Ich will nicht zum „Team Eltern“ gehören, aber das bedeutet nicht, dass ich keine Kinder mag

Als ich meiner Mama vom Thema meiner neuen Kolumne erzähle, fragte sie ganz schlicht, ob ich dem Thema nicht ein bisschen viel Bedeutung beimesse. Hat mich dann doch zum Nachdenken angeregt.

Wir haben dann versucht, das Wort „Kinder“ mit dem Wort “Spinat” zu ersetzen und mussten dann relativ schnell einsehen, dass man und ganz besonders frau eine eventuelle Ablehnung einer Pflanze der Fuchsschwanzgewächse nur recht schwer mit der Entscheidung, keine Kinder bekommen zu wollen, vergleichen kann.

Das liegt zum einen daran, dass die Vorliebe für bzw. Ablehnung gegen Spinat relativ simpel zu erklären ist (ja, nein, vielleicht) und zum anderen meine Mama einer Generation angehört, in der Kinder einfach geboren wurden.

Eltern werden war früher anders

For the record: die Liebe meiner Eltern ist unumstößlich und ich bin mir ihrer so gewiss, wie dem Umstand, dass die Sonne jeden Morgen aufgeht, aber nie wären beide auf die Idee gekommen, Karten zu verschicken, um meine oder die bevorstehende Ankunft meiner Geschwister zu verkünden.

Nie wären meine Eltern auf die Idee gekommen, Karten zu verschicken, um meine oder die bevorstehende Ankunft meiner Geschwister zu verkünden.

Die Freude über unsere Ankunft war sehr groß, dann waren wir einfach da und sind “mitgelaufen”, wie meine Eltern es gerne nennen. Will heißen, dass wir bei Notar- und Bankterminen anwesend, aber nicht störend waren und schon früh ermutigt wurden, auch mal unser eigenes Ding zu machen.

Langeweile macht kreativ, hat meine Mama gerne gesagt und ohne diesen Spruch hätten wir nie mit bereits 10 Jahren im Pickup unseren Runden über den Hof gedreht. Rückwärts selbstverständlich, denn so macht es dem fahrenden großen Bruder und den beiden kleinen Schwestern am meisten Spaß.

Dass ich meinen Eltern keine Enkelkinder schenken werde, trifft sie sehr und da zählt die Ausrede, dass meine Geschwister bereits für ausreichend Nachwuchs gesorgt haben und weiter sorgen werden, recht wenig.

Und auch abseits des familiären Kreises, sorgt das Bekenntnis keine Kinder bekommen zu wollen vor allem für fragende Gesichter und Unverständnis. Ich hätte den Richtigen halt einfach noch nicht gefunden. Das stimmt zwar in vielerlei Hinsicht, aber ich habe mir abgewöhnt, Dinge und Entscheidungen an das Vorhandensein eines Partners zu knüpfen.

Ist gesünder für Beteiligten und vor allem für mich. Nur weil ich theoretisch und praktisch in der Lage bin, Kinder zu bekommen, heißt das nicht, dass ich praktisch auch Lust darauf habe. Theoretisch kann ich nämlich auch Astronautin werden, weil uns erzählt wurde, dass wir alles werden können. Praktisch habe ich wegen meiner Platzangst aber genauso wenig Lust darauf.

Ob ich Kinder nicht möge, werde ich gefragt.

Ob ich Kinder nicht möge, werde ich gefragt. Die Fragenden haben nie die Freudentränen in meinen Augen aufblitzen sehen, als ich Baby H. das erste Mal im Arm hielt. Haben noch nie erlebt, wie ich mit meiner Nichte zu “Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad” rave. Haben nie mitbekommen, mit welcher Freude ich Walfische, die Seifenblasen produzieren, verschenke und nie bemerkt, wie stolz ich bin, wenn Baby N. bei unserem ersten Kennenlernen auf meinem Arm einschläft. Solche Momente sind magisch.

Ich liebe all die kleinen Menschen, die ich bereits in meinem Leben weiß, die hinzukommen und freue mich, das ein oder andere Menschenkind auf der Reise zu begleiten. Als Tante, als Freundin der Eltern, als Luise, aber nicht als Mama.

Ich liebe all die kleinen Menschen, die ich bereits in meinem Leben weiß, die hinzukommen und freue mich, das ein oder andere Menschenkind auf der Reise zu begleiten. Als Tante, als Freundin der Eltern, als Luise, aber nicht als Mama. 

Nicht etwa weil ich mir das nicht zutrauen würde, denn ich denke, dass ich eine großartige Mama abgeben wurde, aber ich möchte es nicht, dieses Gesamtpaket. Die Verantwortung für ein anderes Menschenleben, den Druck und die Gewissheit, für die gesamte emotionale Verkorkstheit verantwortlich zu sein.

Denn sind wir mal ehrlich, manche Kinder lernen nie, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem sie selbst für das fünfte nicht beendete Studium verantwortlich sind und nicht die Eltern, die irgendwann einfach zu müde waren, um den Geigenunterricht weiter ertragen zu können.

Keine Kinder zu wollen ist eine legitime Wahl

Entgeht mir irgendwas, wenn ich nicht das Gesamtpaket, sondern nur einige Einzelbestandteile wähle?

Entgeht mir irgendwas, wenn ich nicht das Gesamtpaket, sondern nur einige Einzelbestandteile wähle?

Vermutlich, aber ich bin trotzdem bereit, Verantwortung zu übernehmen, mit unerwünschtem Rat beiseitezustehen und ein Hafen zu sein, wenn die Eltern einfach mal wieder zu blöd sind, weil sie das neue Tattoo einfach nicht verstehen, oder den coolen neuen Freund blöd finden. Ich werde da sein.

Kommt mir also bloß nicht mit “dann bist du aber im Alter ganz alleine”. Kinder sind nun wirklich kein Garant, um der Einsamkeit im Alter zu entgegenzuwirken, das kann ich aus persönlicher Erfahrung und anhand einiger Fallbeispiele im Freundes- und Familienkreis bezeugen.

Wenn man sagt, dass man keinen Spinat mag, würde niemand denken, dass man mit dem Ablehnen des schnell schrumpelig werdenden Blattwerks die eventuelle Vorliebe des Gegenübers für das Grünzeug abwerten würde. Ach, wenn wir doch bei Spinat bleiben könnten. Bei Kindern ist das wirklich anders.

Als ich letztens an einem Spielplatz vorbeigefahren bin, dachte ich mir, dass ich mir lieber eine Gabel ins Auge rammen würde, als meine Zeit dort verbringen zu müssen. Damit möchte ich die dort anwesenden Mütter und Väter aber keineswegs abwerten, am liebsten hätte ich ihnen applaudiert, wenn ich denn freihändig Rad fahren könnte. Kann ich aber leider nicht.

Ich bin voller Bewunderung, wenn ich sehe, wie meine Freundinnen und deren Männer, meine Schwägerin und mein Bruder ihr Leben vollkommen umkrempeln, um sich ganz der Versorgung eines kleinen Wurms zu widmen.

Als ich dann schließlich alleine auf meinem Balkon saß, habe ich aber mein Glas auf sie erhoben, ernsthaft. Ich bin voller Bewunderung, wenn ich sehe, wie meine Freundinnen und deren Männer, meine Schwägerin und mein Bruder ihr Leben vollkommen umkrempeln, um sich ganz der Versorgung eines kleinen Wurms zu widmen.

Und ich bin glücklich, dass ich dennoch dazu gehöre, auch wenn ich sage, dass ich die Mitgliedschaft in diesem Club dankend ablehne. Dass die Menschen, die mir wichtig sind, es schlussendlich akzeptieren, wenn ich es wie meine Freundin Jennifer Aniston halte und sage: “Vielleicht liegt der Sinn meines Lebens nicht darin, mich fortzupflanzen.

Vielleicht gibt es andere Dinge, die ich tun soll.” Denn all diese kleinen Menschen brauchen doch auch eine Luise, die auf sie aufpasst.

Luise lebt seit 14 Jahren in Leipzig und beschäftigt sich beruflich mit Designermöbeln, wenn sie nicht gerade für annabelle-sagt Gastkolumnen zum Thema “Veränderungen” schreibt. Sie ist das aller größte Käsespätzle-Fangirl und wünscht sich einen eigenen Corgi namens Lobster. Das Haus würde sie nie ohne roten Lippenstift verlassen und kann aus dem Stegreif eine Rede zum Thema „Schweizer Möbelbausystem und dessen Vorzüge“ halten. Auf dem linken Bein hüpfen kann sie leider nicht.

Headerfoto: Anastasia Shuraeva (Kategorie-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.