„Manchmal kann ich richtig witzig sein.“
Bei RTL 2 gibt es doch diese Serie über Auswanderer. Da könnte Simon glatt teilnehmen, wenn die nicht so unfassbar schlimm RTL 2 wäre. Er wohnt nämlich nur noch halbzeitig in Berlin, weil er sich gerade in Müncheberg, draußen auf dem Land, eine Wohnung ausbaut, aber dazu später mehr. Fangen wir im Babyalter an. Simon kommt aus Celle. Irgendwie stellt man sich das vom Klang her etwas hässlich vor, wenn man noch nie da war. So wie Jena. Ist aber alles ganz anders: Celle hat ein Schloss in der Mitte, voll die hübschen Fachwerkhäuser und jede Menge Natur zu bieten. Rentnerbusse halten dort im Sekundentakt ob des Bestaunens. Geil. Simon war voll der Naturbursche und hat eigentlich nur draußen abgehangen. Das änderte sich Ende der Achtziger allerdings schlagartig mit der Einführung der häuslichen Satellitenschüssel. Endlich mehr als fünf Fernsehsender. Die Sucht packte das Kind, er bekam viereckige Augen und musste mit 14 aus der 21 Jump Street-Hölle befreit werden. So oder so ähnlich muss das gewesen sein. Danach unterperformte er im Ruderverein – steckengeblieben in Seerosen -, entdeckte allerdings die hohe Kunst des Fliegenfischens für sich. Klassischer Jugendsport. Für den nötigen Edge ist Simon natürlich noch geskatet und war außerdem dick im Graffiti-Business unterwegs. Dealen hat der Jungspund auch kurz probiert, aber sein Gras war so trocken, dass es wirklich gar niemand kaufen wollte. Er hörte Absolute Beginner, Main Concept und zwischendurch Gothic. Die Mischung macht’s. Nach dem Realschulabschluss 1998 landete Simon die letzten Monate seines Zivis in der Kunstwerkstatt einer Psychiartrie. Dort hat unser Titelheld mit den Patienten sein kreatives Potenzial vertieft und begann damit, die Arbeiten fotografisch zu dokumentieren. Über die Ausbildung zum Mediengestalter wollen wir jetzt gar nicht reden. Das war ein Griff ins Klo. Malen konnte er eh besser. Deswegen schickte Simon seine Mappe ganz unaufgeregt an die UdK und wurde prompt für den Studiengang Kunst angenommen. Von 2000 bis 2005 malte er sich in Berlin bis zum Meisterschüler. Danach ging das große Reisen los. Erst mal Mexiko, Urwald, alles. Zurück in der Hauptstadt begann Simon in einer Neuköllner Fabriketage sein Atelier einzurichten. Er hat immer mal wieder bei Ausstellungen mitgewirkt und hier und da was verkauft, hat sein Herz aber die letzten 2,5 Jahre dem Tee geliehen. Bei Paper & Tea passte der Bärtige ziemlich gut ins Konzept, da er ein Händchen für Blüten, Knollen und Blätter hat. Was aber noch viel wichtiger ist: Das Kulturprojekt in Müncheberg. Mit engen Freunden und seinem Bruder pachtet er einen alten Gutshof draußen im Schönen. Ein großer Häuserkomplex und in der Mitte ein kleiner Dorfplatz. Langfristig will er dort sein neues Atelier aufbauen und seine eigenen vier Wände fertig basteln. In spätestens 10 Jahren soll der Hof blühen, die Herstellung eigener Produkte laufen, Handarbeit wieder an Wert gewinnen und der Ursprung, zu dem soll es auch zurück gehen. Wie geil ist das eigentlich? Ja, richtig, ziemlich geil! Aus zeitlichen Gründen konnten wir das Shooting leider nicht in der traumhaften Märkischen Schweiz runterknipsen. Bereuen wir jetzt schon mit jeder einzelnen Haarspitze, keine Sorge. So, zurück nach Neukölln. Hier hört der 33-Jährige momentan am liebsten Maestro Mohammed und Kayhem Kalhar. Arabic Chill Sound for the win. Sportlich läuft es mit Tai Chi echt bombe und das bereits seit sieben Jahren. Hört, hört, der Typ kann sich binden. Das erste Buch hat Simon mit 18 gelesen. Dafür, dass es so spät los ging, hat er sich aber gleich den fettesten Schinken gegeben: Die Säulen der Erde. Hach. Das teuerste Buch in seinem Besitz ist übrigens Das Pentagram und der goldene Schnitt als Schöpfungsprinzip. Ganz leicht esoterisch, aber voll interessant, weil darauf so ungefähr die ganze Natur aufgebaut ist. Simon schneidet seine T-Shirts immer an der Ärmelnaht ab, steht auf richtig geilen koreanischen Grüntee aka Joongjak und liebt den Fischstand auf dem Wochenmarkt in Kreuzberg. Einfach nur um Fische anzugucken. Voll sein Ding. Spinnen sind nicht seine besten Freunde, Sellerie kann er nicht essen und Menschen unter Dauerstrom befremden ihn ein wenig. #inderruheliegtdiekraft. Wer Bock auf einen äußerst angenehmen Mann hat, dessen einziger Makel darin liegt, dass er ernsthaft ab und zu in der Astrowoche blättert (und selbst weiß, wie beschruppt das ist), der für Konzerte im Shangl Hangl abhängt und Didi & Stulle wirklich witzig findet, der hat hier schon den Text seines persönlichen Jackpots gelesen. Endlich! Simon! Endlich!
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Sorry, Simon hat jemanden kennengelernt. Du kannst ihm leider nicht mehr schreiben.
Aber keine Sorge. Mehr Jungs aus Berlin gibt es hier.