Ich bin ein Mann und mag keine Blowjobs


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Als ich auf die Welt kam, entschieden sich meine jüdischen Eltern gegen eine Brit Mila, also gegen eine traditionelle Beschneidung. Sie hielten den feierlichen Zirkus für überflüssig und ließen ganz einfach meinen nicht-jüdischen Kinderarzt den Schnitt durchführen. Aufgrund seiner wackeligen Hand hinter dem Messer ist allerdings, wie soll ich das sagen, etwas Vorhaut von dem vermasselten Einschnitt übrig.

Seit jeher fühle ich mich unwohl, wenn ich nackt bin – vor Blowjobs graut es mir nur so. In meinem Leben habe ich schon um die 100 Blowjobs von tollen Frauen abgelehnt, weil ich mich nicht überwinden konnte. – Ja, man fängt irgendwann an zu zählen.

Es ist nicht so, als würde mein Penis Traumata hervorrufen. Keine Frau ist je bei dem Anblick meines besten Stücks schreiend davon gelaufen.

Es ist nicht so, als würde mein Penis Traumata hervorrufen. Keine Frau ist je bei dem Anblick meines besten Stücks schreiend davon gelaufen. Es ist auch gar nicht so viel Vorhaut, die nach dem Malheur übrig geblieben ist, und angeblich passiert das gar nicht so selten nach einer Beschneidung. „Es schien uns besser, es zu lassen, als noch mal daran herumzupfuschen“, sagte meine Mutter mir vor kurzem, in einer der unangenehmeren WhatsApp-Unterhaltungen, die ich in meinem Leben geführt habe.

Ich denke, es war die richtige Entscheidung. Aber zu wissen, dass meine Genitalien zum Teil das Ergebnis eines Unfalls sind, macht mich, nun ja, scheu, wenn sich die Aussicht auf einen Blowjob präsentiert.

Als mir ein Mädchen zum ersten Mal einen Blowjob geben wollte, war ich 22 und das Ding wurde sofort weich. Das war im College. Es war unser erstes Date, wir hatten uns in einem Politikkurs kennengelernt und ich stand unglaublich auf sie. Aber die Vorstellung von Oralsex brachte meinen Penis dazu, sich zu verkriechen. Sobald sie jedenfalls bemerkt hatte, das irgendetwas mit meinem Schwanz nicht stimmte, ließ sie ihn fallen.

Sich beim Sex verletzbar zu zeigen, ist mindestens genauso notwendig, wie es mir schwerfällt.

Das nächste Mal, als wir miteinander schliefen, fragte sie mich vorsichtig, ob sie es da unten nochmal versuchen sollte. Ich sagte nein, und fühlte mich ungefähr so, wie mein ernüchterter Dödel aussah. „Das ist eine ungewöhnliche Antwort“, sagte sie und lachte.

Irgendwann, nachdem wir eine Weile zusammen gewesen waren, entwickelte sich eine Art stilles Abkommen zwischen uns: Ich wollte keine Blowjobs und dabei beließen wir es. Nicht, dass sie jemals ein Problem damit gehabt hätte – Blowjobs sehen nach harter Arbeit aus.

Es ist tatsächlich auch nicht prinzipiell so, dass ich keine Blowjobs mag. Die wenigen, die ich hatte, fühlten sich sehr gut an, obwohl mein eigenes Unwohlsein bei dem Akt das Ganze etwas weniger genießbarer machte. Sich beim Sex verletzbar zu zeigen, ist mindestens genauso notwendig, wie es mir schwerfällt. Der Gedanke, dass eine andere Person da unten zu Gange ist – und das an dem Penis, den ich den Großteil meines Lebens versucht habe, vor anderen zu verstecken – und ihn möglicherweise sogar beurteilt, löst in mir unbeschreiblich viel Druck aus.

„Bist du beschnitten?“, fragte mich einmal eine freiberufliche Journalistin aus New Orleans, mit der ich auf ein paar Dates gegangen war. Wir lagen im Bett und sie hatte da unten eine Weile herumgefühlt. Das war vor zwei Jahren, und sie war die erste Person, die mich das je laut fragte. Es war eine Frage, die ich irgendwie mit der Zeit erwartet hatte, aber ich war trotzdem etwas unsicher, was ich sagen soll. Ja, aber nicht wirklich? Ich habe ihr die Wahrheit erzählt, aber das machte mich nicht weniger verlegen.

Ein Blowjob ist wie ein Schokokuchen: Alle gehen einfach davon aus, dass man ihn mag.

Ich wünschte, ich wäre enthusiastischer, was Blowjobs angeht. Stattdessen fühle ich mich fast ein bisschen unmännlich wegen meiner Abneigung. Wie ein Freak unter männlichen Männern. Trotzdem ist ein Blowjob wie ein Schokokuchen: Alle gehen einfach davon aus, dass man ihn mag. Aber ich war nie ein Fan, weder von Schokokuchen noch von Blowjobs. Sie fühlen sich für mich oft wie eine Dienstleistung an, nicht wie ein für beide vorteilhafter Akt der Lust.

Oder mal andersherum gesagt: Ich habe es immer sehr genossen, eine Frau oral zu befriedigen. Natürlich sollte auch das mit der richtigen Person passieren, weil es doch auch ziemlich intim ist, sein Gesicht im Schritt einer anderen Person zu vergraben. Allerdings glaube ich nicht, dass Frauen (oder Männer) beigebracht bekommen, so über Blowjobs zu denken. Die sind eher zwanglos, wild, selbstverständlich – so oder so ähnlich werden sie zumindest in Film und Fernsehen dargestellt: Man kann einfach mal so einen unter dem Tisch im Restaurant bekommen.

Das mag alles nach „Jammern auf hohem Niveau“ klingeln (Halt die Klappe und genieße deinen verdammten Blowjob!), aber was soll ich sagen? Ich habe einmal einem Freund von meiner Unsicherheit erzählt, und er konnte nicht mehr aufhören zu lachen. Ich fühlte mich dumm, obwohl ich doch froh war, dass er lachte, weil ich glaube, dass er es für einen Witz hielt.

Ich fühlte mich aber, als wäre ich wieder in der High School, als das passierte. Siebte oder achte Klasse war ungefähr die Zeit, als sich Blowjobs – oder zumindest extensive Gespräche darüber – ihren Weg in mein soziales Umfeld bahnten. Nicht, dass ich damals überhaupt schon sexuelle Erfahrungen gehabt hätte – ich konnte mich kaum dazu bringen, das Mädchen zu küssen, mit dem ich seit sieben Monaten „zusammen“ war, geschweige denn, ihr meinen Penis zeigen.

Mein Vorhautproblem ist nicht der einzige Grund, warum sich mein Penis wie eine verängstigte Schildkröte zurückzieht, wenn Oralsex ansteht.

Mein Vorhautproblem ist nicht der einzige Grund, warum sich mein Penis wie eine verängstigte Schildkröte zurückzieht, wenn Oralsex ansteht. Meine Mitschüler redeten immer zu von ihren Erfahrungen. Sie wollten für ihren sexuellen Erfolg bewundert werden, aber ich habe mir immer nur Gedanken über die Logistik machen können:

Zog sie seine Hose komplett runter? Oder macht sie nur den Hosenschlitz auf? Vielleicht zog er seine Hose ganz aus. In dem Fall, zog er erst seine Schuhe aus? Und wenn ja, ließ er seine Socken an? Vielleicht waren sie komplett nackt. Aber sie hatten keinen Sex, also wieso sollten sie das machen? Machten sie ihm ein Kompliment für seinen Penis, wenn sie ihn rausholte? Oder holte er ihn selbst raus? Und bedankte er sich danach bei ihr? Oder machten sie es einfach und sprachen dann nicht mehr drüber?

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Bis auf Johnny Fontane in Der Pate gab es niemanden, der auch den „Blowjob-Blues“ hatte. Also wandte ich mich ans Internet. Das Internet ist voll von Foren mit Männern, die nervöse Fragen stellen: „Ist es komisch, dass ich keine Blowjobs mag?“, und ihre Partner*innen fragen sich, warum diese Männer Blowjobs nicht so genießen, wie sie es ihrer Meinung nach sollten. Meiner Erfahrung nach gibt es mehrere Turn-Off-Faktoren, über die mehr Männer sich Gedanken machen, als sie zugeben wollen: Penisgröße (Denkt er oder sie, dass er groß genug is?), Sensibilität (Werde ich lang genug durchhalten?) und Geruch (Ist es muffig da unten? Vermutlich).

„ZÄHNE“ schrieb jemand mit dem Namen „wild-tangent“ auf Reddit, der anscheinend einmal zu oft Garp und wie er die Welt sah gelesen hatte. „Sie benutzen FAST ALLE IHRE ZÄHNE. Und es ist furchtbar. Selbst die beste und geduldigste Anweisung kann nicht die Gesetze der Physik überkommen und Zähne kommen früher oder später ins Spiel und es tut verdammt weh.“

Das ist zum Glück nichts, womit ich mich je rumschlagen musste, aber ich fühle mit. Es gibt noch andere Dinge, über die ich mir Sorgen mache. Sollte ich stöhnen? Was machen meine Hände in der Zeit? Wird ihr Dirty Talk dabei gefallen?! Auch etwas, in dem ich nie gut war – aber einfach still da zu liegen oder zu stehen, fühlt sich komisch an.

Ich habe mein Sperma nie probiert und habe es auch nicht vor. Aber genau deshalb kann ich mir auch nicht vorstellen, warum jemand anderes das wollen würde.

Dann gibt es noch ein anderes großes Sorgenthema: die Ejakulation. Ich komme nicht gerne. Es ist eine Sauerei, macht alles nass und riecht komisch. Ich habe mein Sperma nie probiert und habe es auch nicht vor. Aber genau deshalb kann ich mir auch nicht vorstellen, warum jemand anderes das wollen würde. Ich frage mich außerdem, ob mein „Saft widerlich schmeckt“, wie Samantha das Sperma von Bobby Cannavales Charakter in Sex and the City beschreibt. Das wäre ja noch peinlicher. – Und los geht die Abwärtsspirale in meinem Kopf.

Trotz der Sorgen habe ich mir über das letzte Jahr hinweg bewusst Mühe gegeben, sie einfach alle, soweit es geht, loszulassen und mich selbstbewusster zu fühlen. Bis zu einem gewissen Grad funktioniert es sogar. Ich habe jetzt eine Freundin, die sagt, sie gibt gerne Blowjobs. Eine Zeit lang war ich mir nicht sicher, ob ich ihr glauben soll, aber ich habe gelernt, ihr zu vertrauen. Und wieso sollte sie bei so etwas auch lügen?

Superwohl fühle ich mich immer noch nicht, wenn sie mir einen bläst. Doch ich versuche, in Frieden mit dem Penis zu leben, den ich habe – samt Vorhautüberbleibsel. Und manchmal beruhige ich mich, indem ich mir Shalom Auslanders „Foreskin’s Lament“ in Erinnerung rufe, ein verstörend-witziges Memoire über seinen Austritt aus der orthodox jüdischen Gemeinde. Als Auslander selbst Vater wird, überlegt er, seinen Sohn beschneiden zu lassen und schreibt: „Ich frage mich, ob es einen Ort gibt, zu dem die Vorhäute gehen, ein Ort, an dem sie zusammen leben können, friedlich, geliebt, gewollt, eine Nation voller Vorhäute, von den Vorhäuten, für die Vorhäute“.

Neben einer fiktiven Vorhaut-Party wirkt mein Penis eigentlich doch noch ganz sexy, mit all seinen Makeln.

Headerfoto: Mubariz Mehdizadeh via Unsplash.com. („Körperliches“-Buottn hinzugefügt.) Danke dafür!

Text: Matthew Kassel.

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