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„Noch ein Drink, dann bin ich soweit, dich anzusprechen.“ „Du bist mir zu nett.“ „Ich mag deine Schuhe, die sehen so bequem aus.“
Das sind drei klassische Beispiele des Neggings, einer Taktik, die Pick-up-Artists anwenden, um Frauen rumzukriegen. PUAs sind wiederum heterosexuelle Männer, deren Ziel es ist, Experten in der “Kunst der Verführung“ zu werden. Das klingt vielleicht erst mal nicht sooo krass, ist es aber. Denn viele von ihnen wollen einfach nur um jeden Preis eine Frau flachlegen – und anschließend für diesen “Lay“ in der Community von den anderen Mitgliedern gefeiert werden. (Japp, sie haben ihre eigene Sprache. Und ein Rankingsystem für Frauen). Viele der PUA-Gruppen sind regelrecht frauenfeindlich. Und es gab sogar schon Vorwürfe, die besagen, sie würden im Zusammenhang mit Gewalttaten stehen. So war Elliot Rodger, der 2014 sechs Menschen tötete, beispielsweise Mitglied eines PUA-Onlineforums.
Aber zurück zum Negging.
In seinem Artikel in der New York Times von 2004 schreibt der Pick-up-Artist Neil Strauss die Erfindung des Neggings dem PUA Erik von Markovik zu. „Es ist weder ein Kompliment, noch eine Beleidigung. Ein Neg hat zwei Aufgaben: Das Selbstbewusstsein einer Frau für einen Moment senken und Neugier weckendes Desinteresse suggerieren“, so Strauss.
Ich persönlich finde die folgende Definition, die im Urban Dictionary steht, passender: „Negs sind minderwertige Beleidigungen, die das Selbstbewusstsein von Frauen schwächen sollen, damit sie verwundbarer und empfänglicher für die Anmache sind. Das ist etwas, das kein anständiger Typ jemals machen würde! Man sagt, Arschlöcher landen bei Frauen, aber ich rieche Negs 10 Meilen gegen den Wind und dann erteile ich dem Scheißkerl direkt eine Abfuhr.“
Ich finde super, dass du nicht so viel in dein Aussehen hineinsteckst. Du bist so authentisch.
2015 fragte die Plattform Jezebel die Leserschaft nach den „besten schlimmsten Negs, die sie je gehört haben“. Unter den Antworten waren folgende Sprüche: „Normalerweise mag ich dünne, hübsche Barbie-Typen, aber ich mag dich. Du bist so real, so unkompliziert. Ich finde super, dass du nicht so viel in dein Aussehen hineinsteckst. Du bist so authentisch“ oder „Ich mag Kumpeltypen. Du erinnerst mich an meine Oma. Aber du bist irgendwie auch sexy. Kann ich deine Nummer haben?“
Okay, wow.
Die Frage ist, klappt Negging wirklich? Gibt es Frauen, die darauf reinfallen? Um es kurz zu machen: Ja. Und da spreche ich aus eigener Erfahrung. Es gibt sogar eine wissenschaftliche Erklärung dafür. Laut Dr. Jeremy Nicholson, der für Psychology Today schreibt, wurde in einer Studie aus dem Jahr 1965 (ja, schon länger her, aber immer noch relevant) folgendes herausgefunden: Wenn jemand dafür sorgt, dass dein Selbstbewusstsein im Keller ist, findest du potentielle romantische Partner*innen auf einmal attraktiver. Allerdings funktioniert das nur auf kurze Sicht. „Taktiken wie diese sind oft das Resultat von Machtlosigkeit und niedrigem Selbstbewusstsein“, so Nicholson. „Am Ende führen sie wahrscheinlich nicht zu langanhaltenden, befriedigenden Beziehungen, sondern nur dazu, dass beide Parteien sich miserabel fühlen.“
Auch wenn es den Begriff des Neggings schon seit einer ganzen Weile gibt, wird die Technik auch noch im Jahr 2019 angewendet. Traurigerweise. Und genau deswegen solltest du auch wirklich vorsichtig sein, wenn du eine Frau bist, die Männer datet. Sobald ein Typ dich anquatscht und etwas zu dir sagt, das zwar keine offensichtliche Beleidigung ist, aber auch nicht einfach nur ein spielerisches Necken, sollten bei dir die Alarmglocken angehen.
Nicht nur Dating ist betroffen
Übrigens gibt es Negs laut Healthline nicht nur in der Datingszene. Tatsächlich können sie in jeder Art von Beziehung auftauchen und beispielsweise von Kolleg*innen, Verwandten oder Freund*innen ausgehen. Das Schlimme: Im Vergleich zum Pick-up-Artist, dem du einen Korb gibst und anschließend nie wieder siehst, sind diese Menschen Teil deines Lebens. Außerdem stehen sie dir eventuell sogar sehr nah, weshalb du ihnen erst Mal nichts Böses unterstellen würdest oder vielleicht sogar glaubst, es wäre was dran an ihrem Kommentar.
Also sagst du nichts dazu. Aber das ist gefährlich, denn über einen längeren Zeitraum angewendet, kann Negging zu verbalem oder emotionalem Missbrauch führen. Außerdem klingen die Sätze womöglich noch lange in deinem Unterbewusstsein nach und senken Stück für Stück dein Selbstbewusstsein.
Achte auf Zeichen!
Also achte auf die Zeichen. Wenn du dich erniedrigt oder respektlos behandelt fühlst oder wenn du über den angeblichen Witz auf deine Kosten einfach nicht lachen kannst, könnte das ein Hinweis auf einen Neg sein. Healthline empfiehlt in diesem Fall, die eigenen Gefühle offen zu kommunizieren und deutlich zu machen, dass das Verhalten nicht akzeptabel ist.
Mit einer Beleidigung zu antworten ist dagegen keine gute Idee, denn du willst dich ja nicht auf sein oder ihr Niveau begeben. Und wenn es wirklich eskaliert, solltest du überlegen, ob du den Kontakt zu der betreffenden Person nicht besser abbrechen solltest. Deiner Gesundheit zuliebe.
Headerfoto: Stockfoto von JKstock/Shutterstock. („Gesellschaftsspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!