Es gibt die Paare, die sich während Corona trennen. Auf einmal wird es ihnen zu eng, die Stimmung ist generell nicht gut, man transferiert den eigenen und gesellschaftlichen Missmut auf den:die Partner:in – und man lernt sich besser kennen. Was nicht immer von Vorteil ist.
Es gibt Paare, die sich während Corona noch mehr ineinander verlieben, die auf einmal verlobt und verheiratet und schwanger sind. Es gibt Paare, die sich während Corona erst kennen lernen – hallo, Tinder & Co.
Und es gibt Singles. Vor Corona, während Corona und wahrscheinlich auch noch nach Corona.
Die Distanz findet auch im Inneren Einzug
Wer als Single nicht viel von Dating-Apps hält, der hat zu Pandemie-Zeiten noch weniger Chancen, jemanden kennen zu lernen. Und dazu noch im Winter. Allein das Wissen darum kann für einen suchenden Single schon zur Belastung werden.
Wenn die Kontakte zu – eigentlich allen – Menschen reduziert werden sollen (will Mama Merkel so), wenn Restaurants, Bars, Gyms, sogar Läden schließen, dann verbringt man sehr viel mehr Zeit zuhause. Natürlich sieht man mal den einen oder die andere Freund:in, aber doch deutlich seltener. Viele wollen sich auch nur noch draußen treffen, man geht so viel spazieren wie noch nie zuvor.
Vielleicht geht man auch noch zur Arbeit – und trifft dort noch Kolleg:innen. Das sind die „glücklichen“ Leute, die zumindest noch etwas Zwischenmenschlichkeit erleben. Wer ins Home Office verbannt wird, hat kaum noch soziale Kontakte. Und dann noch als Single …
Ein Wechselbad aus Frustration und Depression
Auf Frustration folgt Depression folgt Frustration folgt Depression. Zwischendrin mal zum Altglas-Container, denn auf einmal ist alleine Trinken halt doch eine Alternative. Man muss sich nun schon sehr gut überlegen, wie man seine Zeit verbringt, da man sich ja quasi ständig nur mit sich selbst beschäftigt.
Auch wenn man oft telefoniert oder auch Video Calls macht – am Ende befindet man sich stets allein in den eigenen vier Wänden. Und die kommen einem irgendwann immer näher … eine gute Zeit, um selbige mal zu renovieren, Schränke auszumisten und Dachböden zu entrümpeln.
Am Ende befindet man sich stets allein in den eigenen vier Wänden. Und die kommen einem irgendwann immer näher …
Nach einem dreiviertel Jahr mit dem Virus hat wohl jede:r die Sportart gefunden, die am wenigsten nervt, wenn man sie allein zuhause macht. Oder man geht joggen. Allein. Nirgends mehr Gruppen von gut gelaunten Menschen.
Spätestens mit dem Verbot von Alkohol in der Öffentlichkeit mussten auch die freundlichen Glühweinverkäufer:innen einpacken. Es gibt neue Kontaktbeschränkungen, die kein Mensch versteht, aber das Motto ist klar: Bleibt zuhause, trefft so wenig Menschen wie möglich.
Vereinsamung vom Feinsten
Ich möchte die Probleme und Schwierigkeiten von Paaren und Familien nicht unter den Tisch fallen lassen, aber ich fokussiere mich hier auf Singles und das ständige Alleinsein. Sind die Entwicklungen, die wir Deutschen durch die Corona-Maßnahmen betreiben, extrem Single-feindlich? Vereinsamung vom Feinsten! Egal, in welchem Alter.
Wenn du zuhause niemanden hast, mit dem du dich unterhalten kannst, niemanden siehst außer deinem eigenen Spiegelbild, wochen- und monatelang die meiste Zeit mit dir selbst verbringst … Hast du dich auch schon gefragt, ob sich Einzelhaft wohl so ähnlich anfühlt?
Als Single im Home Office in Kurzarbeit – nur zu Hause, wenig Arbeit, immer allein. Und das noch im Winter. In Hamburg. Wochenlang nur grau, grau, nass, grau, kalt. Liebes Gesundheitssystem, ich hoffe, du hast genügend Psycholog:innen am Start, um diesen Scherbenhaufen am Ende wieder aufzukehren.
Her mit den kleinen Freuden!
Im Ernst – wir brauchen kleine Freuden! Aber woher bekommt man die? Wie manövriert man sich am besten durch diese sowohl weltweite als auch persönliche Krise? Es gibt leider kein Patentrezept. Zum Ende dieses Beitrags kann ich dir nicht den perfekten Tipp geben, der sich von all den bereits 1000 Mal gelesenen Ratschlägen abhebt.
Seh nicht zu sehr schwarz und weiß. Male in verschiedenen Grautönen.
Aber ich kann dir verraten, was mir gelegentlich hilft: Sei gut zu dir selbst und suche dir Gesprächspartner:innen. Halte durch. Irgendwann muss es ja besser werden. Das Leben war auch „BC“ (before Corona) nicht immer nur toll, erinnerst du dich? Seh nicht zu sehr schwarz und weiß. Male in verschiedenen Grautönen. Und. Halte. Durch. Du bist nicht allein mit deinen Gefühlen.
Trau dich zu sagen, wenn es dir schlecht geht. Immer. Niemand muss so tun, als wäre immer alles okay. Das gilt auch außerhalb von Corona-Zeiten. Vielleicht kann die im gegenteil-Community sich ja ein bisschen gegenseitig unterstützen?
Anm. d. Red.: Wir finden es wichtig, einzelne Perspektiven von Betroffenen und die damit verbundenen Belastungen in der Corona-Pandemie zu zeigen. Wir sind alle auf unsere ganz persönliche Weise betroffen. Die meisten Maßnahmen sind aus unserer Sicht berechtigt und notwenig, um die Pandemie einzudämmen – auch wenn das Einhalten schwerfällt. Alle Artikel zum Thema Corona findest du hier.
Headerbild: shannon VanDenHeuvel via Unsplash. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür!
Da wurde mal wieder der Nagel auf den Kopf getroffen.
Partnerbörsen/Online Dating….auch nix für mich.
Singel-Corona-Kurzarbeit und Kinder außem Haus ….ist ein Mix wo selbst Psychologen nicht helfen können.Selbst wenn man das Glück hat eine der wenigen zu sein die eine phsycholische Hilfe an der Seite hat.
Der Artikel ist super geschrieben und ich glaub auch wir können nur abwarten und durchhalten…
Geh ich voll und ganz mit! Von tinder & co. halte ich nicht viel und ständig im Winter in irgendeiner Wohnung zu hocken (gemeint ist auch die von Freunden), macht einen nur verrückt! Der Winter soll nur schnell wieder vorbei gehen!
Das habe ich alles Anfang 2021 in Berlin erlebt als Single. Richtig ätzend. Nichts hatte geöffnet, die eigene Wohnung als Ort für ein Date anzugeben war aus meinen Augen eine sehr gute Idee aber dann irgendwie doch nicht. Habe unter anderem eine Lehrerin in Quarantäne via Tinder kennen gelernt und da war das erste telefonieren mit baldigem FaceTime auch voll ok. Daniel führt es oben sehr schön aus: Kontakte, die mir dann erst mal einen Videochat-Link schicken breche ich gleich ab, bzw. habe ich gleich abgebrochen. Wir sind schließlich emphatische Wesen und ich muss einfach in die Augen der Dame mir gegenüber gucken können. Ein sehr schöner Artikel. Aber es sei dazu gesagt: Psychologen sind an ihrer absoluten Belastungsgrenze wie auch die Sorgentelefone. Diese brauchen dringen Kollegen, die die Sorgen und Nöte der Leute zumindest erst einmal anhören. Jeder, der alleine gelassen wird/bleibt ist tatsächlich gefährdet.
Treffend beschrieben! Einige scheinen sich aber schnell mit den neuen Umständen abgefunden zu haben. Habe erst vor kurzem eine Statistik gelesen, wonach einige befragte Singles Videochat auch nach Corona beibehalten möchten, bspw. um sich vor einem ersten „echten“ Treffen erstmal online beschnuppern zu können. Einerseits kann ich das verstehen, insbesondere ängstliche Leute haben so erstmal einen sicheren, virtuellen Raum, um das Gegenüber kennenzulernen. Andererseits graut es mir, bei jedem ernsteren Flirt irgendwann einen Zoom-Link oder eine Einladung für Microsoft-Teams Meeting zu bekommen 😀
fühl ich 1:1! immerhin gut zu wissen, dass man das wirklich nicht allein so empfindet …nicht nur allein dass dating wirklich grauenhaft geworden ist auf Tinder & co. und grade jetzt mehr denn je frustriert, selbst an Freundschaften mangelt es so sehr, dass alles oft nur schwer zu ertragen ist. selbst regelmäßige Therapiegespräche bringen da wenig Ernüchterung, das kannst du dir einfach nicht schön reden und es ist nichts was jemand für dich lösen könnte durch tiefenpsychologische Analysen.
aber ja, tapfer bleiben und sich an den kommenden Sonnenstrahlen und Jahreszeiten erfreuen. es kommen bessere Zeiten – das ist sicher! Haltet durch LeidensgenossenInnen!
Single und Alleinerziehend und Vollzeitjob seit März 2020 im Home-Office, mit zusätzlichem Homeschooling.
Selbst wenn man voll auf Tinder & Co. abfährt, schlichtweg unmöglich, da noch jemanden kennenzulernen.