Wenn ich gesund bin und die Schmerzen fort sind, dann bin ich glücklich. Wenn ich meinen Traumjob gefunden habe und genug verdiene, dann bin ich glücklich. Wenn ich ruhiger und gelassener geworden bin, dann bin ich glücklich. Wenn ich nur endlich meinen Traumpartner – ach Moment, stimmt, den hab ich doch schon. Merkt Ihr’s?
Meine Güte, ist die Gegenwart denn so eine Scheißzeit? Ist das Hier und Jetzt so ein mieser Ort?
Meine Güte, ist die Gegenwart denn so eine Scheißzeit? Ist das Hier und Jetzt so ein mieser Ort? Vielleicht kennt Ihr solche Gedankengänge auch. Vielleicht knüpft Ihr Euer Glück auch an Bedingungen, die allzu oft in ferner Zukunft und dazu auch noch im Außen liegen. Das Problematische an der ganzen Sache ist, dass wir damit gar nicht mehr aufhören.
Klar, irgendwann haben wir endlich das ultrawichtige Projekt abgeschlossen, irgendwann haben wir endlich die begehrte Beförderung gelandet, irgendwann haben wir uns endlich diesen süßen, flauschigen Hundewelpen angeschafft.
Und für einen Moment fühlt sich das auch richtig gut an. Aber wenn wir dann für alle Ewigkeiten zufrieden wären, gäbe es auch heute diesen Text nicht.
Aber ist das ein Grund, nicht glücklich zu sein?
Der Glaube, dass man irgendwann „da“ ist oder gar „es“ geschafft hat, ist ein Trugschluss.
Der Glaube, dass man irgendwann „da“ ist oder gar „es“ geschafft hat, ist ein Trugschluss. Ebenso der Glaube, dass Glücklichsein zwangsläufig ein Ergebnis von etwas sein muss. Glück vielleicht, ja, aber nicht das Glücklichsein – denn das soll gelebt sein. Und dafür muss ich mich immer wieder aufs Neue entscheiden. Und zwar für das Hier und Jetzt – für die Gegenwart.
Neulich in einer Frauengruppe erzählte eine der Teilnehmerinnen vom persönlichen Schicksal und ihrem Hadern damit. Irgendwann fragte die Leiterin: „Ist das ein Grund, nicht glücklich zu sein?“ Mein Verstand wetterte sofort los: Natürlich ist es das! Die Umstände sind ja wohl wirklich ernst und schmerzhaft und blöd und scheiße sowieso. Ich hab dabei voll am Punkt vorbei argumentiert.
Die Situation ist da und sie ist natürlich schmerzhaft und darf auch nicht klein- oder gar schöngeredet werden. Doch wie sie sich auf unser Verständnis von einem guten Leben auswirkt, ist am Ende des Tages immer noch unsere Entscheidung.
Schmerz ist unvermeidlich, Leiden ist freiwillig. Wer hat das noch mal gesagt?
Schmerz ist unvermeidlich, Leiden ist freiwillig. Wer hat das noch mal gesagt? Das hört sich zwar erstmal ganz schön hart an. Doch die Wahrheit ist: Vieles von unserem Drama ist tatsächlich hausgemacht.
Klar, es gibt viele Dinge, auf die wir Einfluss nehmen können. Aber es existieren auch ebenso viele, wenn nicht sogar unendlich viel mehr Umstände, die wir einfach nicht verändern können, die wir hinnehmen müssen. Das einzige, was uns offen steht, ist unser Umgang damit. Und sich nicht ständig im Krieg gegen das, was ist – also das Jetzt –, zu befinden, kann dabei ungeheuer hilfreich für das eigene Glücksempfinden sein.
Ich selbst scheitere noch in 99% aller Fälle genau daran. Bei manchen Dingen fällt es mir leichter: Das Wetter zum Beispiel, das kann ich nämlich tatsächlich nicht ändern. Schockierend, ich weiß!
Schmerz und Krankheit mit all ihren Einschränkungen hinzunehmen ist dann allerdings schon fortgeschrittenes Niveau. Vor allem dann, wenn nicht abzusehen ist, ob und wie es jemals wieder besser wird.
Aber daher ja auch dieser Text. Um mir zu beweisen, dass es sich nur lohnen kann, meine eigenen Bewertungen zu hinterfragen.
Aber daher ja auch dieser Text. Um mir zu beweisen, dass es sich nur lohnen kann, meine eigenen Bewertungen zu hinterfragen. In meinem eigenen Tempo, versteht sich. Auch wenn das bedeutet, dass momentan mehr als ein skeptisches Anpirschen noch nicht drin ist.
Denn dass ich ab morgen freudestrahlend jedes neue Symptom mit einem herzlichen „Willkommen“ empfange, sehe ich noch nicht so. Darum geht es aber auch nicht. Nein, es geht einzig und allein darum, mir bewusst zu machen, dass im Annehmen eine Chance auf die Zufriedenheit steckt, die wir uns so sehr wünschen.
Und oftmals bin ich noch sehr mit meinem Schmerz, meinen negativen Gefühlen und meinem Kummer identifiziert, ja, stimmt! Aber manchmal, ja manchmal, schaffe ich es, aus meiner Geschichte, die ich mir in meinem Kopf über mich und mein Leben und alles, was gerade schief läuft, erzähle, auszusteigen.
Und plötzlich ist da eine köstliche Pause und ein Raum voller neuer Möglichkeiten. Trotz allem, was gerade so abgeht.
Headerfoto: Joanna Nix via Unsplash. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!