Mit einer richtigen Filzpappe wache ich pünktlich um 6:30 morgens auf. Die ewigen Sonnenstrahlen, die mir schon langsam auf den Geist gehen, brennen mir ins Gesicht und meine Miezen nehmen mit Begeisterung Notiz, dass Mama endlich wach ist.
So weit so gut, nur habe ich bloße 3 Stunden geschlafen, viel zu viel getrunken und bin mit meinem Crossfit Partner im Bett gelandet. Nicht, weil ich das so unbedingt wollte, nicht, weil ich einsam war, nicht, weil ich ihn so gern mochte. Bloß, weil ich seit einigen Monaten nicht mehr auf Assignment war und mir meine Manipulierspielchen schon abgingen.
Der Arzt meinte, es würde noch bis Anfang nächsten Jahres dauern, bevor die in kleine Stückchen gebrochenen Knochen in meinem Arm komplett verheilt sein werden. Ich denke mir: Dezember. Bis dahin muss ich fit bleiben, muss ja die Assignment-Workups bestehen, bevor die mich wieder ins Feld senden. Unter anderem sind das 2 Meilen unter 12, idealerweise unter 10 Minuten. 75 Push-Ups in einer Minute. Solche Sachen eben, die dir schön Muskeln geben, damit man nackt so gut aussieht wie ich. Das finden auch meine Nachbarn, und deshalb habe ich keine Vorhänge. Nicht einmal im Badezimmer.
Fühle ich mich furchtbar, dass ich die Menschen in meinem Privatleben ebenso benutze und zu meinen Marionetten mache, wie in meinem Berufsleben? Dass mein Crossfit Freund mit dem typisch enttäuschenden Ami-Durchschnittspenis so richtig traditionell ist und sich jetzt sicher bereits unsere Zukunft ausmalt, die ich mit einem eisigen Blick auswischen werde, falls sich unsere Wege wieder kreuzen?
Nicht wirklich.
Bevor man für meine Art Beruf genommen wird, muss man, neben Intelligenz- und Fitness-Examen, einige Psycho-Tests bestehen, oder eben nicht bestehen, eigentlich. Soziopathen sind willkommen. Freundlich, Mitgefühl, Selbstlosigkeit? Nein danke.
Ich bin, nach dem Standard der meisten Leute, furchtbar. Eine bossige Zicke, die kein Blatt vor den Mund nimmt und dich mit einem Blick in den Selbstmord treiben kann. Ich weiß alles über jeden und verwende diese Informationen zu meinem eigenen Vorteil. Aber keine Angst, das sieht man ja eigentlich nicht; sonst wäre ich nicht so erfolgreich. Ich infiltriere Informanten: Wie ein Chamäleon passe ich mich an, man vertraut mir schnell, ein guter neuer Freund, ein regulärer Gast bei deinen Family Events – nett, lustig, unterstützend. Ich wasche deine Hand, du meine. Ich lerne von deiner Nuss-Allergie, von deiner Affäre, von deinen Schulden, von deiner Spielsucht. Dass du Autorennen magst, Bud Light trinkst, mit der Schwester deiner Frau geschlafen hast. Von deinen geheimen Sehnsüchten, eines Tages einen besseren Job zu haben. Mehr Kohle. Mehr Macht, sodass dich deine Frau wieder als Mann behandelt.
Nur bin ich ein Meister im Schach und du wirst es nicht einmal kommen sehen. Eines Tages könnte dir etwas Schreckliches passieren, ein allergischer Schock, ein Raubmord, jemand erpresst dich mit illustrierenden Fotos, du betrinkst dich viel zu sehr an zu wenigen Drinks, fragst dich, wie das nur möglich war, und plapperst was aus. Und wie jeder andere in deinem Leben werde ich dastehen, komplett entsetzt, ich hab davon ja gar nichts gewusst, wie hat das nur passieren können, oh mein Gott, dann verschwinde ich. Langsam. Keine Aufmerksamkeit erregen.
Manchmal lassen wir das dann so, manchmal kommt ein neuer Meister, der zufällig gerade die ultimative Lösung für dich hat, um dein Leben und deinen Ruf zu retten. Ein Spieler vom Schachbrett genommen und keiner weiß, wer dahinter steckte. Dass überhaupt jemand dahinter steckte.
„Human Intelligence“ nennt sich das.
Ich bin mir nicht sicher, welche Person ich in einer „echten“ Beziehung wäre. Jede Verbindung, die ich habe, könnte ich in einer Sekunde abbrennen lassen und würde mich nicht einmal schlecht fühlen.
Sehne ich mich manchmal nach einem echten Partner? Vielleicht. Das müsste dann aber einer sein, der in meinem Feld tätig ist, auch keine Skrupel hat, ein Marionettenmeister ist und nur mir wirklich vertraut. Je mehr Personen dich wirklich kennen, desto gefährlicher wird es. Oft braucht es nicht einmal Worte, um ein Geheimnis zu verraten. Eine Geste, eine Miene, eine unbewusste Veränderung im Gesicht, in der Stimme.
Also, ja, es wäre nett, einen Partner in Crime zu haben. Jemanden, der weiß, dass die Beretta meine liebste Waffe ist, dass ich ein Survivalkit mit mir trage, wohin ich auch gehe, dass ich mit Leuten für Informationen schlafe, dass ich für das US Militär arbeite und mehrere Reisepässe habe.
Der letzte mit jeder Menge ukrainischer Einreisestempel.
Headerfoto: Frau mit pinker Perücke via Shutterstock.com. (Gedankenspiel-Button hinzugefügt.) Danke dafür.
Motivation. Warum tut jemand etwas. Die Suche nach Hebeln besonders da wo das Öffentliche vom Privaten abweicht. Aus dieser Sicht stellt sich mir die Frage, liebe Agentin X, warum Du diese Artikel schreibst. Klar kann man mit Gewehren nicht kuscheln, wobei so ein Kaliber .50 Barrett schon ein ziemlich gewaltiges Ding ist. Aber Spaß beiseite, die Fähigkeit solche Fehlstellen in Personen oder auch ganzen Gruppen zu erkennen ist hilfreich auch wenn man nicht gerade versucht Informanten anzuwerben oder gegnerische Elemente auszuschalten. Dazu muss man nichteinmal ein schlechter Mensch sein, wie „the good psychopath’s guide to success“ zeigt. So wie jedes größere Messer ebenso in der Küche genutzt werden kann wie als Terrorwaffe (Sudan). Insofern sollte man je schärfer die eigenen Tools sind auch den Blick mal nach innen werfen. Welche Ansatzpunkte gibt es bei Dir selbst. Daher die Eingangsfrage nach dem Sinn dieser Artikelserie. Wenn ich Dein Vorgesetzter oder aber in der US Spionageabwehr, dann würden nach solchen Artikeln alle Alarmglocken schrillen. Wie Du bereits sagst verraten manchmal kleinste Gesten Hebel und Ansatzpunkte und der beste Schutz, wenn man die Hebel gegen einen nicht ausräumen kann ist diese unsichtbar zu halten. Eine Artikelserie auf einem Datingportal fällt jedenfalls nicht unter ein angemessenes low profile. Unabhänging davon, dass es der Gegenseite ein leichtes wäre die Server und Kommunikationskanäle von im Gegenteil zu kompromitieren und im weiteren die Kommunikation zu Dir zurückzuverfolgen, schon allein der pure Fakt der emotionalen Unzufriedenheit, die Suche nach einem „Partner in Crime“ ist ein Hebelpunkt der sich gegen Dich verwenden lässt. Der ist jetzt in der Welt. Darüberhinaus, Einsatzorte und Tools verraten geht gar nicht. Warum auch. Worin läge die Motivation? Den Partner in Crime wirst du hier nicht finden und Menschen mit Eitelkeit, die über getanes berichten müssen, werden bei Deinen Tests ebenso aussortiert wie Menschen die zu nett sind. Für mich wirkt der Artikel daher unecht. Zugegeben kurzweilig geschrieben aber eben doch wie von jemanden der sich nur vorstellt wie es wäre Geheimagent zu sein.
Ich finde es toll, daß in der Schule noch Aufsätze geschrieben werden und dann hier veröffentlicht werden! Weiter so!