Erinnerst Du Dich noch daran, als wir in Deinem Wohnzimmer auf dem Boden lagen, über Gott und die Welt sprachen oder uns anschwiegen; uns anstarrten oder in verschiedene Richtungen sahen; Musik hörten oder einfach der Stille lauschten? Damals, als die Sommernächte uns länger warmhielten als unsere Beine uns aufrecht?
Ich erinnere mich daran, als wir nachts durch die Straßen Wiens zogen und wir uns lachend sagten, dass wir uns lieben.
Ich erinnere mich daran, als wir nachts durch die Straßen Wiens zogen und wir uns lachend sagten, dass wir uns lieben. Eigentlich war danach nichts mehr so wie vorher. Du bekamst Angst vor dem, was ist, was sein wird oder sein könnte, und Du warst Dir ganz sicher, dass es nicht gut werden würde.
„Deine Haare riechen wie das Parfum meiner Mutter“, sagtest Du immer wieder. Du hast Dir das Hemd meines Vaters ausgeborgt, welches ich hüte wie einen Schatz, aber fast nie anziehe, weil es an mir blöd aussieht. Viel zu groß und unförmig ist es für mich. Und an Dir? Wie angegossen. Nie hätte ich gedacht, dass ich jemanden treffen würde, an dem es besser aussehen würde als an meinem Vater, als er noch jung war. Wie schön er damals aussah.
„Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ich jemals jemanden finden werde, der besser zu mir passt als Du“, sagtest Du dann nach der zweiten Nacht, die wir miteinander verbracht hatten.
„Entspann‘ Dich; schau einfach, wie sich die Dinge entwickeln“, sagte ich, als Du mir das erste Mal von Deiner Angst erzählt hattest, dass Du wieder so werden würdest wie in Deiner vorherigen Beziehung. „Lass‘ uns einfach Zeit miteinander verbringen, wenn wir das wollen. Es muss ja kein Etikett mit Name drauf. Wir sind wir, das reicht doch.“
Wie sich in so kurzer Zeit so viel aufbauen konnte, nur um danach katastrophal zu kollabieren, ist mir bis heute noch immer ein Rätsel.
Es reichte nicht.
Wie sich in so kurzer Zeit so viel aufbauen konnte, nur um danach katastrophal zu kollabieren, ist mir bis heute noch immer ein Rätsel. Ich kann nur so viel sagen: Ich glaube, dass es echt war. Ich glaube, dass wir zu der Zeit etwas waren und ich glaube, dass es viel mehr hätte sein können. Was ich aber noch glaube, ist, dass es die falsche Zeit war, einander kennenzulernen. Was anfangs so einfach schien, wurde von diesem Schleier der Angst überdeckt. Die anfangs leuchtenden Farben dieser neuen Verbindung blichen aus, die starken Linien verschwammen zusehends.
Nachdem das mit uns zerbrochen ist, haben wir uns nur noch einmal gesehen. Du warst angespannt, hattest Angst, etwas Falsches zu sagen; aber irgendwie war doch alles wie früher. Ich weiß nicht, ob es falsch war, dass wir uns nochmal gesehen haben; dass wir versuchten, doch irgendwie befreundet zu sein – wenn eigentlich so viel mehr zwischen uns war.
Ich weiß mittlerweile, dass ich von der Illusion ablassen muss, dass wir funktioniert hätten. Wir hätten funktionieren können – wenn da nicht diese Angst gewesen wäre. Die Angst, nicht gut genug für den anderen zu sein, zu versagen oder den anderen zu enttäuschen. Zu groß war die Angst davor, es zu wagen, wieder zu lieben und geliebt zu werden. Und mittlerweile weiß ich auch, dass diese Angst nicht nur eine Phase war, sondern, dass sie zu Dir gehört.
Ich bin froh darüber, wieder jemanden geliebt zu haben.
Nach dieser Sache kann ich aber für mich mitnehmen, dass ich froh bin, wieder jemanden geliebt zu haben. Nicht nur dieses „Verknallt-sein“, wobei man den anderen bis in den Himmel idealisiert. Sondern jemanden zu lieben, obwohl man merkt, dass derjenige bei weitem nicht perfekt ist. Jemanden so zu akzeptieren, wie er ist, obwohl er es selbst nicht kann. Und sich bei jemandem zuhause zu fühlen.
Ich bin froh darüber, dass Du für diese kurze Zeit mein Zuhause warst.
Headerfoto: Tyler Nix via Unsplash.com. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür.
Traurige Geschichte, die für die Zeit des Umbruchs, der ständigen Flucht, spricht.
Als hätte ich es geschrieben. Wir kennen uns seit nicht mal 4 Wochen. Unser erstes Date ging 4 Tage und war zu schön, zu perfekt, um wahr zu sein. Nach diesen 4 Tagen packten mich meine alt vertrauten Gedanken: ich suchte nach Fehlern bei ihm, bekam Zweifel. Anstatt es zu genießen, „zerdachte“ ich alles.
Das Resultat ist völlig destruktives Verhalten meinerseits. So läuft es immer. Bis ich es kaputt mache, was so gut angefangen hat. Zwar ist es noch nicht vorbei, doch er distanziert sich. Ob ich es noch retten kann und ob ich überhaupt in der Lage bin, meinen Ängsten entgegen zu wirken, weiß ich nicht.
Wollen wir das Beste hoffen 🙂 Danke für den Text.