Ich muss meine Erwartungen an die Liebe neu definieren

„Sie haben als Kind und junge Erwachsene viele Verletzungen erlitten. Liebe ist für Sie sehr negativ behaftet und als etwas Bedrohliches verankert.“ Sagte meine Therapeutin letzte Woche zu mir. Klasse, und nu?

„Die Angst wird nicht gehen, solange Sie sie nicht annehmen als einen Anteil von Ihnen, sie durch lustige Sprüche überspielen und sich ihr nicht stellen.“

Okay klingt logisch, aber ich habe halt absolut KEINE LUST auf noch eine Verletzung oder Enttäuschung, denke ich mir. „Was wäre denn das größere Übel? Der unerfüllte Wunsch nach einer Partnerschaft oder sich der Angst zu stellen?“, fragt sie mich.

Was wäre denn das größere Übel? Der unerfüllte Wunsch nach einer Partnerschaft oder sich der Angst zu stellen?

„Also bequemer fänd ich’s, weiter meine bekannten Ausreden zu nutzen, wie: Ich habe einfach keine Zeit zu daten, Tinder und Co. ist nichts für mich (was nur teilweise eine Ausrede ist, denn ich mag’s echt nicht, mit Fremden zu schreiben) und, zu guter Letzt, Männer wollen sich eh nicht mehr auf jemanden festlegen.“

„Sagt die Angst!“, erwidert sie. „Es gibt ganz sicher noch Männer, die reif genug sind, eine Beziehung zu führen und andere Möglichkeiten, jemanden außerhalb des Internets kennenzulernen.“Bei ihr komme ich mit meinen Überzeugungen echt nicht weiter, merkte ich dann.

Aber wie lege ich die jetzt ab? Schließlich habe ich doch genügend Beweise gesammelt, die sie bestätigen. Ob im Freundeskreis oder am eigenen Leib.

„Gehen Sie mal mit einer offeneren Einstellung durch Ihr Leben, suchen Sie nicht gleich DEN Einen, sondern lernen Sie Menschen kennen. Und dann schauen Sie weiter!“

„Aha“ grummelte es aus mir heraus. Und mit diesem Aha sitze ich jetzt hier. Zwischen „sie hat recht“ und „ich habe keine Lust“ (vielmehr: Ich habe Schiss), zwischen „ich könnte meine Überzeugungen lockern“ und „ich habe keinen blassen Schimmer, wie“.

Heilung braucht verdammt viel Zeit braucht und es ist völlig okay, wenn man Tage hat, an denen man „keine Lust hat“.

Was ich aber weiß, ist, dass Heilung verdammt viel Zeit braucht und es völlig okay ist, wenn man Tage hat, an denen man „keine Lust hat“.

Ich lasse dieses Aha in mir jetzt mal da sein. Und vielleicht kommt ja bald ein Tag, an dem ich mit meiner Verletzung ohne lustige Sprüche der Unsicherheit losgehe.

Teilt gerne eure Gedanken mit mir! <3

Breathe, peace and love,

eure Marisa

Headerfoto: Ron Lach (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!

Marisa ist 32 und aus Köln. Sie schreibt über mentale Gesundheit, das Leben und Veränderungen in unserer verrückten Zeit.

1 Comment

  • Hier meine Gedanken:

    Ich habe dasselbe Problem. Das gehe ich gerade mit meinem Therapeuten an.

    Und nun hatte ich seit Freitag zwei Dates mit einem Mann. Ich war bis September als Austauschstudentin ein Jahr in Kopenhagen, um den Alltag dort zu testen. Er ist seit März als Austauschstudent in meiner Stadt und kommt aus Kopenhagen. Er lernt und studiert Deutsch, ich spreche seit vier Jahren Dänisch. Nach den zwei Abenden ist er das, was ich in Dänemark unbedingt wollte.

    Und ab der Sekunde, nachdem ich mich bei beiden Treffen nach der Verabschiedung umdrehte, war ich nur noch eins: panisch.

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