähnlichen Episoden unkontrolliert ihre Haut aufkratzen, drücken, quetschen oder abknibbeln. Es wird geschätzt, dass ein bis fünf Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind, also gar nicht mal so wenige. Hier ist eine Liste von Dingen, die mir sehr geholfen haben.

Das Skin-Picking führt zu Verletzungen, Infektionen und Vernarbung des Gewebes und wird von Scham, Wut und Hilflosigkeit begleitet. Die Betroffenen verheimlichen ihren Zustand in der Regel und geraten mitunter in soziale Isolation. Ich muss es wissen, ich leide selbst seit meinem zwölften Lebensjahr daran. (Einen Artikel über meine Geschichte findest du hier.) Erst vor zwei Jahren fand ich heraus, dass es für meine Kondition einen Namen gibt. Dieser Tag war der Beginn eines harten Weges raus aus dem 22-jährigen Skin-Picking-Hamsterrad.

Erst vor zwei Jahren fand ich heraus, dass es für meine Kondition einen Namen gibt. Dieser Tag war der Beginn eines harten Weges raus aus dem 22-jährigen Skin-Picking-Hamsterrad.

Die Störung wird mich zwar ein Leben lang begleiten, aber inzwischen spielt sie nur noch eine kleine Rolle. Das macht mich sehr, sehr glücklich. So glücklich, dass ich anderen Betroffenen, Angehörigen und Interessierten davon berichten mag, was konkret ich getan habe, um den Zwang längerfristig in Schach zu halten.

Schwesterstörungen des Skin-Pickings sind übrigens das Hair-Pulling (Haare ausrupfen), das exzessive Wangenbeißen oder unkontrollierte Fingernägelkauen. Oft treten mehrere Konditionen gemeinsam auf. (Jackpot!) Viele der hier erwähnten Tipps können auch für die anderen BFRBs (Body-Focussed Repetetive Behaviors) funktionieren.

In diesem Artikel nenne ich auch Produkte, die mir selbst geholfen haben. Sie sind mit einem Sternchen markiert*. Wenn du sie über den Link bestellst, kriegen wir eine kleine Provision, der Preis bleibt für dich aber derselbe. Damit unterstützt du also kostenlos unsere Arbeit. Win-Win! Wir haben übrigens nicht auf Amazon verlinkt, weil es alle Produkte zum gleichen Preis auch auf anderen tollen Plattformen gibt.

1. Such dir einen Therapieplatz

Das Skin-Picking geht immer mit Stress einher und fungiert als Ventil für unangenehme Emotionen. Deshalb ist der häufigste Tipp: „Du musst dein Stresslevel reduzieren.“ Ja, gut, wir wissen alle, dass das nicht leicht umzusetzen ist, schon gar nicht, wenn die Ursache für den Stress vielleicht nicht ganz eindeutig ist.

Das Habit Reversal Training, die Verhaltens- oder Hypnotherapie sind die gängigsten Formen der Therapie für Skin-Picking-Patient:innen. Leider gibt es noch immer nur wenige Spezialist:innen auf dem Gebiet der BFRBs – das gilt für Ärzt:innen wie für Therapeut:innen.

Die Therapie mache ich insgesamt drei Jahre lang, dreimal die Woche. Auf der Couch, so wie im Film, Taschentücher gratis.

Für mich persönlich stand sehr früh fest, dass ich das Symptom nicht blockieren/verhindern, sondern die Ursache für das Picken finden möchte. Deshalb entschied ich mich für eine full-on Psychoanalyse, die mir meine Krankenkasse bezahlt. Das mache ich insgesamt drei Jahre lang, dreimal die Woche. Auf der Couch, so wie im Film, Taschentücher gratis.

Schon nach wenigen Monaten wusste ich, dass diese Therapie das Beste ist, das ich in meinem Leben begonnen habe (gleich nach im gegenteil). Das Skin-Picking reduzierte sich für mich in kürzester Zeit erheblich. Die Theorie dahinter: Durch das Fühlen und Verarbeiten von Emotionen in der Therapie brauche ich die Picking-Sessions nicht mehr als Ventil. Funktioniert für mich bombe! Kann ich nur empfehlen, auch wenn ich weiß, wie hoch die Hürde scheint, sich einen Platz zu suchen.

2. Hör auf diese Frau

Annette Pasternak ist für immer meine persönliche Heldin. Ihr kannst du – wenn du Englisch sprichst – ganz unauffällig bei YouTube folgen, du kannst ihr sehr empfehlenswertes Buch The Freedom to finally stop* lesen. (Lange Zeit war es das einzige Buch zum Thema, inzwischen gibt es sogar recht viele weitere  Bücher anderer Autor:innen, zum Beispiel Frieden mit meiner Haut* und Endlich frei vom zwanghaftem Knibbeln*.) Diese Frau ist selbst Skin-Pickerin (gewesen) und hat eine wunderbar verpeilte liebenswerte Art, die mich vor allem in ihren Videos immer sehr beruhigt hat. Ich hab ihr sogar mal eine Fanmail geschrieben. Liebe die!

3. Tracke dein Picking-Verhalten

Um zu verstehen, wann und warum genau du mit dem Picking anfängst, ist es sehr hilfreich, eine Zeitlang alle Aktivitäten zu tracken und zu notieren, welche Gefühle vorherrschten, wie lange die Session ging, wie intensiv sie war, wie du dich danach gefühlt hast, etc. Je achtsamer du bist, desto besser kannst du dich verstehen und dir selbst helfen.

Für manche ist das Tracking allein schon ein Anreiz dafür, das Picking zu reduzieren. Für mich war es ein starkes Gefühl von „Ich tu somit schon aktiv was dagegen“. Außerdem konnte ich mir anhand der belegbar immer kürzer werdenden Episoden selbst beweisen, dass die Therapie anschlägt. Ich habe das Trackingheft von Annette Pasternak benutzt (siehe Punkt 2) und danach die kostenlose SkinPick-App. Es gibt aber beispielsweise auch diese Knibbel-Protokolle zum Ausdrucken.

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4. Kenne und eliminiere deine Trigger

Fast alle Skin-Picker:innen haben einen konkreten Trigger, der für sie das Picken auslöst. Das kann das Befühlen der Haut sein (hierfür eignet sich eventuell dieses Habitaware-Armband) eine bestimmte wiederkehrende Situation im Tagesablauf (beim Identifizieren hilft dir die Tracking-App) oder – wie für mich – der verdammte Blick in den Spiegel.

Fast alle Skin-Picker:innen haben einen konkreten Trigger, der für sie das Picken auslöst.

Um meinen Trigger zu blockieren, hängte ich meine Spiegel einfach ab. Zähneputzen, Eincremen, Haarebürsten kann man auch ohne Spiegel, geschminkt habe ich mich lange Zeit an einem minikleinen Handspiegel. Bei Kerzenlicht. No kidding. Das erste, das ich in Hotelzimmern mache, ist diesen fiesen Vergrößerungsspiegel mit Tageslichtlampe mit einem Tuch zu verhängen. Das ist bis heute mein absoluter Endgegner.

Wenn du einen Spiegel hast, der sich nicht leicht abhängen lässt, nimm eine Rolle Gaffer-Tape und klebe ein Tuch nur oben fest. So kannst du es noch immer anheben, um zu gucken, ob die blind gemalten Augenbrauen gelungen sind. Wenn du in einer WG lebst, nimm das Tuch immer mit ins Bad und wieder mit nach draußen. Das erfordert ein großes Maß an Disziplin und Konzentration. Ich gehe nur ins Bad, wenn ich mich direkt vorher daran erinnert habe, nicht zu picken. Dieses Mantra ist für mich wichtig.

5. Ersetze das Skin-Picking mit einer anderen Tätigkeit

Falls deine Finger etwas zum Knibbeln brauchen, kannst du versuchen, sie mit einer anderen Tätigkeit abzulenken. Für manche funktionieren Luftpolsterfolie, getrocknete Flüssigklebe von der Haut ziehen oder Tangle Toys, ich habe diese Pop-It-Bälle* zuhause und nehme sie manchmal zur Hand, wenn ich hibbelig bin. Fast so gut wie Pickel ausdrücken.

Ich probiere auch, sehr kleine Teppiche zu weben (wäre fast ein Business draus geworden) oder Perlen aus Knete zu quetschen (fragt nicht). Etwas, das mich auch ähnlich befriedigt wie das Picken, ist es, meine Haarbürste minutiös von Haaren zu befreien oder Schutzfolien von Dingen zu ziehen. Du findest bestimmt auch etwas.

Generell gilt: Alles, was gut für dich ist, ist auch gut gegen das Skin-Picking, denn es senkt dein Stresslevel.

Noch sinnstiftender finde ich, eine Tätigkeit zu suchen, die dir guttut und dein Stresslevel senkt. Wenn du bestimmte Zeiten hast, an denen du pickst, mache radikal etwas anderes. Das Picken morgens im Bett könntest du mit sofortigem Aufstehen und einer Tasse Tee ersetzen.

Wenn der Urge im Büro kommt, könntest du jeweils kurz um den Block gehen oder zumindest irgendwas kopieren. Während des Autofahrens könntest du einen Podcast hören. Abends zuhause könntest du meditieren. Generell gilt: Alles, was gut für dich ist, ist auch gut gegen das Skin-Picking, denn es senkt dein Stresslevel.

6. Stoppe deine Finger, blockiere deine Haut

Die doofen Finger sind immer auf der Suche, scannen den Körper nach imperfekten Stellen? Ich kenne das. Da gibt es zwei Möglichkeiten.

Erstens: Die Finger daran hindern, irgendwas zu erspüren oder anzuknibbeln. Ich habe eine Zeitlang zuhause solche Fingerkondome* verwendet, für andere funktionieren Handschuhe. Beides ist ehrlich gesagt ziemlich nervig, aber effektiv gegen das Skin-Picking.

Zweitens: Mache die gefährdeten Hautstellen unzugänglich. Wenn du an den Armen oder Beinen pickst, trage (in Gefahrensituationen) lange Klamotten. Es gibt außerdem diese durchsichtigen, wasserfesten Sportverbände* für größere Flächen (konnte ich leider gar nicht aushalten) oder Pflaster für kleinere Stellen. Und dann gibt es meinen persönlichen Lifesaver, der hier einen eigenen Punkt verdient:

7. Probiere Hydrocolloid-Pflaster (und NAC?)

Diese kleinen durchsichtigen Pflaster* machen mich ganz doll glücklich. Ich hab immer einen ordentlichen Vorrat zuhause und übernachte nie woanders, ohne welche mitzunehmen. (Auch wenn ich sie in der Regel nicht brauche.) Hydrocolloid-Pflaster sind (angeblich) ohne Chemie, freundlich zur Haut, beschleunigen die Wundheilung und ziehen Eiter und Wundflüssigkeiten an sich.

Weitere Pluspunkte: Du kannst nicht mehr an den eh schon angegriffenen Stellen rumfummeln. Du siehst auch weniger davon. Die Pflaster sind relativ unauffällig, manche tragen sie auch in der Öffentlichkeit, zum Beispiel unter dem Makeup. Ich schneide die kleinen Kreise immer in der Mitte durch, mir reichen halbe Pflaster.

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch die Einnahme des (eigentlichen) Schleimlösers N-Acetylcystein (NAC) erwähnt. Das nahezu nebenwirkungs- und gänzlich rezeptfreie Medikament wirkt sich auf etwa 50 Prozent der Betroffenen positiv aus, indem es den Urge zu picken verringert. Ich persönlich bin bei Tabletten trotzdem vorsichtig und habe keine Erfahrungen damit gemacht. Im Zweifel checke vor der Einnahme mit einer Ärztin oder einem Arzt.

8. Vertraue dich deinen Liebsten an

Ich habe es geschafft, mein Skin-Picking 22 Jahre lang vor Familie, Freund:innen und Mitbewohner:innen geheim zu halten. Ich wusste ja selbst nicht mal, dass es dafür einen Namen gibt, wie hätte ich davon erzählen können? Aber geschämt habe ich mich ordentlich, also erfand ich Ausreden für meine (von mir selbst verursachte) schlechte Haut und schminkte mich exzessiv.

Erst als ich einen Namen für meine Kondition fand und beschloss, etwas dagegen zu unternehmen, nahm ich nach und nach meine Liebsten zur Seite und erzählte ihnen von meinem Struggle. Erst nur ganz vorsichtig, irgendwann total ehrlich und inzwischen ist es für mich unproblematisch, auch Fremden davon zu erzählen. Das schenkt mir ein unfassbares Freiheitsgefühl.

Es gibt Partner:innen da draußen, die dich trotz allem sexy finden. Versprochen!

Deine Liebsten können dir eine große Hilfe sein. Je nachdem, was für dich funktioniert, können sie dich darauf aufmerksam machen, wenn du unbewusst pickst, können dich nach zehn Minuten im Bad abholen und dir Trost spenden, wenn du es wieder übertrieben hast. Wenn du Menschen findest, die dein Picking verstehen, dich dafür nicht verurteilen und dir zur Seiten stehen, dann hast du großes Glück.

Nur, um das noch mal ganz klar zu formulieren: Jeder Mensch, der dich für das Picken verurteilt, verdient keinen Platz in deinem Leben. Fertig, aus. Und: Es gibt Partner:innen da draußen, die dich trotz allem sexy finden. Versprochen!

9. Vernetze dich mit anderen Betroffenen

Ich habe noch nie (wissentlich) eine andere Skin-Pickerin getroffen. Würde ich aber gerne. Denn auch wenn mich mein Umfeld mit Akzeptanz und Verständnis segnet, weiß nur eine andere Pickerin genau, wie sich das alles anfühlt.

Ich habe meine eigene Mini-Facebook-Gruppe mit dem schmissigen Namen Kleines BFRB-Netzwerk für Freund:innen gegründet, in der alle mit BFRBs, also auch Hair-Puller:innen, Wangenbeißer:innen und Nägelkauer:innen herzlich willkommen sind. In der Gruppe passiert nicht täglich etwas, aber sie gibt mir das unbedingte Gefühl, nicht alleine zu sein.

Wenn du meinem Zirkel des Supports und Austauschs beitreten möchtest, sende mir doch eine Nachricht bei Facebook, in der du kurz (!) deine persönliche Story anreißt, dann hole ich dich rein. The more the merrier. (Keine Sorge, wenn die Nachricht erst mal im Sonstiges-Ordner landet, ich checke auch den.)

Ich bin außerdem Mitglied der amerikanischen Dermatillomania Support Group auf Facebook. Allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass in der Gruppe heftige Fälle geteilt und diskutiert werden (auch visuell), die dich triggern könnten. Ich bin allerdings eher so die Fraktion: „Ach guck mal, andere Leute haben es noch schlimmer als ich.“

Analoge Selbsthilfegruppen sind in Deutschland rar und zumindest in Berlin wegen Überfüllung für Neuzugänge oft geschlossen. Eine Übersicht der Gruppen findest du hier. In Köln gab es Ende 2018 auch erstmalig eine zweitägige BFRB-Konferenz. Es geht voran!

10. Gewöhne dich an den Anblick deiner ungeschminkten Haut

Skin-Picker:innen haben oft total unrealistische Ansprüche an ihre Haut – jede noch so kleine Unebenheit muss inspiziert und eliminiert werden (durch das Picken, das es natürlich nur schlimmer macht). Die meisten Picker:innen schminken sich stark oder verstecken die betroffenen Hautpartien (von der Fußsohle bis zur Kopfhaut können die überall sein) unter Stoff, weil sie ihren eigenen Anblick nicht ertragen.

Been there, done that. Hautprobleme, die andere nicht mal bemerkten, waren für mich immer ein absoluter Alptraum – vor allem, weil ich sie meist selbst verursacht hatte. Seit einer Weile trainiere ich, meinen hyperkritischen Blick auf meine Haut zu „normalisieren“ und auch meine Umwelt daran zu gewöhnen, dass ich ungeschminkt rumlaufe.

Hautprobleme, die andere nicht mal bemerkten, waren für mich immer ein absoluter Alptraum – vor allem, weil ich sie meist selbst verursacht hatte.

Ich begann im Urlaub damit (wo mich nicht so viele sehen konnten), das ging ganz gut. Die erste Woche ungeschminkt im Berliner Büro war für mich hingegen super schwierig. Wie sehr und ob ich mich überhaupt schminke, ist inzwischen haut- und tagesformabhängig. Ich kann aber sagen: Ohne Make-Up aus dem Haus zu gehen, ist ein unfassbar befreiendes Gefühl. Und meine Wahrnehmung ist sehr viel realistischer geworden.

Ich hab an der Front noch einiges aufzuholen, aber wenigstens ist jetzt nicht mehr jeder Mitesser ein halber Weltuntergang. Manchmal finde ich mich ungeschminkt inzwischen sogar schön und Freibad geht auch wieder! BÄM!

11. Owne den Shit!

Ja, gut, du fummelst halt manchmal unkontrolliert an dir rum. Vielleicht (wahrscheinlich) sieht man es dir an. Vielleicht (wahrscheinlich) kostet es dich wertvolle Lebenszeit. Vielleicht (wahrscheinlich) fühlst du dich weniger beisammen als andere und schämst dich. Aber das bist du und so wie du bist, bist du genau richtig!

Das Skin-Picking gehört zu dir, auch wenn du das nicht möchtest. Du bist aber nicht dein Skin-Picking. Als Mensch machen dich ganz andere Dinge aus. Das Gute ist: Du kannst dir Hilfe suchen und deinen Leidensdruck wahrscheinlich – so wie ich (lies mal hier) – erheblich reduzieren. Der Weg dorthin ist für manche ätzend, für andere noch ätzender. Es gehört dazu, Rückschläge zu erleiden.

Das Skin-Picking gehört zu dir, auch wenn du das nicht möchtest. Du bist aber nicht dein Skin-Picking. Als Mensch machen dich ganz andere Dinge aus.

Aber lass dir eins gesagt sein: Egal wie hässlich du dich manchmal fühlst, egal wie sehr du nicht gesehen werden möchtest, du bist schön! Dazu muss ich dich nicht mal angucken, das weiß ich. Und du solltest das auch wissen. Lass dir von niemandem einreden, dass du weniger wertvoll, liebenswert oder attraktiv bist als andere Menschen – auch nicht von dir selbst.

Sei dir gewiss: Du bist nicht allein! Ich sende dir Kraft und Liebe.
Jule

Anmerkung: Ich bin (für mich selbst überraschend) keine Ärztin oder Psychologin. Ich erzähle hier lediglich von meinen persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen. Bitte wende dich für konkrete Hilfe an Spezialist:innen. Bitte halte dich außerdem von Werkzeugen wie Pinzetten, Nadeln und Messern fern. Falls es gar nicht ohne geht: Desinfiziere! Bitte gehe unbedingt zum Arzt, wenn sich eine Hautstelle infiziert hat. Wenn du Suizidgedanken hast, vertraue dich umgehend jemandem an und/oder informiere dich bei Freunde fürs Leben. Je früher du über deine Gefühle sprichst, desto besser kann geholfen werden. Du bist nicht allein, wir haben dich lieb!

JULE ist Gründerin von im gegenteil und Head of Love. Sie schreibt (hauptsächlich zu therapeutischen Zwecken über ihr eigenes Leben), fotografiert Menschen (weil die alle so schön sind) und hat sogar mal ein Buch verfasst. Mit richtigen Seiten! Bei im gegenteil kümmert sie sich hauptsächlich um Kreatives, Redaktionelles und Steuererklärungen, also alles, was hinter dem Rechner stattfindet. In ihrer Freizeit schläft sie gerne, sortiert Dinge nach Farben und/oder trägt Zebraprint. Wer kann, der kann. Inzwischen ist sie - entgegen ihrer bisherigen Erwartungen - glücklich verheiratet.

65 Comments

  • Toller Eintrag.
    Mich hat es in der Kindheit schon befallen, allerdings schaffe ich es bis heute die Wunden extrem klein zu halten.
    Extem ist es bei meiner älteren Tochter. Die knibbelt sich die Stellen so schrecklich auf, es sieht aus, als würden wir sie misshandeln. Auch die Lehrer sind darauf aufmerksam geworden (Klassenfahrt) und sind schwerst besorgt.

    Den Tip mit dem Tracking habe ich unserer Tochter gegeben, bevor ich diesen Blogeintrag gefunden habe. Daher freue ich mich schon über die richtige Eingebung.
    Den Kinderarzt werden wir dann wohl konsultieren müssen.
    Den Tip mit Pop it habe ich ihr gerade mitgegeben (Danke für den Input) und eine Freundin soll ihr mal häkeln beibringen (vielleicht eine Möglichkeit).

    Sie erwähnt, dass sie aus Langeweile knibbelt oder wenn sie auf etwas keine Lust hat. Ist ja schon mal ein Anfang.

    Ganz großen Dank.

  • Ich picke an meinen Fingerkuppen seit frühster Kindheit – vor Jahren habe ich es auf die Fußsohlen ausgeweitet, weil es dort weniger auffällt. Ich habe das Gefühl, dass ich alle Phasen durchlaufen habe – Scham, Selbstverurteilung, Versuche aufzuhören (maximal einige Monate erfolgreich). Inzwischen akzeptiere ich mich einfach so – es gibt Schlimmeres. Ich weiß, wie schwer und frustrierend es ist, zu versuchen aufzuhören, und möchte mich diesem Stress nicht aussetzen.
    Leider stört sich mein Partner stark an meinem Verhalten – er ist genervt und ekelt sich regelrecht. Ich kann mir schon vorstellen, dass es einigen Menschen so gehen würde wie ihm. Allerdings ändert das nichts daran, dass es mir nicht möglich ist, dieses Verhalten abzulegen. Oft ist mir nichtmal bewusst, was ich tue, und selbst wenn… Ich müsste mein Leben wahrscheinlich komplett umkrempeln und gerade auch für unsere Partnerschaft typische Situationen vermeiden (Fernsehabende) – aber ich weiß nicht, ob es einen spürbaren Effekt hätte. Es gibt genug Trigger, denen ich nicht aus dem Weg gehen kann.
    Danke für deine klaren Worte: „Jeder Mensch, der dich für das Picken verurteilt, verdient keinen Platz in deinem Leben.“ Ich denke, ich werde meinen Partner bitten, sich in das Thema einzulesen. Keine Ahnung, ob mehr Wissen helfen kann, eine wohlwollendere Einstellung zu finden. Wenn nicht, bestärkst du mich, an meiner entspannten Einstellung zu mir selbst festzuhalten.
    Auch wenn ich mich (für mich persönlich) mit dem Zwang arrangiert habe, hat mich dein Erfahrungsbericht auch ermutigt. Vor allem bin ich erstaunt, welchen Effekt du mit der Psychotherapie erzielt hast. Damit hätte ich nicht gerechnet. Auch das Dokumentieren aller triggernden Situationen könnte interessant sein. Selbst wenn ich eine Vorstellung der Trigger habe, ist es doch etwas anderes, es mal genau zu beobachten und dokumentieren. Vielleicht komme ich so doch noch der ein oder anderen emotionalen Stresssituation auf die Schliche und finde (unabhängig von der Symptombekämpfung) Wege zu mehr Wohlbefinden.

  • Hallo Jule,
    Danke für diesen Artikel!
    Es ist unglaublich wie viele Gleichgesinnte es anscheinend gibt….

    Erst vor 6 Monaten habe ich angefangen mich näher mit meinem, seit der Pubertät bestehendem, Problem zu befassen.
    Die Therapie vor 10Jahren ergab nur, dass ich mich selbst verletze… den Begriff gab es damals anscheinend noch nicht. Und ich habe wirklich begonnen zu glauben, dass ich den Schmerz brauche. o.O
    Der Ursprung lag aber wie bei Vielen, in dem sich nicht perfekt genug fühlen, gepaart mit den ersten Pickelchen, die nächtelang und damals leider auch unsauber von mir bearbeitet wurden, um dem Kopf eine Art Befriedigung zu liefern (die Unebenheit wurde eliminiert!).

    Mit den Jahren entwickelte ich dann eine heftigere Technik, arbeitete genauer und mit Werkzeugen aber zum Glück auch hygienischer, verursachte aber damit extrem tiefe Verletzungen.
    Das Geld, was ich in meinem Leben schon für Desinfektionsmittel und Pflaster ausgegeben habe, ist abnormal.
    Die Vernarbungen aufgrund der sauberen Nachbehandlung aber zum Glück meist nicht mehr der Rede wert (dauert aber auch gut 3 Monate, bei sehr tiefen Wunden).

    Seit 3 Wochen versuche ich nun den Stresslevel zu reduzieren und genug zu Schlafen. Ich habe aufgehört mir Essen zu verbieten und versuche mir so oft es geht Gutes zu tun. (ein guter Film, ein gutes Essen, gute Musik, mit meiner Mutter etwas Schönes unternehmen… und sei es mit Maske ^^)
    Meine Mutter und eine andere Person habe ich bereits eingeweiht. Deren Support ist zumindest psychisch eine enorme Entlastung. (man ist nicht mehr allein damit!)

    Auch Compeed Blasenpflaster sind wertvolle Wegbegleiter in dieser Zeit… ich decke damit direkt Stellen ab, wenn ich merke dass ich schon wieder wo mit dem Picken beginne.
    Außerdem nehme ich 1500mg N-Acetyl L-cystein, eine Aminosäure die Skin-pickern angeblich fehlt. (Internetrecherche und ich denke es hilft)

    In ein paar Wochen will ich mit dem Sport beginnen und in 3 Monaten dann, meine schlimmsten Stellen das erste Mal weglasern lassen.
    Sollte ich meinen Zeitplan nicht einhalten, ist das aber kein Weltuntergang… ich habe endlich einen Plan, den ich Schritt für Schritt verwirkliche.

    Musste bei diesem Artikel direkt losheulen.
    Es sind einfach sehr viele Jahre des Selbsthasses der Selbstzerstörung, der Einsamkeit und der Hilflosigkeit, die man nicht mehr rückgängig machen kann.
    Es macht uns aber zu den wohl tolerantesten Menschen überhaupt….
    Ich Danke jedem, der sich dazu bekennt, damit offen umgeht und jedem der Skin-Picker in irgendeiner Form unterstützt!
    Und ich wünsche jedem Einzelnen, dass er den Teufelskreis durchbricht und endlich frei sein kann.
    Lasst euch nicht davon runterziehen, dass es Monate vielleicht auch ein Jahr oder sogar mehrere Jahre dauert (früher habe ich mich bei dem Gedanken kaum mehr eingekriegt). Bleibt dran… jeder Tag ohne dem Zwang ist die Reise definitiv Wert.
    Die letzten 3 Wochen sind für mich bereits eine unglaubliche Befreiung gewesen!

  • Danke, danke, danke. Der Artikel macht wirklich Mut … Ich habe mit dem Picking am Anfang der Pubertät angefangen (bin jetzt 27) und konnte nie aufhören. Ich bin transident und es ist eine große Herausforderung, mich überhaupt selbst zu akzeptieren und nicht zu denken, ich sei der größte Freak der Welt, den die anderen seltsam oder irgendwie amüsant finden und verdienterweise nicht ernst nehmen. Dass meine Familie mir sowohl bei der Transidendität als auch beim Skin Picking während der Pubertät täglich gesagt hat, ich sei selbst schuld dran und mache einfach gern meinen Körper kaputt und könne ja aufhören, hat mein Selbstvertrauen total zerstört und mich irgendwann einfach davon überzeugt. Jetzt habe ich das „ist auch nicht schlimm, wenn du noch ein bisschen zerkratzt aussiehst, bei dir ist eh nichts zu retten“ drin, und die Haut aufkratzen ist das einzige, was mir seit eineinhalb Jahrzehnten hilft, Stress abzubauen.
    Ich werde jetzt mal die Tipps ausprobieren und das Buch lesen, ich möchte so gerne aufhören.

  • Ein ganz toller Artikel! Ich habe mich teilweise stark wiedererkannt, musste schmunzeln, lachen und hatte dann ganz plätzlich den Drang, meinen Umgang mit mir selbst zu ändern. Ich leide seit über 15 Jahren unter Skin Picking, verursacht durch jugendliche Akne. War zwischenzeitlich viel besser, kam dann ganz schlimm wieder durch Absetzen der Pille (Unreinheiten am Rücken, Dekoletté, Bauch, Oberarmen und Gesicht). Dazu noch PIH, dadurch sieht man jeden Pick der letzten zwei Jahre, was dazu geführt hat, dass ich nur noch Kleidung mit Ärmeln und hohem Rückenausschnitt trage.
    Trigger sind langweilige Tätigkeiten, die ich einhändig betreiben kann (Bildschirmarbeit, Handysurfen, Autofahren), die andere Hand ist dann ja leider unbeschäftigt…

    Der Artikel hat mich nun dazu animiert, zu meiner Situation zu stehen, sie anzunehmen. Ich werde versuchen, die Hautareale nicht mehr zu verstecken und bei Fragen ehrlich zu antworten. Dermatillomanie klingt ja auch viel besser als unreine Haut 😉 Ich fange mal im Urlaub damit an und hoffe, ich schaffe es irgendwann auch so ins Büro! Ich freue mich richtig darauf, endlich aus diesem Teufelskreis auszubrechen!

  • Hallo, ich bin so froh endlich mehr darüber lesen zu können, so weis man das man nicht alleine mit dieser Zwangstörung ist.
    Ich reiße mir schon seit Jahren immer wieder Schorf an Armen und Beinen auf, ich habe überall tiefe Narben und muss ständig meine Beine verstecken. Richtig ging es so mit 17Jahren los, jetzt bin ich 40 und es ist noch immer keine Besserung in Sicht.
    Wenn ich nur wüsste was ich gegen diese Narben machen kann, Make up sieht man und dünne Strumpfhosen möchte man auch nicht im Sommer ständig tragen.
    Habe mich nun sehr gefreut hier Leute zu finden um mich auszutauschen, leider funktioniert kein einziger Link in deinen Bericht, weder das man dir Schreiben kann noch das man in diese Amerikanische Gruppe ein treten kann. Hab auch versucht über Google mich anzumelden um zu Facebook weitergeleitet zu werden, leider funktioniert garnichts davon.
    Ich finde auch über die Facebook App deine Gruppe nicht, sehr schade. Liebe Grüße Diana

  • Hallo,

    ich bin 17 Jahre alt und leide an Skin Picking. Ich weiss nicht mal wann genau es angefangen hat, weil es schon immer da war seit dem Kindergarten ungefähr… Ich kratze mir monatelang dieselben Stellen wieder auf und pule die Kruste ab wenn sich welche (wie immer) ergeben. Ich kratze mir nicht nur Stellen am Körper auf sondern auch auf meiner Kopfhaut aber das finde ich nicht so „schlimm“ wie am Körper, weil niemand meine Kopfhaut so sehen kann wie ich. Ich wollte schon so oft mit dem Kratzen und Pulen aufhören. Ich habe in der Grundschule beispielsweise auf irgendwelche Sachen geschworen damit ich ein Grund hatte mich nicht zu kratzen aber das hat nicht geholfen. Ich habe als kleines Kind auch einmal Pflaster an meinen ganzen Stellen rangeklebt damit ich sie nicht wieder blutig kratze. Ich kratze mich meistens aus Langeweile, Schulstress oder wenn ich lerne damit ich mich konzentrieren kann. Es ist wirklich eine Sucht geworden. Ich wünsche mit wirklich, dass alle meine Stellen und Narben unter meinem Fuß wären damit sie niemand sehen kann… Ich achte immer auf was ich anziehe und vermeide das Schwimmen oder das gemeinsame Duschen in meinem Fußballverein. Ich muss wirklich was dagegen machen weil ich will keine noch stärkere vernarbte Haut haben wenn ich älter bin. Meine Narben verschwinden nicht die bleiben für immer da ich habe sogar noch Narben vom Kindergarten. Ich habe meiner Mutter und meiner Freundin bereits von diesem Problem erzählt.

    Danke, dass sie sich die Mühe machen und Websiten und Blogs wie diese gestalten! Sie können ziemlich Stolz sein, denn sie helfen zahlreichen Menschen wie mir damit sehr!

  • Moin,
    es ist spannend von so vielen Betroffenen zu lesen. Ich steigere hiermit mal die Männerquote, damit man nicht denkt, dass es sowas nur bei Frauen gibt. Ich knibbel ständig, wenn ich am Schreibtisch sitze und lerne oder einen spannenden Film schaue an meinen Fingerkuppen. Ich leide nicht besonders stark darunter oder bekomme schlimme Verletzungen. Ich finde es einfach besorgniserrgend, dass ich da eine Angewohnheit habe, die immer wieder von ganz alleine kommt, ohne dass ich einen genauen Trigger habe. Dass diese Angewohnheit eine offiziellen Namen hat und ich bei weitem nicht der einige damit bin, erleichert mir nun die Auseinandersetzung mit dem Thema.
    Vielen Dank für diesen Artikel.

    • Hallo.
      Ich bearbeite meine Haut auch sehr stark 3-4 Stunden täglich. Zupfe Barthaare. Oft verwachsen diese unter Haut.
      Ich „grabe“ diese dann mit Pinzetten und Nadeln aus. Dadurch habe ich im Gesicht und Hals regelmäßig Wunden bzw. richtige Löcher. Diese werden dann auch immer wieder bearbeitet
      Habe schon Tagesklinikaufenthalt und eine Psychotherapie hinter mir.
      In Tabletten, Nahrungsergänzungsmittel, Cremes stecke ich jährlich sicherlich vierstellige Beträge.

      Momentan ist es wieder extrem schlimm. Manchmal verlasse ich die Wohnung über 2-3 Wochen nicht. Dann nur mit Abdeckcreme. Entsprechend habe ich jedes Selbstvertrauen verloren. Fühle mich dadurch unmännlich. Dadurch dass ich zuhause dann meist nur mit aufgetragener Wund-Heilsalbe rumlaufen, lasse ich auch meine Frau nicht mehr an mich ran. Verstehe auch nicht warum sich nicht vor mir ekelt, so wie ich dies selbst mache.
      Wenn ich alleine im Home-Office bin, fließen sehr oft Tränen. Bin einfach nur noch verzweifelt.
      Da ich diese Erkrankung nun schon so lange (etwa 17Jahre) mit mir rumschleppe, wird sich das nie mehr ändern. Daher vermisse ich auch meine Jugendzeit, in der ich regelmäßig ausgegangen bin und ein normaler Mensch war.

      Habe nun etwas von Bachblüten gelesen. Hat damit jemand gute Erfahrungen?

      • @Skin1982 Oh weh, das klingt furchtbar. Bitte gib die Hoffnung nicht auf!!!! Gib Dich nicht auf!
        Ich hab das auch und „scheitere“ regelmäßig. Trockenbürsten hilft mir, gibts auch fürs Gesicht. Uns ich mache nun regelmäßig Dehnübungen und lerne meinen Körper dadurch lieben.

  • Hallo liebe Jule,
    ich habe einige Zeit gebraucht um mich ganz und gar durch deinen Artikel durchzulesen. Und das erste mal dachte ich nicht „blabla“, bei mir ist das anders, bei mir ists jetzt eh zu spät…
    Du hast einen Stein ins Rollen gebracht, in mir und in meinem Umfeld. Danke.

    Leider sagt de SH Gruppe dass sie noch auf die analogen Treffen warten und ich würde sehr gerne in die FB Gruppe. Ich habe vor einiger Zeit eine Nachricht geschickt – vielleicht ist sie ja doch im Spam gelandet:) Ich würde mich jedenfalls sehr freue, mich mit anderen* austauschen zu können!

    Viele liebe und dankbare Grüße,
    Carolin.

  • Liebe Jule,
    hab mich in deinem Beitrag TOTAL selbst wieder gefunden. Bei mir gehts seit ca. 6Jahren nicht mehr ohne rumdrücken. Mein Gesicht ist inzwischen so vernarbt, früher hatte ich Pfirsichhaut. Bei mir kam alles nachdem ich vor ca. 6-6,5 Jahren die Pille abgesetzt habe.

    Wollte jetzt auch so gleich deine Facebook Gruppe suchen aber finde sie leider nicht ?! Gibt es die Gruppe noch ?
    Danke liebe Grüße Julia

    • Liebe Julia, danke für deinen Kommentar. Im Text ist ein Link zu meinem Facebook-Profil. Bitte schreib mir da, dann hole ich dich in die Gruppe. Ist schön da. 🙂

  • Liebe Jule,
    wie du bin auch ich seit dem 12. Lebensjahr vom Skin Picking betroffen. Vor ziemlich genau 2 Jahren bin ich endlich auf den Begriff gestoßen. Es war niederschmetternd und erleichternd zugleich. Vorher hatte ich als Kind schon meine Fingernägel abgeknabbert. Über meinen bisherigen Erfahrungsstand zum Skin Picking habe ich auf meiner Internetseite auch einen Erfahrungsbericht geschrieben. Ich bewundere dich und jede/n, welche den Mut aufbringt, sich mit dem Thema öffentlich auseinanderzusetzen. Die große Scham muss man erstmal überwinden. Danke daher für deine Arbeit! Herzensgruß, Kirsten

  • Hallo Jule,
    danke für deinen Bericht und die Tipps. Ich habe mich da sehr wieder gefunden. Erst seit gestern, weiß ich, dass Skin-Picking tatsächlich eine eigene Zwangsstörung ist. Bisher dachte ich, mein Verhalten sei einfach eine Begleiterscheinung von meinem AD(H)S, weil hier ja auch die Impulskontrolle beeinträchtigt ist. Bisher konnte ich meine Piddel-Attacken zumindest tagsüber eingrenzen, indem ich zum lernen in die Bibliothek der Uni gegangen bin. Jetzt habe ich meinen Master begonnen und alles ist online. Da kann ich einfach die Kamera ausschalten und weiter piddeln. Das passiert jedes Mal, wenn ich mich an den Schreibtisch setzte oder versuche meine Sachen um mich herum zu ordnen. Obwohl ich im Bachelor einen Einserschnitt hatte, schaffe ich es jetzt gar nicht mehr zu studieren. Eigentlich sitze ich den ganzen Tag in meinem Chaos und bin stundenlang mit meiner Haut beschäftigt.
    Daher wollte ich zum Lernen mal die Fingerkondome ausprobieren. Kann man damit noch schreiben oder ist dadurch die Fingerbeweglichkeit eingeschränkt?

    Nochmal danke und viele liebe Grüße,
    Marie

    • Liebe Marie. Danke für deinen Kommentar. Die Fingerkondome sind nicht sooo angenehm zu tragen, tippen kann man aber damit. Ich würde sagen: Probier es aus.
      Und noch was zu dem, das du beschreibst: Das Piddeln hält dich vom Lernen ab, aber das ist ja auch nur ein Symptom von innerem Druck/Stress. Eigentlich hält dich also der Druck davon ab. In solchen Phasen ist es wichtig, so viel wie möglich für den Stressabbau zu machen. Spazieren, regelmäßig und gesund/lecker essen, Sport, Pausen, vielleicht kannst du dich mit wem treffen, um zu lernen – was auch immer für dich gut funktioniert. Und dann versuchen, den Trigger oder die Möglichkeit zum Piddeln zu blockieren – vielleicht tun es ja schon die Überzieherchen für dich.
      Ganz viel Kraft dabei.
      Jule

  • Hallo Jule,
    Danke für den tollen Artikel, der war super geschrieben. Ich habe mich total wiedergefunden und werde dann mal in deiner Gruppe anklopfen, vielleicht kannst du mir da noch mehr über das Teppich Business erzählen 😜
    Spaß beiseite, ich habe schon seit gut 20 Jahren damit zu tun, an Anfang nur Haare, seit paar Jahren nur noch Haut. Zum Glück weiß ich jetzt daß man therapeutisch was dagegen tun kann. Wusste ja bis vor kurzem hat nicht, das es überhaupt eine psychische Krankheit oder Störung ist.
    Bis später, Anna

  • Hallo Jule,

    vielen Dank für deinen aufschlussreichen Artikel und die hilfreichen Verlinkungen.
    Ich bin mittlerweile fest entschlossen etwas gegen meine Skinpicking-Attacken unternehmen zu wollen. Gerne möchte ich eine Therapie in Anspruch nehmen. Das große Rätsel, dass sich mir allerdings stellt, ist wie ich an einen Therapieplatz komme? Es wird doch sicherlich erst eine Überweisung von einem anderen Arzt benötigt oder?
    Ich war letzte Woche bei meinem Hausarzt und habe mein Problem das erste Mal jemanden anvertraut, aber das war leider sehr ernüchternd. Nun habe ich eine Aknecreme verschrieben bekommen, obwohl ich keine Akne habe, sondern die wenige Pickel etc. werden zu Kratern.
    Über eine Antwort freue ich mich sehr,
    liebe Grüße und großen Respekt, dass du den Zwang überwinden konntest.

    Laura

    • Liebe Laura, dich deinem Hausarzt anzuvertrauen ist doch schon mal ein super Schritt. Kleiner Tipp von mir, ohne dich gesehen zu haben: Die Creme bringt vermutlich genau gar nichts. Er scheint das nicht verstanden zu haben oder war überfordert. Soweit ich weiß, kannst du 5 Stunden Therapie-Anamnese bei jedem/jeder Therapeut:in machen und das wird direkt über deine Krankenkasse abgerechnet. Danach – wenn die geeignete Therapieform feststeht – müssen dann mehr Stunden beantragt werden, dazu brauchst du vermutlich einen Zettel von deinem Hausarzt, das ist aber nur Formsache. Guck doch mal im Netz nach oder direkt bei deiner Krankenkasse. Oder du rufst da an – du musst denen ja nicht genau sagen, worum es geht, sondern dir nur erklären lassen, wie das Prozedere ist. Ganz viel Erfolg. Therapie ist wirklich das Beste gegen das Skinpicking. <3

  • Vielen Dank für den Artikel.
    Es ist schön zu wissen das man nicht alleine ist.
    Ich bin erst Jugendlich aber kratze mir meine Haut schon seit ich klein bin auf, immer mehr fällt mir auf das ich wie in Trance bin, wie schlecht ich mich fühle wenn mich jemand dabei erwischte wie ich mir dir Kruste aufreiße.
    Ich weiß das es nicht gut ist aber ich kann es nicht lassen. Ich weiß auch nicht wirklich an wen ich mich wenden soll, ich schaffe es nicht mit meiner Familie darüber zu reden.Kann ich mich vielleicht in der Schule an einen Sozialarbeiter wenden(das sind bei uns Vertrauenspersonen mit denn wir über Probleme reden). Ich weiß nicht Recht wie ich das angehen soll und habe ehrlich gesagt auch Angst nicht ernst genommen zu werden.

    • Liebe Larissa, es ist wirklich sehr schwer, sich jemandem damit anzuvertrauen. Vielleicht gibt es eine Freundin, der du es sagen kannst? Dann kannst du ein bisschen üben. Du wirst merken, dass das Aussprechen auch erleichternd sein kann. Ansonsten finde ich den Sozialarbeiter (auch) eine gute Idee. Dann könnt ihr gemeinsam überlegen, was zu tun ist. Im Netz gibt es viele Informationen und auch Hilfsangebote. Die Angst, nicht ernstgenommen zu werden, kann ich gut verstehen. Die meisten Menschen haben noch nie von Skinpicking gehört und können nicht viel damit anfangen, aber du kannst es ja erklären oder die jeweilige Person bitten, das zu googlen. Du schaffst das! Ganz viel Kraft dir, du bist nicht allein. <3 Jule

  • Hallo Jule,
    vielen Dank für deinen Artikel. Ich lebe auch seit meiner Kindheit mit diesem Problem und habe nur vor einem Jahr herausgefunden, dass das Kind auch einen Namen hat. Könntest du mich bitte auch zu deiner Facebook Gruppe hinzufügen? Es wäre so toll jemanden zu Haben, mit dem man sich über dieses Thema austauschen könnte. Ich habe dir bereits eine Anfrage über FB gesendet. Vielen Dank! Julia

  • Hallo liebe Jule, durch Zufall stieß ich auf deinen Artikel und schmunzelte bei vielem, vor allem das verstecken unter Kleidung. Ich kratze fast täglich alte Krusten an Beinen und Armen immer wieder auf. Oft sind es schon tiefe Löcher mit roter Umrandung. Jeden Abend gehe ich mit Pflastern und Wundpuder ins Bett. Auch Abdeckstifte sollen die Narben verheimlichen. Keiner in meiner Familie weiß das, nur wenn zufällig an der Wade mal die bereits blauen Flächen nicht überdeckt sind, heißt es entsetzt, was hast denn du da. Lass das doch. Ich fühle mich innerhalb meiner Familie oft alleine und eine Traurigkeit überschattet den Alltag. Unsere Jungs brauchen mich kaum mehr und das bisschen Haushalt sollte sich doch mit links machen. Aber oft fehlt mir die Kraft. Daher bestrafe ich mich schon fast mit dem Kratzen. Die Schmerzen dabei sind oft egal. Schlimm, wenn man so in seiner Psycho-Welt gefangen ist. Ich kratze selbst beim Fernsehen, auch wenn mein Sohn neben mir sitzt. Keiner merkt es und ich könnte im Grunde laut um Hilfe schreien. Es tut ein bisschen gut von anderen zu lesen, mit dem gleichen Schicksal. Nur hält es einen selbst nicht davon ab. Danke, dass ich dir bisschen mein Herz ausschütten konnte. Ich heiße Birgit, 54 Jahre alt, Mutter zweier Söhne und Hausfrau. Dir auch alles Gute weiterhin und wenn möglich, standhaft bleiben. Liebe Grüße.

    • Liebe Birgit.
      Ich kenne das – die Hilflosigkeit, den Frust, die Einsamkeit damit. Vielleicht wäre es ja eine Möglichkeit, dich jemandem in deinem Unfeld anzuvertrauen? Viele wissen ja nicht, was Skinpicking ist und können das deshalb auch nicht bei anderen erkennen. Wenn du es mit wem teilen könntest, wäre das sicher eine große Erleichterung. Damit löst sich natürlich nicht das Problem, aber die Scham und der Druck werden kleiner. Das ständige Verstecken und Übermalen und Tun als wäre nichts zieht extrem viel Energie – es ist also ganz normal, dass du dich kraftlos fühlst.
      Du hast im übrigen auch Anspruch auf eine (kostenlose) Therapie, denn das ist eine ernstzunehmende Kondition.
      Ganz viel Kraft und Liebe. Bleib dran!
      Jule

  • Liebe Jule, vielen Dank für den Artikel!
    Mückenstiche und Wunden habe ich von klein auf immer wieder aufgekratzt. Diese Narben stören mich lustigerweise nicht. Aber mein Gesicht – hilfe! Mit ca. 13 habe ich mal einen verheilten Pickel aufgekratzt, es war nur noch ein Hautschüppchen übrig. Tada – Pickel weg. Seitdem ist das in meinem Gehirn eingebrannt. Fast jede Kruste kratze ich auf weil ich denke, es verschwindet dann.
    Ich hatte das Skin-Picking 2 Jahre gut im Griff. Bis mir mein Hormonshaushalt Anfang 2020 wieder relativ viele Pickel schenkte. Jetzt ist es völlig eskaliert.
    Ich wusste schon immer, dass dieses Verhalten krankhaft ist. Aber jetzt ist das Gefühl ganz anders, denn dieses Verhalten hat einen Namen bekommen.
    Mein Problem ist, dass ich das oft unbewusst mache. Im Büro, während dem Autofahren. Es passiert automatisch. Klar habe ich manchmal meine täglichen „30-min-vor-dem-Spiegel-stehen“ Momente, aber die wegzulassen fällt mir leichter.
    Eine gute und wirklich gut-tuende Gesichtsroutine am Abend helfen, ich will schliesslich den Effekt von den tollen Serum und Gesichtscremen nicht kaputt machen. Es wird besser. Ich glaube an mich!

    • Liebe Delena, super, dass du so viel positiven Spirit hast! Der Weg in die Besserung ist ein langer und kann immer wieder durch äußere oder innere Umstände erschwert werden oder sich zeitweise wie ein Rückschritt anfühlen. Das ist leider normal und hängt nicht unbedingt mit der eigenen Willenskraft zusammen, denn davon haben die meisten Skinpickerinnen sehr viel. Da hilft nur dranbleiben, sich mit dem Thema beschäftigen, herausfinden, wann genau es schlimmer oder besser wird. Ich glaube auch an dich! You can do it! <3

  • Hallo, ich bin erst 16 und leide an der Krankheit ich habe mich in den Artikel wiederfunden. Seid ich denken kann kratze ich meine Haut auf bis es Narben werden. Ich kann keine kurze Hosen mehr tragen weil meine Beine voll mit Narben sind. Das sozial leben ist auf jedenfall eingeschränkt. Ich kann meine Haut nicht lange angucken ich probiere sie immer zu bedecken,jetzt im Sommer wird es sehr schwer werden. Ich möchte einfach nur das es aufhört und werde es probieren das sich jetzt etwas ändert. Danke für den Artikel!

    • paula, mir geht es wie dir , ich bin jetzt 35 und erinnere mich an erste picking -momente im Alter von 12-13.erst vor einigen monaten erfuhr ich im gespräch mit einer frendin daß 1. sie dasselbe Problem hat und dieses problem einen namen hat, tatsächlich tat es gut zu wissen daß ich nicht aleeine so bescheuert (od. „besessen „). ich weiß daß es hilft immer in gesellschaft von menschen zu sein , weil ich dann aus scham fast gar nicht an meiner haut beschäftigt war/ bin. (außer auf dem klo 🙂
      nach einer schlimmen gewaltätigen beziehung hatte sich auch das picking massiv verstärkt . seither kann ich nicht mehr ohne kniestrümpfe aus dem haus gehen . ich verstehe erst jetzt wirklich daß dieses picking ein symptom und nich mein versagen ist, und daß es ok ist sich hilfe zu holen.

      • Liebe Veronika, da sagst du was: Wenn möglich sollte man sich immer wem anvertrauen (auch wenn man sich dafür schämt, das lässt dann nach) und sich Hilfe suchen. Das Skinpickig zieht einem ganz viel Energie und ist Ausdruck davon, dass etwas im Inneren aus der Balance geraten ist und großen Druck verursacht. Das sehen auch die Krankenkassen so und übernehmen Therapien, die einem dabei helfen, herauszufinden, was da genau los ist und wie es besser werden kann. Mein Leben hat sich durch die Therapie total verändert und das Skinpicking ist kaum noch da.
        Ich hoffe, du findest auch die Hilfe, die du für deinen persönlichen Weg benötigst.
        Alles Liebe. <3
        Jule

    • Liebe Paula, ja, der Sommer ist für viele Skinpickerinnnen total ätzend, ich bin früher auch nie kurzärmelig in die Schule gegangen und hab immer alle um ihre Kleidchen beneidet.
      Den Anfang hast du gemacht, indem du diesen Artikel gelesen und sogar deine Gedanken geteilt hast. Leider gehört zur Besserung auch immer viel Arbeit an sich selbst, vor allem emotional. Vielleicht kannst du dich ja wem anvertrauen, dann wird auch die Scham etwas kleiner. Und dann bleib dran. Der Weg ist mühsam, aber du kannst dir Hilfe suchen – bei deiner Familie, Freund*innen oder auch bei Spezialist*innen, zum Beispiel einer Psychologin, die dir helfen kann, herauszufinden, warum du knibbelst und wie das weniger werden kann. Mehr Infos dazu und Hilfsangebote findest du im Netz.
      Ganz viel Kraft und Liebe. <3
      Jule

  • Hallo Jule,
    als ich Deinen Artikel gelesen habe musste ich erst einmal richtig weinen. Es war ein befreiendes weinen! Ich bin 42 und leide seit fast 20 Jahren unter Skin Picking. Dieses immer präsente Schamgefühl ist so wahnsinnig belastend und unterdrückt mein wahres Ich (das Ich, das zum Vorschein kommt, wenn ich einmal keine Verletzungen im Gesicht habe und geschminkt ganz okay aussehe) so sehr, dass ich manchmal fast vergesse, wie ich eigentlich wirklich bin.
    Dein Artikel hat mir ganz großen Mut gemacht und ich habe mich noch am selben Tag mit einer Dermatopsychosomatischen Klinik in Verbindung gesetzt, die sich auf dem Gebiet in stationärer Behandlung spezialisiert hat.
    Ich will so nicht weiter machen! Dein Artikel war der Auslöser – ich danke Dir von ganzem Herzen!

    • Oh, das ist ja toll! Also dass du dir bereits Hilfe gesucht hast. <3

      Wenn die Haut so viel Zeit und mentalen Raum einnimmt und man sich so dafür schämt, ist es ja kein Wunder, dass das "wahre Ich", vor allem Unbeschwertheit, Freude und Selbstbewusstsein, versteckt bleibt. Ich kenne das Gefühl voll.

      Lass dir aber gesagt sein: Dein wahres Ich ist da irgendwo unter der Angst und der Scham und wartet geduldig darauf, dass es wieder zum Vorschein kommen darf. Ich wünsche dir ganz viel Erfolg dabei und dass du gute Hilfe findest.

  • Hui, ich reihe mich ein: Danke. Ich bin gleichzeitig schockiert über mich und was ich seit vielen Jahren da habe und erkenne auch, wann es weniger stark ausgeprägt war. Doofe Trigger. Starker und ehrlicher und realistischer Artikel! Kannst Du bitte die kleinen Pflaster nennen, die Du benutzt, der Link funktioniert nicht mehr.

    • Ich probiere es mit Sprühpflaster, da ich normale Pflaster immer wieder abreiße.

      Kann man die Hydrocolloid-Pflaster für Akne/Pickel (ich möchte unsichtbare) problemlos verwenden auf Schorf, Wunden, auch wenn ich keine Pickel/Akne habe?

  • Liebe Jule,
    vielen Dank für das Teilen deiner Tipps und Erfahrungen. Für mich unglaublich hilfreich. Ich muss sagen, es war schon ein Schock für mich zu hören, dass ich an einer psychosomatischen Krankheit leide. Obwohl ich es unbewusst schon lange weiß.
    Meine Familie spricht mich andauernd darauf an, ständig bekomme ich zu hören, dass es schlimm aussieht und gefährlich ist, dass ich mir die Haut verletze und mir endlich eingestehen soll, dass ich es zwanghaft mache.
    Ich möchte das Skin-Picking ja gerne bewältigen, aber die ewigen Kommentare meiner Familie fühlen sich einfach nur kontraproduktiv an. Das habe ich ihnen auch schon oft gesagt. Sie sollen endlich aufhören, mir das ständig zu sagen, auch wenn es schlimm aussieht. Meine Eltern meinen dann immer, dass es dann doch erst recht nicht aufhören wird. Ich weiß, dass sie es nicht böse meinen, sondern weil sie sich Sorgen machen, aber es stört mich trotzdem sehr und dadurch, dass sie mich dauernd darauf ansprechen, ist es ja auch nicht besser geworden. Die Situation ist sehr verzwickt und spannt das Familienklima an.
    Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht, was das angeht, bzw. hast du einen Rat für mich? Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.

    • Liebe Leonie. Sorry, dass du auch damit struggelst, I feel you. <3

      Ich kann deine Family total verstehen, die meinen es sicher nicht böse, allerdings wird das Skinpicking ja von Stress und Druck ausgelöst - und wenn sie dich ständig daran erinnern, macht es den Kreislauf nur schlimmer.

      Ich hab selbst keine derartigen Erfahrungen gemacht. Ich hab das immer sehr gut verstecken können und mein Umfeld dachte einfach, ich hätte schlechte Haut. ich hab den Zusammenhang von Haut und Knibbeln ja selbst erst sehr spät erkannt.

      Vielleicht könntest du anbieten, dass ihr gemeinsam ein Buch zu dem Thema lest? (Ich hab oben eins verlinkt, es gibt aber inzwischen auch einige deutsche.) Also jeder liest für sich und in seinem Tempo. Wenn deine Familie die Hintergründe besser versteht und sieht, dass du dich auch mit dem Thema beschäftigst, kann sie vielleicht auch besser damit umgehen. Und gleichzeitig lernst du selbst etwas über dich und das Skinpicking, das dir hoffentlich weiter hilft. Und je nach Verhältnis könnt ihr dann auch darüber reden. Alternativ funktionieren bestimmt auch YouTube-Videos.

      Oder vielleicht hilft es euch, einmal die Woche für 30 Minuten darüber zu sprechen und sonst müssen sie dich damit in Ruhe lassen und darauf vertrauen, dass du das nicht mit Absicht machst und dass du nach Lösungen dafür suchst. Da fällt euch bestimmt was ein.

      Im Idealfall verstehen deine Eltern, dass das nicht bloß eine blöde Angewohnheit ist, die man mit genug Disziplin einfach stoppen kann, sondern ein ernstzunehmender, zwanghafter Ausdruck von enormem mentalem Stress.

      Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Erfolg. Sei nicht so hart mit dir selbst. <3

  • Danke für diesen Artikel.
    Ich leide anscheinend seit meiner frühen Jugend an Skin-Picking, wusste aber nicht wirklich, dass es einen Namen dafür gibt. Bei mir äußert es sich, dass ich Pickel bis zur Entzündung quetsche und bearbeite. Im Gesicht ist es nicht mehr so stark, weil dort die Pickel nachgelassen haben, aber dafür muss mein Dekoltee und mein Bereich zwischen den Busen stark leiden. Ich liege manchmal abends im Bett oder stehe im Bad und quetsche, obwohl per se sich auch noch kein Pickel entwickelt hat, aber die Poren so aussehen als wäre etwas drin, was raus muss. Mein Freund erwischt mich des Öfteren dabei und sagt, ich solle damit aufhören.
    Es scheint bei mir eine Form von Stress-Ausgleich zu sein. Ich werde einmal sehen, wie ich mich weiter damit beschäftige, damit ich das für mich etwas reduzieren kann – schrieb sie und hatte eigentlich den Gedanken, schon wieder gucken zu müssen, ob was zum Quetschen da ist 🙁

    • Ja, das Beschäftigen mit dem Thema Skinpicking erhöht das eigene Stresslevel und führ dann gerne zu noch mehr Picking. Ich kenne das. Es gibt ganz, ganz viel Material im Netz (bei YouTube, als Artikel, auf Selbsthilfeseiten), das dir vielleicht einige Aha-Momente beschert. Im Grunde geht es ja darum, rauszufinden, in welchen Situationen du knibbelst (also was genau da emotional passiert) und dann zu gucken, wie du die Situationen vermeiden kannst oder was du anstatt des Knibbeln machen kannst, um mit dem Stress umzugehen.

      Ganz Viel Erfolg auf der Suche. <3

  • Hallo Jule,
    danke für deinen Artikel, er hilft sehr.
    Bei mir fing alles mit Jucken an, so dass ich kratzen musste. Ich muss nicht nur knibbeln usw. sondern es fängt( oder soll) dann zusätzlich an zu jucken( was zur Entspannung führt). Außerdem juckt es auch einfach so von alleine in gewissen Situationen. Eine spezielle Form des Skin Pickings?!
    Seit 11 Jahren jetzt schon…
    Ich versuche es gerade mit EMDR….
    liebe Grüße

    • Liebe Tanja, Skinpicking tritt oft gemeinsam mit Hautproblemen wie Neurodermitis oder Akne auf. Hast du schon mal mit jemandem über das Jucken gesprochen, einem Hautarzt zum Beispiel? Wäre ja interessant, rauszufinden, ob das körperlich oder psychosomatisch ist, um vielleicht etwas dagegen zu finden.

      Und alles, was dich entspannt und Stress löst, ist ein super Ventil. EMDR hab ich noch nicht probiert, aber darüber gelesen. Ganz viel Erfolg und Kraft. <3

  • Hallo Jule,

    ich bin so dankbar auf deine Seite gestossen zu sein. Das erste Mal habe ich das gelesen was auch mich die Hälfte meines Lebens beschäftigt. Das es seelischer Natur ist war mir bewusst da ich schon einmal in Therapie war aber nicht wegen dem kratzen. Trotzdem ging es mir zu der Zeit besser. Ich werde nun also versuchen wieder ein Ventil zu finden.
    Vielen Dank für diesen Beitrag!

    • Liebe Sylvia, schön, dass dieser Artikel ein Anstoß für dich sein konnte, das Thema genauer zu beobachten. Stress-Ventile sind wirklich die Lösung – auch wenn das nich immer unbedingt so leicht geht, wie es sich anhört. 🙂 Leute finden ganz unterschiedliche Ventile – alles, was Stress reduziert, ist super. Ganz viel Erfolg und Gelassenheit wünsche ich dir.

  • Hallo Jule, vielen Dank für die zahlreichen Tipps und diesen Beitrag. Wie kann ich dich auf Facebook kontaktieren (Gruppe)? Liebe Grüße und einen schönen Abend! 🙂

  • Wahnsinn,
    Ich knibbel mir seit etwa 40 Jahren, also ungefähr seit meinem 10. Lebensjahr die Finger und Daumen wund und blutig. Jeder Hautfetzen muss sofort wieder weg. Meine Daumennägel haben deswegen inzwischen schon ein hässliches Waschbrettmuster und ich schäme mich unendlich für meine hässlichen Hände. Ich tue es, weil ich unter ständigem seelischen Druck stehe, aber auch meine Therapeutin hat da keine Erklärung für gehabt. Ich führe seit Anfang des Jahres ein Bullet Journal und bin durch ein Buch von Ryder Carrol darauf gestoßen dass meine schlechte Angewohnheit eine psychische Störung ist und einen Namen hat. Vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung für mich …

    • Auf jeden Fall gibt es Hoffnung. Das Tracking im Bullet Journal ist bestimmt ein guter Anfang. Und jetzt hast du ja noch mehr Tipps, wie und wo du anknüpfen kannst. Denn ob Finger, Lippen, Gesicht, Beine, Haare – die Mechnanismen dahinter und die Hilfestellungen sind ähnlich. Ganz viel Kraft dir und gute Besserung. <3

  • Krass, ich habe das Problem schon seit Jahren, aber habe es nicht richtig wahr oder ernstgenommen.
    Ständig nur der Satz meiner Freundin, Freunde, Famillie… Hör auf zu piepeln! Aber anstatt es zu lassen, wartet ich nur darauf weiter zu machen. Ich solle doch einen Hautarzt aufsuchen und mich untersuchen lassen, was ich jedoch sinnlos fand, da die Wunden nicht irgendwo her kamen sondern von meinem kratzen. Wurde ich weiter darauf angesprochen dass ich es lassen soll wurde ich zum Teil sogar schon aggresiv oder wütend.
    Zu lesen dass es weitere Menschen gibt die darunter leiden und es eine ernsthafte Sörung ist hat mir zu denken gegeben und ich möchte jetzt aktiv daran arbeiten nicht mehr zu kratzen!!!

    • Lieber Tim, sorry, dass du auch damit struggelst und dein Umfeld bislang eher wenig Verständnis dafür aufbringen konnte. Umso wichtiger, dass du mehr über dieses Verhalten weißt. Das hilft dir dabei, etwas zu ändern und anderen zu erklären, was da genau los ist. Weil Druck von außen ist etwas, was Skinpicker*innen nun wirklich nicht gebrauchen können.

      Ich empfehle dir für den Anfang das im Artikel erwähnte Buch. Schreib mir außerdem gerne bei Facebook (falls du da bist) und komm in meine liebe kleine geheime Gruppe. Du bist nicht allein.
      Viele Grüße und ganz viel Kraft.
      Jule

  • Vielen, vielen Dank für diesen tollen Artikel! Vor allem den letzten Absatz, der zur Selbstliebe aufruft. Der Appell kam für mich absolut unerwartet, und trieb mir vielleicht genau deshalb die Tränen in die Augen. Man versteigt sich bei dieser Geschichte allzu schnell in Selbsthass und erklärt das Picking zum Feind – mir wurde gerade erst bewusst, wie kontraproduktiv das ist.

    • Liebe Laura.
      Aww, gern geschehen! Es soll sogar Leute geben, die das Picking irgendwann ganz liebevoll als Teil von sich selbst annehmen können. Weil dann automatisch auch der Druck sinkt, hilft das auch dabei, weniger zu picken. Win-win. Ich bin irgendwo auf dem Weg dahin, das alles zu akzeptieren, ist aber keine leichte Aufgabe. Ganz viel Erfolg und Kraft dir.
      Jule

  • Oh mein Gott. Das Kind hat tatsächlich einen Namen. Nicht nur ich habe diesen starken Drang, meine Haut ständig nach Unebenheiten abzusuchen und sie weg zu kratzen. Ich hatte keine Vorstellung davon, dass es wirklich anderen Menschen auch so gehen könnte! Danke für diesen tollen Artikel! ❤❤❤

    • Liebe Nadine.
      So geht es sooo vielen. Der Moment des Erkennens kann zwar sehr schmerzhaft sein, aber er ist auch die einzige (mir bekannte) Möglichkeit, das Problem anzugehen und zu heilen. Und alleine die Gewissheit, nicht alleine zu sein, ist schon ganz viel wert.
      Wenn du magst (und da bist), schreib mir gerne bei Facebook, dann nehm ich dich in unsere geheime Austauschgruppe auf.
      Alles Liebe und Kraft und sowieso.
      Jule

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