Es ist Sonntagabend und ich sitze im Zug auf dem Weg nach Hause. In Berlin habe ich mich heute mit anderen Frauen getroffen, die es wie ich lieben, Neues auszuprobieren und die auch alleine reisen.
Erwartungen an das Treffen hatte ich vorher keine. Um ehrlich zu sein, hatte ich heute nicht einmal richtig Lust mein Bett zu verlassen. Ein diesiger Tag im November eben. Doch nun bin ich glücklich. Und vollgefuttert, dank Currywurst und Kalter Hund.
Als kleines Mädchen malte ich mir aus, wie es wäre, später einmal andere Länder zu bereisen.
Als kleines Mädchen malte ich mir aus, wie es wäre, später einmal andere Länder zu bereisen. Ich war ganz gespannt darauf, andere Sprachen zu hören, neue Tänze und Musik, neues Essen, neue Orte, andere Menschen kennenzulernen. Andere Rituale, Bräuche, Traditionen. Ich wollte Journalistin werden. Schreiben, über Menschen und die Geschichten, die das Leben ihnen zuteilt oder die sie selbst schreiben. Ich wollte fotografieren, ferne Länder, Städte, Tiere, Farben. Reisen und mit neuen Eindrücken im Rucksack zurück kommen.
Heute bin ich erwachsen. Aus mir ist keine Journalistin geworden. Doch das kleine Mädchen in mir, es ist lebendiger denn je! Ich bin so aufgeschlossen und interessiert wie nie. Mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die eben noch Fremde waren und die auch in den meisten Fällen wieder irgendwohin verschwinden, die ich vermutlich nie wieder sehen werde… diese Begegnungen stillen meine Neugier und erfüllen mich mit ganz viel Freude im Herzen.
Ich erfahre mehr über andere, über ihre Sichtweisen, ihr Leben, ihre Ängste. Ich stelle Unterschiede fest, aber auch Gemeinsamkeiten.
Ich erfahre mehr über andere, über ihre Sichtweisen, ihr Leben, ihre Ängste. Ich stelle Unterschiede fest, aber auch Gemeinsamkeiten. Dadurch komme ich weniger in Versuchung, Menschen die ich nicht kenne, zu verurteilen und in Schubladen zu stecken.
Über mich selbst lerne ich dabei auch eine ganze Menge. Denn die anderen und auch ich stelle mir Fragen, die nie aufkommen würden, würde ich mich immer nur in meinem bekannten Terrain bewegen. Und so ist dieses Ausprobieren, Entdecken, Erkunden und Kennenlernen für mich eine Reise zu dem Kind in mir, das sich neugierig umschaut und von ferne Länder träumt.
Da ist der Italiener in dem Zug von Lagos nach Faro, der mir von seiner Wanderung durch Portugal erzählt hat und mit dem ich mich gerne noch viel länger unterhalten hätte. Da sind die Holländer in Köln, die mit meiner Freundin und mir in der Jazzbar bei einem Bier über die Unterschiede unserer Kulturen sinnierten. Da ist diese Französin im Süden Portugals, die, wie ich, einfach die Zeit genoss und den Wein und die Straßenmusik an diesem lauen Sommerabend.
Weil diese Welt so schön ist, so bunt und vielfältig.
Dass ich mich zu ihr setzte, war für uns beide ein großer Gewinn. Da sind diese Frauen aus Berlin, die wie ich diese Offenheit im Herzen tragen und sich nicht beirren lassen, wenn sie auch mal enttäuscht wurden.
Und ich wünsche ihnen wie mir, dass wir uns diese Offenheit stets bewahren. Weil diese Welt so schön ist, so bunt und vielfältig. Weil wir nur einmal hier sind und weil es auf dieser Erde so viel lebenswerter ist, wenn wir miteinander leben.
Headerfoto: Austin Pacheco via Unsplash. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!