Ich finde, es kann furchtbar anstrengend sein, jemanden wirklich kennenzulernen. Das bringt, jedenfalls bei mir, alle Unsicherheiten zu Tage. Denn jemanden wirklich kennenzulernen, bedeutet auch, sich zu öffnen und zu zeigen. Genau so, wie man ist.
Dazu gehören nicht nur die positiven Eigenschaften – und dabei mag man sich doch gerade am Anfang nur von seiner besten Seite zeigen. Manchmal habe ich dann Angst, nicht zu genügen und frage mich, wann der andere merkt, dass ich ein totales Chaos bin.
Nach meiner Trennung im letzten Jahr musste ich mir erstmal Zeit geben und das Ganze irgendwie sacken lassen, denn das hat ein Gefühl von Unzulänglichkeit hinterlassen – ein Gefühl von nicht genügen oder nicht ausreichen.
Insgeheim weiß ich, dass es mir am Ende gut getan hat. Aber bitte, wer will schon, dass mit ihm oder ihr Schluss gemacht wird? Man sagt, wenn man vom Pferd fällt, dann soll man sofort wieder aufsteigen. Ich glaube, in der Liebe ist das gar nicht so leicht. Runterfallen und hinfallen tut da einfach besonders weh. Und anstatt wieder aufzusteigen, gibt es andere Möglichkeiten.
Ich glaube, in der Liebe ist wieder aufzustehen gar nicht so leicht. Runterfallen und Hinfallen tut da einfach besonders weh.
Easy-Peasy, kann man sich locker und leicht mit Leuten treffen, zur Not auch mehreren und wenn dann einer mal abhanden kommt, dann ist das nicht so schlimm oder es fällt einem nicht einmal auf und tut auch nicht weh. Ruckzuck ploppt dann der Stempel „Generation Beziehungsunfähig“ auf. Aber ist das nicht eigentlich total normal? Sich schützen zu wollen?
Mein Auto hat einen Airbag, der mich bei Unfällen schützt, fürs Fahrradfahren habe ich einen Helm (auch wenn ich ihn nie trage), wenn man etwas aus dem Backofen holt, dann nicht mit bloßen Händen. Die Straße sollte man nur bei Grün überqueren, Lebensmittel, auf denen sich bereits ein lustiger grüner Flaum bildet, isst man nicht. Wenn man nicht schwimmen kann, wird man nicht vom 10-Meter-Brett springen und ein Footballspieler wird nicht ohne Ausrüstung aufs Feld stürmen.
In allen anderen Bereichen unseres Lebens sind wir vorsichtig und schützen uns vor Verletzungen und Gefahren. Das wird uns von Beginn an beigebracht. Also ist es doch völlig normal, dass ich auch mein Herz schützen will. Würde es einen Helm fürs Herz geben, würde ich mir mit Sicherheit einen zulegen. Oder Knieschoner! Kann nicht bitte jemand wenigstens Knieschoner dafür erfinden?!?
Das Blöde an der Sache ist ja, ohne sich auf jemanden wirklich einzulassen und somit auch in Kauf zu nehmen, dass man verletzt wird, gibt es auch den ganzen anderen Spaß nicht.
Das Blöde an der Sache ist ja, ohne sich auf jemanden wirklich einzulassen und somit auch in Kauf zu nehmen, dass man verletzt wird, gibt es auch den ganzen anderen Spaß nicht. Sich jemandem nahe zu fühlen zum Beispiel. Da muss man halt auch mal mutig sein.
Mutig sein kann ich tatsächlich! Ich muss mich nur ab und zu daran erinnern, weil manchmal die Vorstellung von „Easy-peasy-locker-und-leicht“ verlockend erscheint. Und das besonders dann, wenn man das Gefühl hat, dass alles ein bisschen näher und enger wird.
Ich erinnere mich an meinen letzten Besuch in Amsterdam, als ich von einer Schaukel auf einem Hochhaus gelesen und mir sofort ein Ticket gebucht habe. Jeder, der ein paar Einträge auf meinem Blog gelesen hat, weiß, wie sehr ich schaukeln liebe. Allerdings habe ich auch ein klitzekleines bisschen Höhenangst.
Und ungefähr zwei Sekunden, nachdem ich das Ticket gebucht hatte, wurde mir schlecht vor Angst – aber gleichzeitig wollte ich es unbedingt machen. Meistens versuche ich in solchen Momenten dann einfach nicht mehr an die Dinge, die mir Angst machen, zu denken.
Später, als ich dann tatsächlich auf der Schaukel saß und in der Sekunde, in der sie nach oben ging, ist mir das Herz in die Hose gerutscht. Aber am Ende hatte ich Spaß (und Abdrücke von meinen Fingernägeln, die sich in meine Handflächen gebohrt hatten). Und war wirklich stolz auf mich.
So mache ich das jetzt auch einfach in Liebesdingen! Rauf auf die Schaukel, nicht darüber nachdenken und sich darauf einlassen – und den ganzen Spaßfaktor mitnehmen.
Ok, ich glaube meine Erleichterung, als die Schaukel nach unten ging, überwog eindeutig den Spaßfaktor. So mache ich das jetzt auch einfach in Liebesdingen! Rauf auf die Schaukel, nicht darüber nachdenken und sich darauf einlassen – und den ganzen Spaßfaktor mitnehmen.
Wäre es nicht schade, das Feld der Liebe ausgerüstet wie ein Footballspieler zu betreten – nur um sich nicht zu verletzen? Und mal ganz im Ernst, die ganze Zeit in so einer Rüstung, das muss doch auf Dauer auch wahnsinnig ungemütlich sein. Viel besser wäre da doch etwas kleineres, nur für den Fall der Fälle. Sowas wie z. B. ein Paar Knieschoner.
Headerfoto: Sarah Diniz Outeiro via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!