Eine von zehn Menstruierenden in Deutschland leidet unter Endometriose. Einige von ihnen wissen davon, viele nicht. Denn die Symptome sind diffus und es vergehen in Deutschland durchschnittlich sieben bis zehn Jahre (I know, wtf?) bis die Diagnose gestellt wird. Aber warum dauert das so lange?
Was ist denn Endometriose überhaupt?
Endometriose ist eine gutartige, in der Regel chronische Erkrankung, bei der sich Zellen, ähnlich denen der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) auch außerhalb der Gebärmutter ansiedeln, beispielsweise an den Eierstöcken oder dem Bauchfell, sehr selten auch an Organen, die außerhalb des Bauchraumes liegen. Diese Ansammlungen bezeichnet man als Endometrioseherde.
Zwar handelt es sich dabei um eine gutartige Erkrankung, die Leidenswege etlicher Betroffener sind allerdings trotzdem enorm lang und schmerzvoll.
Zwar handelt es sich bei Endometriose um eine gutartige Erkrankung, die Leidenswege etlicher Betroffener sind allerdings trotzdem enorm lang und schmerzvoll.
Weil die Symptome so vielfältig und schwer zu deuten sind, wird die Endometriose häufig auch als das „Chamäleon der Gynäkologie“ bezeichnet. Hier ein paar der häufigsten Symptome für den Schnell-Check:
- Starke Regelschmerzen (ist das Endo-Symptom schlechthin): Leider wird sowohl in der Gesellschaft als auch bei dem:der Gynäkolog:in häufig so getan, als wäre es normal, super starke Schmerzen zu haben, Schmerzmittel zu nehmen und zwei bis vier Tage wie krank im Bett zu liegen. Ist es tatsächlich nicht, sondern in sehr vielen Fällen ein Zeichen für eine Endometriose.
- Allgemeine Unterleibsschmerzen, die oft auch in den unteren Rücken oder die Beine ausstrahlen können. Diese treten häufig zyklisch auf, können aber auch unabhängig von der Periode auftreten.
- Schmerzen beim penetrativen Sex (und alle so „oha“): Leider haben viele Endometriosebetroffene brennende oder krampfartige Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, was für beide Seiten sehr belastend sein kann und häufig eher als psychisch-emotionales Problem interpretiert wird.
- Schmerzen beim Wasserlassen oder Stuhlgang: Da sich auch an Blase und Darm Endometrioseherde bilden können, führt das häufig zu Schmerzen auf dem Klo. Viele Betroffene bekommen häufig die Diagnose Blasenentzündung, da die Schmerzsymptomatik sich sehr ähneln kann. Außerdem tritt oft der sogenannte „Endo-Belly“ auf, also ein aufgeblähter Bauch, der als Nahrungsmittelunverträglichkeit missverstanden werden kann.
- Müdigkeit und Erschöpfung: Starke und/oder häufig auftretende Symptome können für den eigenen Körper und die Psyche sehr belastend sein und führen oft zu Erschöpfung und Müdigkeit.
- Unerfüllter Kinderwunsch: Tatsächlich entdecken viele Betroffene ihre Endometriose erst dann, wenn sie versuchen, schwanger zu werden. Schätzungen zufolge sind über 50% der unerfüllten Kinderwünsche in Deutschland auf eine Endometriose-Erkrankung zurückzuführen. Wenigstens erhöht sich nach einer operativen Entfernung der Endometrioseherde die Möglichkeit einer Schwangerschaft im ersten Jahr wieder erheblich. Außerdem führen eine Schwangerschaft sowie eine lange Stillzeit häufig dazu, dass sich die Endometriosesymptome stark zurückbilden.
- Andere: Zwar treten die oben genannten Symptome besonders häufig auf, es gibt aber noch etliche mehr, die allerdings vor allem in Kombination mit den obigen auftreten.
Die Schwierigkeit ist es offensichtlich, hinter genau denselben Symptomen auch viele andere psychische wie physische Beschweren liegen können, die Diagnose Endometriose kommt einem deshalb nicht zwingend direkt in den Sinn.
Eine von 10 – Die Diagnose
Entsprechend der diffusen Symptome findet eine Diagnose häufig erst dann statt, wenn die Betroffenen bereits an extremen Schmerzen leiden oder sich stark im Alltag eingeschränkt fühlen. Dem kann und sollte sehr dringend entgegengewirkt werden.
Es können hinter genau denselben Symptomen auch viele andere psychische wie physische Beschweren liegen, die Diagnose Endometriose kommt einem deshalb nicht zwingend direkt in den Sinn.
Wenn eines oder einige der oben genannten Symptome auftreten, sollte ein:e Gynäkolog:in aufgesucht werden, der:die sich im besten Fall mit Endometriose auskennt, weil die Mitarbeiter:innen dort einfach mehr Erfahrung mit diesem doch sehr facettenreichen Krankheitsbild haben und dafür sensibilisiert sind. Auf der Seite der Endometriose Vereinigung Deutschland e.V. sind alle Anlaufstellen innerhalb Deutschlands sowie alle Endometriosezentren vermerkt.
Die Diagnose besteht meistens aus einer ausführlichen Anamnese sowie einer Tast- und Ultraschalluntersuchung. Außerdem kann ein Bluttest zusätzliche Hinweise auf eine Endometriose-Erkrankung liefern. Um wirklich sicher zu sein, ist allerdings eine Bauchspiegelung und/oder feingewebliche Untersuchung nötig.
Ursachen und Behandlung
Da die Ursachen für eine Endometriose immer noch nicht hinreichend untersucht sind, stellt auch die Behandlung eine Herausforderung dar. Grundsätzlich passt sich die Behandlung allerdings nicht dem Ausmaß der Endometriose, sondern dem Leidensdruck der Betroffenen an. Diese beiden Faktoren können nämlich, je nachdem, ob die Endometriose aktiv oder inaktiv ist, sehr weit auseinander liegen.
Da die Ursachen für eine Endometriose immer noch nicht hinreichend untersucht sind, stellt auch die Behandlung eine Herausforderung dar.
In der schulmedizinischen, konventionellen Therapie besteht der Therapieansatz aus drei Säulen: dem chirurgischen Entfernen der Endometrioseherde, der hormonellen Therapie zur Eingrenzung beziehungsweise zum Zurückdrängen der Endometriose sowie einer medikamentösen Schmerzbehandlung.
Übrigens handelt es sich bei der hormonellen Therapie nicht um eine normale Anti-Baby-Pille, da diese einen hohen Östrogenanteil hat und die Endometriose durch Östrogene ausgelöst wird. Für die hormonelle Endometriosebehandlung wird entweder eine Östrogen-Gestagen-Kombination oder eine Gestagentherapie gewählt.
Darüberhinaus bieten naturheilkundliche und komplementärmedizinische Behandungsverfahren sinnvolle Ergänzungen zur konventionellen Therapie. Ob Yamswurzel gegen starke Regelschmerzen, TCM oder Osteopathie bei ausstrahlenden Schmerzen im Rücken- und Beinbereich, die Liste ist lang und die Lösungen häufig sehr individuell.
Vorbeugende Maßnahmen
Wenn eine Endometrioseerkrankung in der Familie vorliegt, sollte dies mit dem:der Gynäkolog:in besprochen werden, bevor eine Anti-Baby-Pille zur Verhütung gewählt wird, da diese in Verdacht steht, durch die Östrogene eine potenzielle Endometriose zu forcieren und gleichzeitig durch die hormonelle Steuerung sowie das Unterdrücken von Menstruationsschmerzen die Erkrankung verschleiert wird und dies zu einer verzögerten Diagnostik führt.
Außerdem sollte bei einer potenziellen Endometriose auf keinen Fall die Kupferkette oder Kupferspirale als Verhütungsmethode gewählt werden. Die Kupferspirale führt oft zu einer verstärkten Regel, wodurch mehr „Gebärmutterschleimhaut“ verschleppt werden und die Endometriose sich ausbreiten kann.
Die Kupferkette sollte eher vermieden werden, da Endometriose regelmäßig in Kombination mit Adenomyose auftritt. Dabei findet sich Gewebe aus den Drüsen der Gebärmutterschleimhaut innerhalb der Muskelschicht der Gebärmutterwand. Da die Kupferkette zur Verankerung in den Gebärmuttermuskel geschoben wird, kann diese Kombination zu schweren Nebenwirkungen und enormen Schmerzen führen.
Viele Mediziner:innen sind der Überzeugung, dass eine Ernährungsumstellung ein zusätzlicher Faktor dafür sein kann, Endometriosebeschwerden zu lindern.
Viele Mediziner:innen sind der Überzeugung, dass eine Ernährungsumstellung ein zusätzlicher Faktor dafür sein kann, Endometriosebeschwerden zu lindern. Vor allem Beerenobst, grünes Blattgemüse, Fermentiertes, komplexe Kohlenhydrate, sättigende Proteine und hochwertige Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren sind hierbei empfehlenswert. Mehr Infos zu Endometriose und Ernährung gibt es außerdem hier.
Endometriose ist ein komplexes, undurchsichtiges Krankheitsbild, dass etliche Betrifft und für das trotzdem so wenig Bewusstsein in unserer Gesellschaft herrscht.
Endometriose ist ein komplexes, undurchsichtiges Krankheitsbild, das etliche betrifft und für das trotzdem so wenig Bewusstsein in unserer Gesellschaft herrscht. Die Leidenswege sind teilweise unfassbar lang und von Unverständnis, Unsicherheit und Schmerz geprägt.
Lasst uns dem Ganzen mehr Sichtbarkeit geben und mehr Bewusstsein dafür schaffen. Bei Instagram haben wir ein Interview mit einer Betroffenen und es gibt ganz tolle Seiten, Literaturtipps und Initiativen, die sich dem Thema widmen. Eine von zehn Frauen in Deutschland leidet unter Endometriose und das sind verdammt viele.
Headerfoto: Polina Zimmerman via Pexels. (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!