Toll, hier sitze ich nun wieder mit dem Handy in der Hand. Mein Daumen wischt hauptsächlich nach Links, ganz selten nach Rechts. Mittlerweile habe ich aufgehört zu zählen, wie oft ich versucht habe, dieses ganze Spiel „nun endgültig“ an den Nagel zu hängen. Wie oft habe ich diese verfluchte App schon deinstalliert und mindestens zweimal mehr wieder neu heruntergeladen? Tinder, du kleines Arschloch.
Klare Sache: Ich gehöre nicht zu den Menschen, die verstanden haben, dass man in dieser Swiping-Welt ein dickes Fell braucht. Dass manch liebes Wort so in Copy+Paste auch an gefühlt zehn andere rausgehen kann. Nö. Ich bin eher so der Typ, der sich denkt: „Hey, wow, wir haben ein verdammt cooles Gespräch. Ich will dich kennenlernen, ehrlich. Und wenn‘s mir gefällt, würde ich auch bleiben. Nicht nur für eine Nacht.“
Ich kann und will jedes Mal aufs Neue einfach nicht glauben, dass Menschen, die sich richtig doll gut verstehen, nicht weiterhin in Kontakt mit einander bleiben wollen und alles eben irgendwie doch keine Bedeutung hat.
Genau deshalb schmerzt meine letzte (Tinder-) Date-Erfahrung vermutlich auch noch so sehr. Ein Typ vom Feinsten und vor allem piff, paff, peng – Funkenflug ab Minute eins. Kein sich verstellen, nichts ist peinlich. Es passt, würde man gut und gerne sagen. Einfach so, ganz unverhofft und vor allem wie die Faust aufs Auge.
Mir wird klar, dass ein Kuss auf die Stirn und ein Arm, der mich von hinten umschlingt, wohl nicht zur Gewohnheit werden.
Aber als am nächsten Tag keine Nachricht eintrifft und auch nicht am Tag danach und auch nicht am Tag danach, da wird mir klar, dass ich scheinbar in Zukunft weiterhin alleine einschlafen und aufwachen muss. Dass ein Kuss auf die Stirn (Puh, Kitsch-Alert) und ein Arm, der mich von hinten umschlingt, wohl nicht zur Gewohnheit werden. Dabei war alles so wundervoll und der Kerl hat auch mit Elan dafür gesorgt, dass nichts anderes bei mir ankommt. Nichts außer jeder Menge „Wundervoll“-Vibes.
Ganz schön fies also nach ein paar Tagen notgedrungener Funkstille zu hören, dass „es gerade irgendwie doch nicht so passt“. Aber mit dieser Erfahrung bin ich ja nicht alleine. Vielmehr reihe ich mich ein in eine Kette von Erzählungen, bei denen Herzen gebrochen wurden und Hoffnungen unerfüllt blieben.
Aber liegt das in diesem Fall jetzt an Tinder oder einfach allgemein an meinem miserablen Händchen für Kerle? Ein Händchen, das mit dem Zeigefinger immer zielsicher auf diejenigen Personen zeigt, die gerade auf nichts Ernstes aus sind. Jene, die sich einfach liebend gerne von Date zu Date hangeln und bisschen den sogenannten Seelenficker raushängen lassen. Scheinbar rastlos. Nichts kann, aber alles muss. Quasi so!
Ich beginne zu begreifen, warum man sich am besten direkt mehrere Menschen warmhält.
Und viel schlimmer noch dabei: Ich beginne zu begreifen, warum man sich am besten direkt mehrere Menschen warmhält. Denn solange stets Ablenkung in den Startlöchern parat steht, muss man sich schließlich nicht auseinandersetzen mit den Wunden, die einem erst kürzlich zugefügt wurden. Dann kann man ganz leicht ignorieren, dass man sich doch jemand anderen oder etwas ganz anderes wünscht.
Man sammelt Matches wie Murmeln auf dem Schulhof. Wer hat das schönste Lächeln? Ein Panini-Album, das niemals vollständig sein wird.
Dabei will ich doch gerade das so gerne. Irgendwann meinen letzten, silberglitzernden Supersticker finden, mit dem die Serie endlich abgeschlossen ist.
Headerfoto: Girl in the sun via Shutterstock.com. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür.
0wenn du so Schreiben kannst wie in dem Beitrag dann glaube ich nicht das du lange brauchen wirst um den richtigen zu finden