Marathonrausch – Das Glück und die Medaille gehören allein mir

Es war wie ein Rausch der Gefühle.

Ich bin den Marathon gelaufen, mit Krisen, aber auch mit großen Glücksgefühlen am Ende. Ohne jemanden, der mit mir feierte. Das ist jedoch okay. Der Marathon ist meiner. Die Medaille ist meine. Die Glücksgefühle kamen ganz aus mir selbst. Und auch, wenn ich dachte, nach dem zweiten Mal das Thema “Marathon” abgeschlossen zu haben, hielt ich wieder Ausschau nach Gelegenheiten, ihn wieder zu laufen. Da kommt das erkämpfte Glück ganz gewiss nach 42 Kilometern, sofern man nicht aufgibt.

Kennengelernt im Katzencafé, die Katzen haben wir dann nicht gesehen, nur uns. Es war ein Date, das ich eigentlich nicht wollte, mich sogar dazu aufraffen musste. Ich wusste, ich muss raus. Raus aus der Beziehung zu einem verheirateten Mann. Dann warst du da.

Der Marathon ist meiner. Die Medaille ist meine. Die Glücksgefühle kamen ganz aus mir selbst.

Und es war schön. Wir plauderten, anfangs trankst du Kaffee, dann Bier mit mir. Wie vertraut alles sei, sagtest du. Wir küssten uns, wollten mehr, wollten einander.

Aber nicht beim ersten Date. Für das zweite kaufte ich schon eine Zahnbürste für dich. Du brachtest deine mit. (Die hab’ ich dir noch nicht zurückgegeben, du mir meine schon.) Freitag und mehr, das war ausgemacht. „Manchmal muss man mal Glück haben”, schriebst du. Es war sehr aufregend und verdammt schön, wir schliefen miteinander, kochten, tranken Wein, hatten wieder Sex, redeten, hörten Musik, schliefen ein.

Am nächsten Tag ein Ausflug. Zusammen den Tag verbringen, alte Geschichten zum Besten geben, von verflossenen Beziehungen erzählen, sagen, dass das ja für uns keine Rolle spiele, wir neu anfangen wollen. „Ein verfickt schönes Wochenende”, sagtest du.

Das nächste Wochenende kam und der Rausch kehrte wieder. Der Rausch des Zusammenseins, des Ausbrechens aus der Welt.

Es langsam angehen lassen, das Wochenende genießen, in die Beziehung mit Bedacht einsteigen. So verging die Woche mit Whatsapp-Nachrichten, bis das nächste Wochenende kam und der Rausch wiederkehrte. Der Rausch des Zusammenseins, des Ausbrechens aus der Welt.

Dazwischen eine Nachricht von mir: „Ich wünschte, wir würden uns darauf einlassen”. Du: „Ich tu mir grad schwer mit Entscheidungen.” Ein Dämpfer.

Dann das Marathon-Wochenende. Ich war nicht gut genug trainiert, zu sehr abgelenkt von Liebesdingen, hatte ein schlechtes Gefühl, wollte eigentlich gar nicht laufen, sondern mich in den Liebesrausch begeben. Du warst anders, den Rausch haben wir uns dennoch geholt.

Dann kam der Marathon. Bei der Hälfte der Strecke, einem Halbmarathon, aussteigen, das war der Plan, aber dann flog ich dahin. Kilometer 20 und immer noch gut gelaunt und ich bog auf die Marathonstraße ein, noch 22 Kilometer vor mir. Ab Kilometer 25 kam die Krise, die Marathonkrise. Zwischen Kilometer 30 und 40 die Sinnkrise, dann das Glück. Das Marathonglück.

Ab Kilometer 25 kam die Krise, die Marathonkrise. Zwischen Kilometer 30 und 40 die Sinnkrise, dann das Glück. Das Marathonglück.

Ich habe meinen zweiten Marathon vollendet. 45 Minuten schneller als beim ersten, ganz ungeplant, fast auch ungewollt. Ganz für mich.

Am nächsten Tag schriebst du, wir müssten reden, du wolltest etwas Unverbindliches, auch andere Frauen treffen. Ich hatte Muskelkater und wollte laufen.

Barbara, 39, Marathonläuferin, Raucherin und immer wieder verliebt. Marathon laufen – quasi Midlife – vielleicht auch Crisis, dazwischen funkt die Liebe dazwischen.

Headerfoto: Stockfoto von Dirma/Shutterstock. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

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