Es war also so, dass ich jede Nacht diese schon fast schmerzhaften Erektionen bekam. Manchmal wachte ich davon auf, aber mit den Jahren pegelte es sich wieder auf ein pubertäres Niveau ein. Es wurden daraus diese sogenannten Morgenprachtlatten, die nach dem Urinieren einfach weggehen, sofern man sich danach nicht wieder hinlegt. Ich muss vielleicht noch dazu sagen, dass es kaum vollere, stärkere, härtere und schmerzhaftere Erektionen gibt, die das Verlangen nach Sex und Ejakulation so vollendet erzeugen und meinem Bewusstsein suggerieren, dass ich der geilste Ficker der Welt bin.
Die Beziehung litt darunter, also nicht durch die Morgenlatte im Speziellen, sie war nur ein Ausdruck meines unkontrollierten Sexualtriebs. Meine Freundin hatte mit Beginn des zweiten Beziehungsjahres die sexuelle Überaktivität der Verliebtheitsphase beendet und das hatte ich auch zwei Jahre später fast schon akzeptiert. Es dümpelte sich auf zweimal Sex in der Woche und dann irgendwann zu sechs bis acht Mal im Quartal ein. Ich wollte das auch nicht schlimm finden, ich wollte es nicht messen oder zählen. Ich wollte auch gar nicht, dass die Frau, die ich liebe, mir immer sexuell gefügig ist. Sie sollte kein Sexobjekt sein.
Das innere Bedürfnis nach Sex jenseits aller Rationalität und allem Wollen wurde aber so groß, dass es sich gegen meinen Willen begann zu manifestieren: In Zeiten des Stresses, des Misserfolgs oder wenn ich Alkohol getrunken hatte, wachte ich nachts oft mit rasendem Herzen auf, als hätte ich etwas Schlimmes verbrochen. Ich erwischte mich selbst in sexueller Aktivität mit meiner Freundin ohne diese bewusst begonnen zu haben – setzte sie, da ich aber schon mal dabei war, einfach fort. Ich fingerte in ihrer Muschi rum und rieb mich an ihr und in ihrem dämmrigen, schläfrigen Zustand schien es ihr zu gefallen. Sie war so feucht wie am Anfang der Beziehung und sie stöhnte und sagte manchmal sogar, wie gut es ihr gefiel, wurde dabei wach und hieß das alles gut. Also machte ich immer so lange mit dem Rumgefingere weiter, bis sie kam.
In unserem täglichen Leben ließ sie das meistens gar nicht zu. Es war so, als ob sie erst in diesem unbewussten Zustand wieder einfaches Petting genießen konnte; der ganze Komplex von Stress, Erwartungen, Pflichterfüllungen und schlechten Erfahrungen, die sonst beim Sex zwischen uns standen, existierte nicht. In diesen nächtlichen Situationen fiel Penetration weg, denn der Weg zum Kondom war zu lang und umständlich und das erleichterte mich auch irgendwie. Denn wenn ich bei wachem Sex meinen Penis benutze, spürte ich oft noch eine Art Erwartungsdruck, hatte das Gefühl, etwas leisten zu müssen, durchhalten zu müssen. Ich denke, viele Männer kennen die Erfahrung, dass die Lust nach dem eigenen Orgasmus mit einem Schlag weggefegt ist – dass der Orgasmus der Partnerin plötzlich überflüssig und unerreichbar erscheint.
Von intimen Kuschelsex war sie nicht so begeistert, von jugendlichem Rumgefummele schon gar nicht – sie wollte gefickt werden. Und das war ja auch toll: Ich wollte auch ficken wie ein Tier und das taten wir. Aber meine Versuche, ihr einen Orgasmus vor allem durch Lippen und Finger und Körperkontakt zu bereiten, kotzten sie an. Ich sehnte mich oft nach dem adoleszenten penetrationslosen Rumgereibe und Gerubbel und Gedrücke. Nach zaghaftem Oralsex, feuchten Händen und Unterarmen, dem ganz nahen Geruch von Genitalien und Körperöffnungen. Bei den nächtlichen Sextivitäten kam ich nur selten und nur durch Reiben und Erregung. Das war eine schöne und ganz eigene Erfahrung, aber überhaupt nicht notwendig. Es befriedigte mich, sie zu befriedigen, an ihr herumzuspielen, sie zum Orgasmus zu bringen.
Allerdings klappte das auch nicht immer. Denn wenn sie wach wurde, begann ihr Kopf manchmal wieder diese Erwartungen zu konstruieren. Sie wusste, dass ich wollte, dass sie kommt, also verkrampfte sie. Auch wenn sie kam, war es manchmal so, dass sie dann wach und aufgewühlt war und das machte sie wütend, denn schließlich war es Nacht und sie wollte schlafen, weil sie all diese Dinge erholt und konzentriert am nächsten Tag tun wollte, die Menschen nun mal so tun. In einer Phase war sie dann immer so wütend und aufgebracht, dass die Nacht für mich und sie versaut war.
Es war aber auch eine Phase, in der meine nächtliche Sexaktivität immer verrückter wurde, meist unter Einfluss von Alkohol. Einmal endete meine Episode nicht – ich wurde nicht wach und sie konnte mich nicht durch Ansprechen wecken. Ich öffnete meine Augen ohne Bewusstsein und sprach mit ihr in einer brabbeligen Sprache, was ihr Angst machte. Erst danach wachte ich auf und wunderte mich, warum sie wach und aufgeregt war. Also hörte ich für eine Weile auf Alkohol zu trinken und die sexsomnischen Akitivitäten normalisierten sich wieder – sofern von Normalität die Rede sein konnte.
Einmal wachte ich mit meinem Penis in ihr auf. Ich erschrak und hatte wieder dieses unsägliche Herzrasen, hatte Angst, dass ich vielleicht schon gekommen wäre und jetzt dieses ganze Pille-Danach-Hormon-Rodeo für sie beginnen könnte. Beim Rausziehen fühlte ich, dass ich in ihrem Arsch gesteckt hatte, eine sexuelle Fantasie, die ich sonst nicht auslebte. Aus der Angst der ungewollten Befruchtung wurde die Angst, dass sie wach werden würde und nicht amüsiert war. Doch statt irgendetwas zu sagen, griff sie mit ihrer Hand nach meinem Schwanz, den ich schnell in die Schlafhose zurückgestopft hatte, und rückte mit ihrem Becken nach. Vor lauter Überraschung spritzte ich ab. Sie kicherte und stöhnte glücklich als ich kam, zog sich ihre Hose ebenfalls hoch und kuschelte sich fest gegen mich. Wir sprachen nie darüber und so wusste niemand von uns, wer nun wach geworden, was da bewusst, was unbewusst geschehen war. Brauchten wir auch gar nicht, denn wir waren glücklich.
Für diese nächtlichen Aktivitäten entwickelte sich eine friedliche Übereinkunft. Die Dinge passierten nun einmal. Und wenn es partiellen Unmut über diese Schlafstörungen gab, machte sie mir keine nachwirkenden Vorwürfe. Ich war ja auch harmlos, jedem Befehl kam ich in diesem Zustand ohne Umschweife nach und wenn ich wach wurde und bemerkte, dass es ihr nicht gefiel, brach ich aus eigener Scham schnell ab und schlief weiter. Doch auch wenn wir eine Weise gefunden hatten, uns damit zu arrangieren, trug ich aus dieser nächtlichen Aktivität Zweifel mit in mein waches Leben: Warum konnten wir nicht einfach so entspannt wach miteinander rummachen? Warum nahm sie sich dafür nicht mal die Zeit? Lag es vielleicht alles an mir, daran, wer ich war, wenn wir wach waren? War das eben alles nur möglich, weil sie nicht bemerkte, mit wem sie es da tat? Wurde sie manchmal vielleicht auch so wütend, weil es nicht der Mann im Traum war, den sie sich möglicherweise in diesem Moment erträumte, sondern nur ich? Und auch der Gedanke, nicht Herr meines Körpers zu sein, wurmte mich.
Zumindest das klärte sich in gewisser Weise: Als ich eines Nachts einfach wach lag und mich an sie kuschelte, griff sie meine Hand, führte sie zu ihrer Scheide und drückte immer wieder, gab mir zu verstehen, dass ich es tun sollte – sie schlief offensichtlich, kommunizierte nur durch Glucksen und grobmotorische Bewegungen. Da verstand ich, dass ich es nicht allein gewesen war. Dass auch sie etwas unterdrückte, das sie nur im Unbewussten freigeben konnte …
Die Fortsetzung findest du hier.