Im Endeffekt war es die Liebe, die mich auf den spirituellen Weg geführt hat. Was auch sonst? Schließlich ist sie das Kernelement sämtlicher spiritueller Lehren … diese reine, bedingungslose Liebe. Aber von wegen Liebesglück und Leichtigkeit! Die Liebe trat in einer Form in mein Leben, die meine naive Walt-Disney-Bubble vom romantischen Liebesmärchen auf radikale Art und Weise zum Platzen brachte. Gehegt und gepflegt hatte mein innerer Träumer diese Walt-Disney-Bubble, in der jegliches Streben nach Glück mit der richtigen Beziehung in meinem Leben endlich ein Ende haben würde. Doch es kam ganz anders … glücklicherweise: Dieser eine geliebte Mensch, von dem ich immer geträumt hatte, legte mir die Finger in all meine emotionalen Wunden und fungierte als blitzsauberer Spiegel für all meine Schwächen. Ganz schön schmerzhaft, wenn einem plötzlich jene seelischen Ungereimtheiten vor Augen geführt werden, die man im flatterhaften Single-Leben erfolgreich hatte verdrängen können! Außerdem leistete mein innerer Träumer kämpferischen Widerstand gegen diesen aufreibenden Spiegelungsprozess, der stellenweise so gar nichts mit dem erhofften Liebesglück zu tun hatte. So schwebte über dieser Beziehung ein alles durchdringender Schleier von Wut. Wut auf den geliebten Menschen, der doch eigentlich mein Fels in der Brandung hätte sein sollen. Und noch mehr Wut auf mich: Dass ich nicht einfach gehen, ja mich auf jemanden einlassen konnte, der mein gebrochenes Ego wieder aufrichten würde.
Eine magische, ja magnetische Anziehung zwischen uns ließ meine Fluchtversuche immer wieder scheitern. Und das hatte einen Grund. Ich war überreif für diese gleichsam schmerzvolle und doch erleuchtende Erkenntnis: Ja! Ich war bedürftig wie Sau! Und verlangte auf ganz und gar ungesunde Weise, dass der geliebte Mensch in die Rolle des Heilsbringers schlüpfen und mir das Glück auf dem Tablett servieren würde, von dem ich innerlich weit entfernt war. Die Puzzleteile der Selbsterkenntnis fügten sich immer mehr zu jenem stimmigen Bild zusammen, das sich zum Leitfaden für meine Heilung etablieren würde: Ich wollte ständig Nähe, um die Angst vor dem Verlassenwerden nicht spüren zu müssen. Und diese Angst wiederum entsprang einer inneren Stimme in mir, die glaubte, nicht gut genug zu sein. Eine innere Stimme mit einem massiven Selbstliebeproblem, das keine Beziehung dieser Welt hätte kompensieren können. Ein Selbstliebeproblem, das nun geheilt werden wollte.
In Gedanken sprach ich also zu diesem geliebten Menschen und gab mich dabei ganz der Magie dieses Aha-Erlebnisses hin: „Du trägst überhaupt keine Schuld an meinem Schmerz. Ich fühle diesen Schmerz, weil ich dich liebe. Und mich selbst eben nicht.“ Damit war der Pfad für meine spirituelle Freiwerdung geebnet. Ein Pfad, auf dem ich begann, bedingungslose Selbstverantwortung für meine Gefühle zu übernehmen anstatt das unschuldige Opfer zu mimen.
Ich glaube felsenfest daran, dass das Universum, das Schicksal – ja, nenn es wie du magst – diesen geliebten Menschen und mich zusammenführte, damit wir voneinander lernen würden. So begegnen wir immer und immer wieder Menschen, die uns auf unserem ganz persönlichen Wachstumsprozess unterstützen, indem sie einen für unser Selbstbild unangenehmen Spiegel vorhalten. Und uns dadurch jenen Schmerz in den Tiefen unserer Seele aufzeigen, der angeschaut werden will. Denn in Zeiten des Glücks und der Leichtigkeit zeigen wir bekanntlich wenig Bereitschaft, uns unseren Themen zu stellen. Es sind die Zeiten des Leidens, die uns wachrütteln.
Liebesbeziehungen, die unser Gefühlsleben nicht immer nur auf angenehme Weise durcheinanderwirbeln und trotzdem von einer großen Liebe geprägt sind, sollten, so schwer es manchmal auch sein mag, als großes Geschenk betrachtet werden. Als großes Geschenk, das uns präzise an unseren „Ur-Schmerz“ heranführt und dadurch ungeahnte Kräfte freisetzt. Kräfte, die uns neue Wege zu uns selbst beschreiten lassen … zu uns selbst mit all unseren Bedürfnissen, Stärken, Schwächen, mit all unserem Licht und all unserem Schatten. Ja, Kräfte die uns Quantensprünge in unserer Entwicklung ermöglichen, wenn wir sie konstruktiv einsetzen anstatt sie in Alkohol und Drogen zu ertränken und zu verschleiern. Nehmen wir diese Lernaufgabe in voller Konsequenz an, können wir dadurch reich belohnt werden. Weiterkommen mit uns, unserer Liebesfähigkeit und unserer ganz persönlichen Freiwerdung von destruktiven Beziehungsmustern. Es lohnt sich … ganz bestimmt!
Danke, danke, danke.
So erlebe, lebe, liebe ich nun auch. Wachse, heile weil dieser EINE Mensch da ist….. <3
Hi Ludwig,
sehr mutig und sehr ehrlich dieser Artikel! Ich kann da nur voll zustimmen. Dieser Schmerz mag im ersten Moment unvergänglich und unerträglich erscheinen. Im Nachhinein betrachtet lässt er uns aber enorm wachsen.
Andere Menschen können uns immer nur dann wirklich verletzen, wen wir mit uns selbst nicht im Reinen sind.
LG
Judith
Genau so ist es! Wunderbar geschrieben! 🙂