Diesen Text zu tippen, kostet mich wahnsinnig viel Überwindung, weil ich über etwas schreibe, das ich bis vor kurzem als moralisch verwerflich, nicht tragbar und für mein eigenes Leben gänzlich ausgeschlossen hatte: Eine Affäre mit einem verheirateten Mann. Autsch. Aber es ist jetzt so. Ich kann es nicht mehr weg argumentieren.
Teil 1: So reingerutscht
Was habe ich mich wochen- und monatelang dagegen gewehrt, mich einzulassen, mir immer wieder meine hohen Werte vorgepredigt und mich moralisch selbst verurteilt, so dass mir schon bei dem Gedanken daran speiübel wurde. Und dennoch haben wir uns getroffen, geredet, getroffen, geredet und getroffen und geredet und irgendwann kam der Orangen-Rum-Punsch dazwischen und hat mir meine inneren Predigten aus dem Kopf gespült.
Die Konsequenz: Wir sind übereinander hergefallen. Peng. Das Problem ist ja, dass ich jetzt den Alkohol vorschieben kann, was ich aber nicht mache. Denn ich wollte es so. Der Alkohol hat mir nur dabei geholfen, meine innere Stimme und meinen Kopf ruhig zu stellen. Mittlerweile sehen die Treffen etwas anders aus, aber sie finden in aller Regelmäßigkeit statt. Zwischen Treffen, Reden, Treffen steht nun noch Sex, Sex, Sex, Reden, Treffen, Sex, Reden, Sex, Sex usw. Somit gestehe ich mir also in diesem Moment, in welchem ich diese Zeilen schreibe ein: Ich bin die Andere.
Zwischen Treffen, Reden, Treffen steht nun noch Sex, Sex, Sex, Reden, Treffen, Sex, Reden, Sex, Sex usw. Ich bin die Andere.
Und so sitze ich hier, hatte heute wieder einen wirklich schönen Nachmittag mit ihm und frage mich: „Wann muss ich die Grenze ziehen? Ihn vor die Wahl stellen? Es möglicherweise beenden?“ Ehrlich gesagt weiß ich es nicht.
Für den Moment bleibt mir nur die eine Erkenntnis: Jetzt gerade aktuell und in diesem Augenblick will ich es. Es geht mir gut damit und ich genieße jedes Mal, wenn wir uns sehen. Das heißt eigentlich, ich mache erstmal so weiter oder? Ja, ich denke schon.
Wenn der Tag kommt und ich spüre, dass ich es nicht mehr genieße, nicht mehr im Moment bin, nicht mehr offen und frei, dann ist es wohl auch an der Zeit, die bereits erwähnte Grenze zu ziehen und es zu beenden. Zu meinem Schutz. Für mein Herz.
Dann kann er etwas ändern, um mich zu halten – oder es eben sein lassen. Das liegt dann nicht mehr in meiner Hand.
Ich denke, das ist ein Plan. Gut so.
Teil 2: Die Andere zu sein, ist nichts für mich
Die gute Nachricht vorab: Im Grunde hatte ich diese Geschichte schon vor Wochen zu Ende geschrieben, denn mein Plan ist voll aufgegangen. Das heißt: Ich musste ihn durchziehen, um mein Herz zu schützen.
Es tut natürlich trotzdem weh, denn wenn ich diesen Kerl anschaue, bekomme ich in mir drin ein so großes JA, dass es mir selber Angst macht. Dennoch muss ich ihn aufgeben.
Ich kann nicht parallel eine Beziehung aufbauen und so lange warten bis er sich vielleicht irgendwann mit uns safe genug fühlt, um seine Frau zu verlassen. Das war und ist seine Vorstellung. Es geht hierbei nicht um den Schutz seines Sohnes, auch wenn er das behauptet.
Ich will diesen Mann ohne Wenn und Aber, ja. Ich kann mich dafür aber nicht selbst verleugnen. Das halte ich nicht eine Sekunde länger aus.
Am Ende des Tages geht es nur um ihn selbst. Dass er den Akt einer Trennung innerlich nicht aushält und ihn deshalb versucht mit allen Mitteln zu vermeiden. So lange, bis wir entweder auffliegen und sie sich dann selber trennt oder er sich eben mit mir safe genug fühlt. Aber ich bin keine Zweitfrau, keine Absprungfrau und schon gar keine Geliebte. Das weiß ich jetzt. Ich bin dafür gänzlich ungeeignet.
Ich will diesen Mann ohne Wenn und Aber, ja. Ich kann mich dafür aber nicht selbst verleugnen. Das halte ich nicht eine Sekunde länger aus. Und so sitze ich hier, habe gefühlt 100 Mal am Tag den Impuls, mich bei ihm zu melden und jedes Mal schaffe ich es, kurz vorher noch das Handy wegzulegen.
Wenn es ihm wirklich um mich als Mensch geht, dann kriegt er den Arsch hoch und findet einen Weg zu mir. Diese Ehe ist ohnehin kaputt, dafür ist er schon 10 Schritte zu weit gegangen. Und auch wenn es weh tut, sein Kind wird ein Scheidungskind werden, früher oder später. Wenn nicht wegen mir, dann eben wegen einer anderen, die etwas weniger Skrupel hat als ich.
Ich hingegen werde ihn vermissen und dennoch dankbar sein, jetzt zu wissen, wie ich mir wünsche, dass es sich anfühlt. Genau so, nur auf einer ehrlichen Ebene.
Vielleicht wird er jetzt auch einfach seinen Verdrängungsschalter umlegen und weitermachen, als sei nichts gewesen.
Ich hingegen werde ihn vermissen und dennoch dankbar sein, jetzt zu wissen, wie ich mir wünsche, dass es sich anfühlt. Genau so, nur auf einer ehrlichen Ebene. Und einem Fundament, das nicht auf einem Lügenkonstrukt gebaut ist.
Denn darauf kann nichts wachsen, das Bestand hat. Das wird irgendwann einstürzen. Aus den exakt gleichen Gründen. Weil sich Geschichten so lange wiederholen, bis man gewillt ist, etwas zu verändern. Und den Willen zur Veränderung suche ich bei diesem Mann wahrscheinlich vergeblich.
Um dem Ganzen zum Schluss noch ein wenig an Dramatik zu nehmen, halten wir uns an die Fakten: 9 von 10 Ehemännern bleiben trotz Geliebter letzten Endes bei der Ehefrau. Keinen Arsch in der Hose haben also fast die meisten Kerle. Da findet sich mein Exemplar also in bester Gesellschaft.
Dieser Text ist bereits hier erschienen.
Headerbild: William Randles via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!