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Sexparties umgibt ein gewisser Mythos. Für viele ist die Vorstellung etwas, von dem man uns beigebracht hat, dass es privat ist, in der Öffentlichkeit zu tun, gerade weil es ein Tabu ist, besonders spannend. Der damit verbundene Gedanke an sexuelle Ausschweifungen und vollkommener Hingabe reizt unsere Neugier nur noch viel mehr. Außerdem haben sich ein paar zugegebenermaßen recht unrealistische Erzählungen von Sexparties (ja, ich rede von dir, Eyes Wide Shut) in das gesellschaftliche Bewusstsein gemischt, was am Ende alles in allem zu einem ziemlich verqueren Verständnis davon, was so eine Orgie alles beinhaltet, geführt hat.
Das Ergebnis davon ist, dass man mir, wenn ich erzähle, dass ich regelmäßig an Orgien mit Freunden und ihren Partnern teilnehme, entweder mit erstarrtem Schweigen oder totaler Faszination begegnet. Falls du je an einer solchen Veranstaltung teilnehmen solltest, aber nicht so recht weißt, wie du es angehen sollst, folgen nun ein paar Ratschläge für Einsteiger.
Dinge, die man zuvor bedenken sollte
Orgien und Sexparties können ganz unterschiedlich aussehen. Sich vorher klarzumachen, welche Art von Erfahrung man sich erhofft, hilft dabei, die richtige für sich zu finden.
Zum Beispiel sind Swingerparties in Clubs ganz anders als BDSM-Events, die häufig in verliesähnlichen Locations stattfinden. Von diesen kleineren Veranstaltungen unterscheiden sich wiederum größere öffentliche Events, bei denen es separate Spielzimmer gibt, und private Parties, die bei jemandem Zuhause stattfinden. Die meisten Parties gehen bis in die frühen Morgenstunden, manche dauern sogar ein ganzes Wochenende.
Wenn du eher an traditionellerer Swingerparties denkst, könnten Fever Parties oder Killing Kittens etwas für dich sein. Oder versuche es mit einem Sexclub wie dem Le Boudoir. Hier sind auch viele heterosexuelle Paare unterwegs, die in einer offenen Partnerschaft leben. Das mag einem manchmal ein zunächst befremdlich vorkommen, aber als Neuling wird man von ihnen meist sehr freundlich aufgenommen.
Der Gastgeber stellte uns die anderen Gäste vor, die uns alle eine ähnliche Geschichte über ihr erstes Mal erzählten.
Als meine Freundin und ich zum ersten Mal auf eine solche Party gingen, klopften wir zunächst nervös an die Tür und führten im Flüsterton eine Unterhaltung darüber, ob wir nicht gerade einen großen Fehler machten und lieber wieder abhauen sollten. Glücklicherweise blieben wir lang genug dort stehen, sodass der Gastgeber schließlich die Tür öffnete und uns die anderen Gäste vorstellte, die uns alle eine ähnliche Geschichte über ihr erstes Mal erzählten.
Im Gegensatz zu dieser Art von Event sind Kinky Salon London und Sparkle Hard verspielter und „künstlerischer“. Auf diesen Parties gibt es Kabarett, DJs, Räume, in denen man sich einfach nur kennenlernen und unterhalten kann und separate Spielzimmer. Das einzige Kriterium um an einem der Sparkle Hard Events teilnehmen zu können ist, dass man Glitzer und Einhörner mag und du eine positive Beziehung zu deinem Körper und kein Problem damit hast, diesen auch zu präsentieren.
Sollte Geld ein Thema sein (was nicht unwahrscheinlich ist, da der Eintritt für solche Parties häufig bei 30 Euro aufwärts liegt), werden häufig auch reduzierte Tickets für Neulinge angeboten. Außerdem sind queere Gäste immer herzlich willkommen. Da lohnt es sich allerdings auch den Klub Fukk zu testen, sollte man sich für ein besonders queeres Event interessieren. Für einen Abend nur unter Frauen empfiehlt sich der Skirt Club.
Alle, die es besonders ausgefallen mögen, können After Pandora oder Subversion probieren. Gerade wenn du neu in der Szene bist, lohnt es sich auch Festlife ein Chance zu geben. Torture Garden ist keine reine Sexparty, ist aber definitiv sehenswert und bietet genug Raum sich zu amüsieren.
Wenn du dich erst einmal für ein Event entschieden hast, solltest du dich mit den Regeln für Mitglieder und dem allgemeinen Konsens und der Etikette des Events vertraut machen.
Wenn du dich erst einmal für ein Event entschieden hast, solltest du dich mit den Regeln für Mitglieder und dem allgemeinen Konsens und der Etikette des Events vertraut machen. Für viele Parties musst du dich zunächst registrieren und Mitglied werden. Über einige Veranstaltungen kannst du dich im Netz informieren und vorab herausfinden, was dich erwartet. Sei ein*e Streber*in und lies dich schlau.
Wenn es dir wichtig ist, die Leute zunächst einmal nur kennenzulernen, gibt es Reihe von Veranstaltungen, die auch Events anbieten, die nicht sexueller Natur sind. Das ist eine tolle Gelegenheit die Leute kennenzulernen, bevor man sie nackt auf der nächsten Party trifft und nimmt ein bisschen die Nervosität.
Eine Sexparty ist ein bunter Cocktail an Empfindungen.
Was die Unterhaltungen angeht, empfehle ich einfach offen und ehrlich auf die Leute zuzugehen und so mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Eine Sexparty ist ein bunter Cocktail an Empfindungen und je mehr du mit den Leuten sprichst, desto einfacher und entspannter wird die Sache für dich.
Der „Wir werden sehen was passiert“-Ansatz mag ja super unkompliziert erscheinen, könnte später aber zu einigen Problemen und verletzten Gefühlen führen.
Wenn du gemeinsam mit deine*r Partner*in zu einer Sexparty gehst, solltest du folgendes beachten: Wo sind deine Grenzen? Und wo die deine*r Partner*in? Ist es ok, sich mit jemand anderem zu amüsieren? Wenn ja, wie sehr? Ist es in Ordnung, wenn ihr euch getrennt voneinander amüsiert oder macht ihr alles zusammen? Was habt ihr hinsichtlich der Verhütung besprochen, wenn ihr mit anderen Sex habt? Wie sieht der Plan aus, wenn der eine gehen möchte und der andere gerade richtig Spaß hat? Der „Wir werden sehen was passiert“-Ansatz mag ja super unkompliziert erscheinen, könnte später aber zu einigen Problemen und verletzten Gefühlen führen.
Am Tag der Party
Es ist absolut normal, nervös zu sein! Du solltest aber möglichst vermeiden, dich zuvor zu betrinken oder high zu werden, um das zu ändern. Es ist eine Frage von Respekt, nüchtern zu erscheinen und auf vielen Events wir man dich bitten zu gehen, solltest du dies nicht beachten. Konsenskultur ist das Fundament dieser Veranstaltungen, daher empfehle ich, sich zuvor genauestens zu informieren.
Auf den meisten Events geht es erst einmal darum, Kontakte zu knüpfen und sich kennenzulernen bevor es ans Eingemachte geht.
Auf den meisten Events geht es erst einmal darum, Kontakte zu knüpfen und sich kennenzulernen bevor es ans Eingemachte geht. Du musst also nicht direkt ins kalte Wasser hüpfen und falls du dein Fetischoutfit nicht schon im Nachtbus tragen möchtest, gibt es auch einen Umkleideraum. Eine kleine Randnotiz zum Outfit: Einige Parties haben einen speziellen Dresscode oder geben ein bestimmtes Thema vor, aber darum würde ich mir keinen großen Kopf machen. Du wirst wahrscheinlich ziemlich schnell das Passende finden. Ich habe einmal Stunden damit zugebracht mein Gesicht wie das einer Biene zu bemalen, nur um das Ganze bei ein paar besonders enthusiastischen Oralaktionen bis zur Unkenntlichkeit zu verschmieren.
Wenn du dich mit anderen Gästen unterhältst, sage ehrlich, dass du das erste Mal da bist. Es gibt keinen Grund deine Erfahrungen auszuschmücken. Schließlich war jeder irgendwann mal neu hier. So gibst du den anderen die Möglichkeit, besser auf dich eingehen zu können und dich zu unterstützen und willkommen zu heißen.
Wie an jedem anderen Abend an dem du ausgehst, hilft es die Erwartungen von dem, was passiert, realistisch zu halten. Es könnte möglicherweise eine großartige, lebensverändernde erotische Erfahrung werden oder du könntest lustlosen Sex haben und früh nach Hause gehen. Das ist ok.
Am Ende hatte einfach niemand Sex.
Nicht jede Orgie ist ein Mischung aus den Filmen Shortbus und Caligula. Eine Freundin von mir war kürzlich auf einer privaten Veranstaltung, bei der die Chemie in der Gruppe einfach nicht stimmte und am Ende hatte einfach niemand Sex. Stattdessen spielten sie schließlich eine ziemlich unschuldige Version von Flaschendrehen.
Auf den meisten Parties werden Verhütungsmittel verteilt, aber es kann nicht schaden, selbst vorbereitet zu sein. Du kannst auch deine liebsten Sexspielzeuge mitbringen. Ich habe festgestellt, dass das ein ziemlich guter Einstieg in eine Unterhaltung mit jemandem, mit dem man später Spaß haben möchte, sein kann. Wenn du jemanden im Auge hast, der eine Peitsche, einen Vibrator oder ähnliches dabei hat, stell dich dazu und erzähle, dass du darüber nachdenkst, dir auch so etwas zuzulegen und ob er/sie dir zeigen könnte, wie es funktioniert.
Du darfst jederzeit einfach gehen, wenn du dich nicht wohlfühlst.
Und letztlich ist es entscheidend zu wissen, dass es absolut in Ordnung ist zu einer Sexparty zu gehen und am Ende überhaupt keinen Sex zu haben. Deine Teilnahme ist keine Garantie dafür, dass etwas passiert. Wenn ich mir bei einem Event nicht ganz sicher bin, behandle ich es wie jede andere Veranstaltung, auf der es nicht um Sex geht, und wenn es dann doch dazu kommt, ist das ein toller Bonus, aber in keinster Weise essenziell, um den Abend zu einem Erfolg zu machen. Und natürlich darfst du jederzeit einfach gehen, wenn du dich nicht wohlfühlst.
Sexparties ermöglichen, heiße sexuelle Erfahrungen machen zu können. Orgien haben mir dabei geholfen, herauszufinden, was ich im Bett wirklich mag und mir Erlebnisse verschafft, die mir immer wieder als Masturbationsvorlage dienen. Sie haben mich selbstbewusster im Bezug auf meinen Körper gemacht und mir generell eine positivere Einstellung dazu verschafft.
Häufig wird uns nur eine eindimensionale Vorstellung davon, wie Sex auszusehen hat, vermittelt.
Häufig wird uns nur eine eindimensionale Vorstellung davon, wie Sex auszusehen hat, vermittelt und es ist so unglaublich aufregend (und heiß) in einem Raum voller unterschiedlicher Menschen, mit unterschiedlichen Körpern zu sein, die miteinander Sex haben. Ich habe entzückende Menschen kennengelernt. Mit manchen bin ich heute eng befreundet und teile wichtige Erfahrungen mit ihnen. Darüber hinaus haben sie mir gezeigt, wie großartig es sich anfühlt sich sexuell auszuleben und das Ganze nicht zu ernst zu nehmen.
Übersetzung: Anna Hackbarth
Headerfoto: Stockfoto von Max4e Photo/Shutterstock. („Körperliches“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!