Wenn man eine wirklich schwere Zeit hinter sich hat, merkt man es meistens erst einige Zeit später, oder? Die Menge der Schwere ist einem nicht in dem Moment bewusst. Erst wenn es wieder bergauf geht, realisiert man, wie schwer es wirklich war.
Ich habe diesen Gedanken gerade, weil es mir letzten Samstag echt nicht so gut ging. Zwar nicht zu vergleichen mit einer schwierigen Zeit letztes Jahr, doch ich fühlte mich nicht gut, war nicht wirklich bei mir.
Die Hitze setzte mir irgendwie zu, das Gästebett meiner Mutter ließ mich nicht gut schlafen, und den Ventilator schaltete ich im Stundentakt an und wieder aus. Den Morgen danach fühlte ich mich dementsprechend matschig. Kaum tragisch, doch wie es einige von euch sicher kennen werden, spann mein Kopf direkt weiter. In mir kam das altbekannte Gefühl von Angst hoch.
Wie soll ich so müde und schlapp die Zugfahrt nach Hause schaffen? Ich weiß nur zu gut, dass, wenn ich körperlich nicht fit bin, Panikattacken ein leichtes Spiel haben. Die letzte ist zwar jetzt über ein halbes Jahr her, aber unser Langzeitgedächtnis ist ja schon echt verdammt gut und merkt sich die schweren Momente doppelt so gern.
Dass meine Sorgen und Ängste Quatsch waren, wusste ich rational betrachtet. Aber rationales Denken war in dem Moment nicht drin. Ich hatte Angst vor der Angst.
Dass meine Sorgen und Ängste Quatsch waren, wusste ich rational betrachtet. Aber rationales Denken war in dem Moment nicht drin. Ich hatte Angst vor der Angst.
Ein ordentlicher Power Nap hätte mir wahrscheinlich schon sehr geholfen und meine tägliche Meditation auch, aber stattdessen lenkte ich mich ab. Machte dies und jenes. Versuchte, meine Angst zu ignorieren und ja nicht an sie zu denken.
Schlechte Tage
Kurz bevor meine Mutter mich zum Bahnhof fuhr, hatte ich keine Tasche mehr zu packen und den kompletten Instagramfeed schon zwei Mal durchgescrollt. Da saß ich nun auf der Terrasse, grübelnd, was alles passieren könnte auf dem Weg nach Hause.
Irgendwie konnte ich mich dabei beobachten, wie ich es mir selber schwer machte! Ich kannte das doch, wieso hinterfragte ich meine Ängste nicht? Wieso hörte ich nicht auf meinen Körper? Oder sprach zumindest mit meiner Mutter darüber?
Ich kannte das doch, wieso hinterfragte ich meine Ängste nicht? Wieso hörte ich nicht auf meinen Körper? Oder sprach zumindest mit meiner Mutter darüber?
Ich hatte einfach keine Lust, denke ich. So blöd es auch klingen mag. Ich entschied mich, nichts zu sagen, verabschiedete mich und fuhr zum Bahnhof.
Angekommen bekam ich die freundlichste Begrüßung: „Ihr Zug hat eine Stunde Verspätung!“ – Genau, wieso soll es mir jetzt auch leichter gemacht werden? Da stand ich nun, doch anstatt panisch zu werden, entschied ich mich dazu, den nächsten überteuerten Zug zu buchen und vorher noch einen Abstecher zu McDonalds zu machen (da war ich zuletzt vor 100 Jahren): Zusätzlichen Kosten + ungesundes Essen.
Ja, normalerweise hätte ich einfach eine Stunde auf meinen Zug warten können und das gesunde Essen, welches Zuhause auf mich wartete, essen. Doch nicht an diesem Tag.
Ja, normalerweise hätte ich einfach eine Stunde auf meinen Zug warten können und das gesunde Essen, welches Zuhause auf mich wartete, essen. Doch nicht an diesem Tag.
Ich wollte a) ganz schnell nach Hause und in mein Bett fallen und b) hatte ich Hunger! Es gab keinen Grund, streng mit mir zu sein, sondern mich in diesem Moment so anzunehmen, wie ich war, mit allem, was ich brauchte.
Auch der nächste Zug hatte Verspätung. Doch die Angst vor der Angst war weg.
Achtsamkeit ist Key
Ich habe, wenn auch recht spät, auf meine Bedürfnisse gehört, auf meinen Körper, auf meine Angst.
Solche Stunden oder Tage sind kacke! Sie erinnern an schwere Zeiten, sind wie Warnsignale. Angst vor der Angst ist ätzend, das will ich nicht schönreden. Doch dieser Tag hat mich daran erinnert, dass ich schon viel geschafft und durchgestanden habe. Die Angst und Panikstörung hat mein Leben verändert und tut es immer noch. Doch heute bin daran gewachsen.
Die Angst und Panikstörung hat mein Leben verändert und tut es immer noch. Doch heute bin daran gewachsen.
Wenn wir von mentaler Gesundheit sprechen, reden wir gleichzeitig immer auch über physische Gesundheit. Sie gehören zusammen. Genügend Schlaf, gute Ernährung und Bewegung/Sport sind die Basis, auf der alles aufbaut. Daran wurde ich wieder erinnert. Auf meinen Körper zu hören, ihn nicht zu ignorieren, auch wenn es manchmal echt mühsam ist. Achtsames Leben ist nicht bloß ein Hobby, achtsames Leben macht nicht nur Spaß, es ist Arbeit. Wahrscheinlich die wichtigste unseres Lebens.
Heute gönne ich mir einen Nap, egal ob die Sonne scheint, die Kaffeeeinladung verlockend klingt oder meine Wohnung geputzt werden muss.
Die Welt kann 20 Minuten warten.
Breathe, peace and love!
Eure Marisa
Headerfoto: Edson de Assis via Pexels. (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!