„Ich find’s großartig, dass du so ein Optimist bist und immer positiv bleibst.“
„Das ist Vertrauen. Ich hab so ne tiefe Überzeugung, dass es immer weiter geht und alles funktioniert, so war es bisher immer. Aber manchmal kann es auch enttäuschend sein.“
„Warum, was meinst du?“
Wir lagen im Grünen als wir dieses Gespräch führten, es war ein schöner Tag. Völlig unverhofft sonnig führte er uns nicht wie geplant nach dem ersten Café zurück nach Hause, sondern trug uns von Café zu Park, von Park zu Wochenmarkt und immer weiter. Welch ungeplantes, überhaupt nicht planbares Date. Ja, Spontanität ist doch die beste Zutat. Ich konnte dir damals keine Antwort geben.
Jetzt weiß ich, was ich dir erzählen würde, würdest du mich fragen, warum es enttäuschend sein kann, Optimist zu sein. Ich würde von dir, von uns erzählen.
Um aber zu verstehen, warum und wieso das Ganze ist wie es ist, würde meine Antwort mit einer Beschreibung meines Gefühls fünf Minuten nach unserem ersten Treffen beginnen. Du warst in der Lage, in der Zeit eines Moments ein Gefühl, eine unglaubliche Nervosität in mir auszulösen, was bisher nur eine Frau getan hatte. Tatsächlich, hier würde meine Erzählung beginnen, denn diese so wunderbar zu fühlende Nervosität ist der Nährboden für alles Zukünftige. Anfangen würde ich mit diesem Gefühl, dass ich so lange nicht mehr und so selten gefühlt habe. Daneben würde ich dir aber von Demut erzählen, von Vorsicht, weil ich gelernt habe, dass dieses Gefühl zerbrechlich ist. Es auszusprechen, würde ich nicht wagen, weil ich weiß, dass es dadurch erlöschen kann.
Also, da ist dieses Gefühl und da ist diese Erfahrung aus den vergangenen Jahren und vielleicht fiel dir im Laufe unserer gemeinsamen Momente auf, dass Vorschläge die Zukunft betreffend von dir ausgingen. Lass uns das machen, lass uns hierhin fahren, lass uns zusammen weg, schlugst du vor. Nicht alles auf einmal, sondern verteilt, immer mal wieder während du in meinem Arm lagst, wir händchenhaltend herumspazierten oder uns in aller Öffentlichkeit küssten. Ich weiß nicht, wie ernst du das meintest, aber für mich nahm das alles immer mehr Form an. Verrückt, ich war so glücklich. Kennst du diese Momente, in denen einem das Leben wie eine Verkettung von Zufällen vorkommt, die man sich davor zusammen in ihrer Kombination nie so hätte vorstellen können?
Wenn man von ebenjener Verkettung dermaßen überraschst ist, dass einem das Leben in Bruchteilen von Sekunden wie ein Traum vorkommt, so zerbrechlich, aber es doch genauso geschieht?
In diesen Momenten, so rar sie sind, fühlen wir uns unendlich glücklich, stark und geborgen. Mit diesem Gedanken schwebte ich durch Flure, vermutlich eines der tollsten Gefühle, die wir zu fühlen in der Lage sind. Ich hatte vor dir zu sagen, dass ich Gefühle für dich entwickelt habe. Dafür habe ich sogar eine Erklärung, die leichteste Erklärung der Welt. Wenn du mich ansahst voller Neugier, mit einem so schönen Lächeln, und diesem tiefen Verstehen, dann hast du mich mit den Augen an den Händen gefasst und ich war hilflos, völlig verloren in deinem Blick, in absolut vertrauter Sicherheit geborgen.
Als du das letzte Mal in meinem Arm wach wurdest, gewann mein Optimismus die Oberhand gegen Verstand, gegen Erfahrung, gegen meinen Schutz, den ich mir so mühsam aufgebaut habe. Über ein paar Monate hatte sich mein Optimismus von deinen Blicken, den Gesprächen und Momenten zwischen uns ernährt. Er war so wohl genährt, dass ich zwei Wochen lang noch davon ausging, dass wir uns wiedersehen würden. Du sagtest „ja, gern“, hörtest auf dich zu melden und erklärtest mir letztendlich auf Nachfrage, dass du mich sehr magst, selbst nicht weißt, was los ist, es aber einfach nicht gefunkt hat. Versteh mich nicht falsch, es ist absolut kein Vorwurf, aber ich bin enttäuscht von mir selbst, weil du mich darin erinnert hast, warum Gefühle und Optimismus eine ganz gefährliche Mischung sein können.
Während ich dies schreibe, weiß ich, dass dies ein ganz und gar egoistischer Text ist und ich wahrscheinlich wenig Recht zu klagen habe. Von einer Frau bisher wurde mein Herz gebrochen, mehrmals, aber nur von einer. Gebrochen wurde es von dir nicht, aber Gefühle sind da. Wie oft aber habe ich selbst Herzen gebrochen und Gespräche geführt, in denen ich zu erklären versuchte, warum ich manchmal zu gerne diese Nervosität gehabt hätte, sie aber nicht da war.
Ich weiß, dass es immer weitergeht und vertraue, aber Enttäuschung tut weh und du hast eine Sehnsucht in mir wiedererweckt. Die Sehnsucht danach, mit Augen an den Händen gefasst zu werden, die Sehnsucht nach Nervosität und absoluter Hilflosigkeit.
Ja, ich würde von dir erzählen. Wie mein Optimismus kugelrund wurde und dann zerplatzte. Aber dafür bin ich dir dankbar, unglaublich unendlich dankbar. Weil ich jetzt wieder weiß, dass ich so etwas fühlen kann. Und weil mein Herz und seine Gefühle sich erholen werden, weil ich weiß, dass ich wieder durch Flure schweben werde.
Ich wünschte trotzdem, es wäre anders und du hier bei mir, trotz meiner Dankbarkeit, das wünschte ich sehr.
Headerfoto: Mohamed Al Asri via Unsplash.com („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!
Danke für diesen Beitrag!
Das erste Mal in meinem Leben hatte ich genau dieses Optimismusgefühl in mir, welches mir schnell genommen wurde..und dann kam dieser Text, welcher mir zeigte, dass ich nicht allein zu sein scheine.
Liebe Regy,
auch dir danke ich für deinen Kommentar! Es tut mir Leid, dass dir dieses Gefühl genommen wurde, das ist brutal und tut immer weh! Ich weiß nicht, wie es auseinander ging, aber sei dankbar. Nicht der Person gegenüber, sei dankbar dafür, dass du dieses Gefühl hattest und dass dir jemand gezeigt, wie schön ein solcher Moment ist. Ich weiß nicht, wann du das wieder fühlen wirst, ich kann es nicht mal für mich beantworten. Aber ich freue mich darauf, auf diese Nervosität, auf dieses Kribbeln, darauf wie versteinert vor jemandem zu stehen und nicht zu wissen was machen soll, weil einem plötzlich jede Bewegung, jeder Satz, gar jedes Wort ein wenig lächerlich vorkommt.
Bleib positiv, bitte und lass dir das Schöne nicht nehmen. Es ist vollkommen in Ordnung traurig zu sein, aber dann behalte im Hinterkopf wie schön dieses Gefühl ist, wie nährend es ist. Das wird wiederkommen, da bin ich mir sicher!
Alles Gute
Max
Wow Max, Du triffst den Nagel auf dem Kopf! Ich habe hier selten so einen auf meine Erfahrung passenden Text gelesen!
Mein Optimismus konnte sich nur ein paar Wochen nähren, aber dieses Gefühl endlich wieder zu spüren, ist wie ein All-You-Can-Eat-Buffet für die Seele. Man will komplett in diesem Gefühl aufgehen, glaubt, dass es ihr genauso geht, wirft sich tiefe, verliebte Blicke zu, spürt diese innige Vertrautheit.
Auch ich weiß, dass ich darüber hinweg kommen werden. Es waren nur ein paar Wochen und ich bin keine 15 mehr, eher 35. Und trotzdem gibt es Begegnungen, die einen verändern, die einen nur schwer loslassen und immer wieder schöne Erinnerung bescheren.
Im Moment blicke ich nach vorn, ertappe mich immer weniger dabei, an die Zeit zu denken. Ich verdränge. Ich wünschte, es wäre beiderseitig gewesen.
Nun, es klingt abgedroschen und wie Worthülsen. Aber dennoch: Es tut gut, nicht damit allein zu sein.
Beim nächsten Mal – so traurig es eigentlich ist – gibt es nur kleine Häppchen vom Buffet.
Lieber Matthias,
vielen Dank für deinen Kommentar! Es freut mich sehr, dass du dich so sehr in meinem Beitrag erkennst. Zunächst lass mich dir alles Gute wünschen, ich hoffe, dass die Zeit bereits ihre Wunder getan hat und du unbedrübt auf diese paar Wochen zurückblicken kannst.
Jetzt zwingt mich dein letzter Satz quasi zur Reaktion, ja er erfordert zumindest eine Antwort. Denn neben der Erholung wünsche ich dir noch mehr bzw. halte ich es für viel wünschens- und erstrebenswerter, dass auch du dir deinen Optimismus bewahrst. So traurig und vielleicht unverständlich manche Dinge sind, so sind sie doch auch lehrreich. Lehrreich auf die vollkommenste, weil einfachste Art und Weise, denn dieses unbeschreibar tolle Gefühl des Durch-Flure-Schwebens, so etwas zu fühlen, das sollte, neben all der Traurigkeit, auch ein Hochgefühl auslösen. Ich weiß, dass es nur wenige Menschen gibt, die so etwas in einem auslösen können (zumindest ist es bei mir so), aber wie unglaublich traurig wäre es, wenn ich, nur weil ich mal hin gefallen bin, aus Angst und Vorsicht handeln würde und meinen Optimismus einbüßen würde.
Mein Bitte an dich: Bleib ein Optimist, fall hin, steh auf und schwebe wieder. Zieh aus deinen Erfahrungen einzig die Erkenntnis, dass es Menschen gibt, die dir ein solches Gefühl geben können. Natürlich, ich bin traurig, weil es zu Ende ging. Aber ich würde nicht einen Moment, eine schöne Erinnerung jetzt tauschen oder wäre es am Anfang nicht eingegangen, wenn ich damals gewusst hätte wie es enden wird. Nein, niemals, das darf niemals siegen.
Viel Erfolg, bleib ein Optimist, denn es gibt wenig so Schönes.
Max
Lieber Max,
vielen Dank für Deine Worte. Die Zeit fängt an zu wirken. Natürlich sollte ich so konsequent sein, den Kontakt einzustellen. Wenn ich auf Facebook sehe, dass sie einen neuen männlichen „Freund“ hinzugefügt hat, kommt dieses Gefühl, nicht ausgereicht zu haben, wieder hoch. Ansonsten aber wird es besser und besser.
Es wird leichter, wieder offen für neue Menschen zu sein, auch wenn man unterbewusst immer vergleicht. Natürlich bleibe ich Optimist und ich denke, dass man sich selbst kaum bremsen kann, wenn es sich richtig anfühlt. Das ist ja irgendwie auch das Schöne daran. Nach Höhenflügen droht der tiefe Fall. Aber so ist das nun mal, so gleicht sich alles aus. Das ist mir auch immer bewusst.
Die letzte Zeile in meinem vorherigen Kommentar ist der Vernunft geschuldet. Vernunft ist aber doch eh das Letzte, dass man walten lässt, wenn die nächste Schmetterlingsplage erstmal im Gange ist.
Insofern keine Sorge, ich bleibe Optimist. Früher oder später wird es soweit sein.
Matthias