Ich sitze an meinem großen, leeren Esstisch. In einem großen, leeren Wohnzimmer. Vor großen Fenstern, die den Blick ins Fremde freigeben. Den Blick auf leere Straßen, auf leere Wohnungen gegenüber. Leere Restaurants. Leere Parks. Ich schaue hinaus, ich schaue auf den Bildschirm vor mir. Ein leeres, weißes Blatt. Unbeschrieben.
Die Ungewissheit, was kommt. Angst vor dem Versagen im neuen Job, Angst vor mir selber und meiner Traurigkeit.
Vor ein paar Monaten bin ich umgezogen in diese große, aufregende Stadt. Weg von Zuhause, weg aus der Geborgenheit meiner Familie, meiner Freunde. Weg von Straßen, Restaurants und Parks, die mir vertraut sind und mich mit Leben füllen. Ich wage ein Abenteuer, einen Neuanfang, etwas anderes. Etwas Aufregendes. Ein neuer Job, der meiner Karriere den richtigen Kick geben soll.
Als vor einem Jahr das Angebot kam, war meine erste Reaktion: Auf gar keinen Fall! Ich will mich nicht verändern, ich möchte nicht weg aus dem gerade so wunderbar Vertrauten. Und dann habe ich es doch gemacht, der Karriere wegen. Ich habe mir ein Zeitlimit gesetzt: Eineinhalb Jahre. Die halte ich jetzt durch.
Alle waren begeistert über meinen Schritt, waren überzeugt von der Richtigkeit meiner Entscheidung. Das hat auch mir geholfen. Wohnung shoppen, Möbel shoppen, Planen, aufgeregt sein. All das hat mich in den letzten Monaten beschäftigt und mir keine Zeit gelassen, in mich zu horchen, nach Vorfreude zu suchen, oder gar Angst zu empfinden. Und jetzt ist sie da. Die Einsamkeit. Die Ungewissheit, was kommt. Angst vor dem Versagen im neuen Job, Angst vor mir selber und meiner Traurigkeit.
Ich bin verwirrt, verwirrt von mir selbst. Warum auf einmal so viele Zweifel? Ich bin kein Mensch, der sich selbst nicht traut. Ich ruhe in mir, bin selbstbewusst. Ich bin gut in meinem Job. Die Menschen, mit denen ich zu tun habe, wissen das. Sie schätzen das. Sie mögen mich. Aber ich – ich mag mich nicht. Nicht so, nicht im Moment.
„Gib dir Zeit“, das höre ich immer wieder. „Du musst erstmal ankommen.“ Und ja, ich bin vermutlich zu ungeduldig. Ich möchte immer alles gleich und auf einmal. Aber trotzdem ist es gerade so, wie es ist. Bin ich gerade so, wie ich bin. Und es fällt mir unsagbar schwer, es einfach zu akzeptieren. Wie soll ich mit einem Menschen leben, den ich schon mein ganzes Leben lang kenne, und jetzt ist er mir fremd? Dieser Mensch bin ich selbst – und ich verbringe gerade verdammt viel Zeit alleine mit mir selbst.
Hinausgucken, in die Fremde. Hineingucken, in mich, die ich mir fremd bin.
Ich schreibe, um Antworten zu finden. Um zu lesen und zu reflektieren und zu denken. Um Worte herauszubringen, die sich in meinem Kopf festgesetzt haben. Das ist irgendwie gut. Vielleicht mache ich das jetzt. Hier sitzen, an meinem leeren Esstisch. Hinausgucken, in die Fremde. Hineingucken, in mich, die ich mir fremd bin. Und mich allmählich wieder zu Hause fühlen.
Headerfoto: Christian Gertenbach via Unsplash.com. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!