„Theoretisch bin ich sportlich.“
“Katzen sind out!”, glauben solche, die sie vorher für “in” befanden. „Katzen sind keine Trendfrage“, wissen all jene, die gerne und nicht erst seit gestern mit einer leben. Unsere Jella zum Beispiel. Ich schreibe absichtlich „unsere“, da diese spezielle Sorte Mensch uns allen gehört. Jella weiß es nicht, aber sie macht Spaß. Na, vielleicht weiß sie es ein bisschen. Kabarett trifft Business trifft Echtheit. Drei Dinge, die einander oft schmerzhaft widersprechen. Es gibt nur eine Jella, doch jeder sollte eine haben! Es folgt die heutige Produktbeschreibung mit unverfälschter Fünf-Finger-ähm-Sterne-Bewertung:
Badisch. Praktisch. Gut.
Das Fundament ihrer Einzigartigkeit liegt wahrscheinlich bereits in den Genen ihrer mindestens ebenso besonderen Eltern. Ein Z-Chromosom vielleicht, bei dem „Z“ für „zunehmend auffallend“ steht – meistens besser als „auffallend zunehmend“. Ehrlich zu anderen, aber besonders zu sich selbst. Das galt höchstwahrscheinlich für alle Familien-Generationen vor Jella. Diese Eigenschaft scheint manifestiert. Jemand, der auch weniger Schmeichelhaftes von sich preisgibt. Oft unverstanden, aber ehrlich – das glaube ich, sagen zu dürfen. Ihr Vater befand den Wunschnamen ihrer Mutter vielleicht schlichtweg zu fad, als er bei der amtlichen Namensgebung aus „Yella“ klammheimlich „Jella“ machte. „Was ist, das ist, sonst kostet´s extra!“, mag Jellas Mutter vielleicht resignierend gedacht haben. Also blieb, was war.
Jellas Mutter empfand es unter Umständen auch als eher hinderlich, dass die Tochter, aufblühender Star der Tanzgarde badischer Schwungschwingbeine, zum Funkenmariechen auserkoren wurde. Kleine Finger jedoch, die nach zufallenden Stahltüren nur noch an einem Zipfel Haut am Körper hängen, wurden von Jellas Mutter wenig behutsam, doch langfristig klug abgerissen, auf Eis gelegt und dem Krankenhausarzt souverän überreicht. Dieser Arzt erkennt Jella bis heute und freut sich nach wie vor unverbraucht verwundert, dass „Finger 5 lebt“. Einzig eine charmante Narbe flüstert verdächtig, doch komplett gelogen „Kettensägenmassaker“.
Beim Radschlagen in der B-Note vielleicht etwas benachteiligt gab sie ihren ersten großen Lebenstraum auf, Backgroundtänzerin bei Michael oder Janet Jackson zu werden und blickte fortan in eine hoffentlich glorreichere Zukunft als Schauspielsternchen. Narben machen Charakterdarsteller – selbst wenn diese am kleinsten Finger über vier Zentimeter verlaufen. Narben hat man oder hat man nicht! Narben sind auch Esprit, wenn man nicht ganz oberflächlich ist.
Highway To Hell
Nach ihrem Abitur, das wunderlicher Weise nicht durch eine warnende Ansage à la „Beep…beep… Wir entfernen jetzt die Unwürdige!“, vereitelt wurde, genoss sie den Luxus liberaler, weltoffener und verständiger (vermutlich auch solventer) Eltern und orientierte sich ein Jahr in den Möglichkeiten deutscher Großstädte. Die Bühnensehnsucht plagte sie noch immer. Ein viermonatiges Training in Hamburg für eine kommende Aufnahmeprüfung in Berlin sollte den nötigen Input zum Erfolg bringen. „Sollte“. Der verräterische Konjunktiv. Dieser Scherbenhaufen gescheiterter Kindheitsträume liegt bis heute als Mahnmal umgeleiteter Schicksale vor der mehr als renommierten „Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch“ begraben. Am deutschen Rekord zu scheitern, ist nun wirklich keine Schande, liebe Jella. Hingegen ist es eine Tugend, sich neu zu (er-)finden. Auf neuen Pfaden, unausgeschildert von den Fußabdrücken der Gewöhnung. Lieber eine Sache bereuen, die man gemacht hat, als eine, die nicht. Gut, dass iher Mutter, noch immer fanatisch pragmatisch, vorher zur „richtigen Ausbildung“ appellierte: Europasekretärin. Theoretisch gut: Man dolmetscht und protokolliert bei wichtigen europäischen Verhandlungen oder anderer Welt verändernder Bürokratie. Aber praktisch: Man ärgert sich über gebrochene versprochene Erwartungsgarantien und langweilt sich als Schreibmaschine in einem europäischen Radius von zehn Kilometern. Die Autofahrt zurück nach Hause war das Beste vom Tag.
Eher zufällig entdeckte sie bei Events ihr Organisationstalent, mehr noch ihre Freude dabei, und schlug dann die Richtung der Veranstaltungskauffrau ein. Das war circa 2001, als sie nach Berlin kam und sich in Neukölln in einer vorher nicht besichtigten Wohnung zwischen russischem und thailändischem Freudenhaus wiederfand. Anfänglich freudlos, doch schon bald die Hürde der ersten Umgebungsobservation im Spagatsprung nehmend, grüßten sie die rauchenden Damen der Etablissements von rechts und links nach einer Weile und sie grüßte wieder – und schmunzelte über die Merkwürdigkeit dieses Heimkommens. Und doch war es ihr Zuhause. Beruflich beschlich sie abermals altbekannte, gähnende Langeweile. Gesegnet sind jene, die wissen, wohin sie gehen. Nichts ist schlimmer als an der unpraktizierten Theorie eines kreativen Traums und der im Umkehrschluss gelebten Kompromissbereitschaft zur realistischen, doch ungeliebten Bodenständigkeit zu scheitern. Was folgt? Eine beklemmend einschüchternde Umarmung des Nichts. Bodenlose schwarze Leere ohne Sinn und Sein. Jella, unser Stehauffrauchen, findet jeden noch so schlecht verbauten Lichtschalter.
Vier Pfoten für ein Halleluja
Eines Tages stellte sie sich die essenzielle Frage, die man auch in mancher bewusstseinserweiternder Ratgeberliteratur wähnt: Womit würdest du am liebsten jeden Tag verbringen? Jellas dezent unorthodoxe Antwort: „… eine andere Katze kennenlernen!“ Jella-Schatz, verzeih´ mir: Kann man machen – muss man nicht, wenngleich mein Freundeskreis es hergäbe und ich mich frage, ob der Anstieg meiner Katzenfreunde mit dem voranschreitenden Unwillen für Gassirunden jenseits der Dreißig kollidiert. Für Jella, gilt das nicht: Miezi darf auch in den Hinterhof und so weit sie mitwill. Miezi ist Gott sei Dank eine klassische Berliner Heimscheißerin. Darauf kann man vertrauen, wenn sich Miezi nicht bezirksfremd verliebt. Gut (schlecht), das war keine subtile Metapher. In den Jella-Chroniken waren wir am Ende bei der Erweiterung Jellas Katzenbekanntschaften stehengeblieben, einem Herzenswunsch, und ihrem heißen Blechdach zur Berufung: der Selbstständigkeit. Aber schaut selbst unter Hauptstadtpfoten, welches Erfolgskonzept „Mademoiselle Tausendsassa“ aus ihrer herrlich naiven Antwort entwickelte. Jene erfolgsträchtige Idee finanziert schlussendlich diese hervorragend von meiner noch leicht restbetrunkenen, doch stets professionellen Partnerin Anna fotografisch in Szene gesetzten Bilder, der von unserer stilsicheren Jella mit so viel Liebe zum Detail dekorierten Wohnung in Friedenau. Läuft, würde ich sagen!
Die Evolution einer 80s-Göre
So, nach den anekdotisch verfassten hard facts, folgen nun mal mehr, mal weniger softe. Jella ist eingebildet chronisch süchtig nach Netflixserien. Komm, Jella, ein Cold Turkey mit Tobsuchtsanfall, kaputten Fenstern und alles wird gut. Der Reglementierung ihrer Freundin Sarah auf zwei Folgen pro Tag kommt sie weitestgehend erfolgreich, obgleich Zähne knirschend nach. Eine von ihr gefeierte Serie guckt sie nicht nur lückenlos zu Ende, nein, sie muss sie besitzen. Sich selbst ordnet sie allerdings in die Generation „Kassettenkind“ ein und gesteht, dass die Schlafkondition bis heute bestünde, spielte man ihr „Die Drei Fragezeichen“ vor. Maßlos sei sie sonst nur in Schreibwarenläden. Wer viel spricht, braucht ein Notizbuch – ganz klar. Weiterhin beteuert sie „Theoretisch bin ich sportlich!“, verrät aber gleichzeitig, dass die von ihrer besten Freundin „Andibär“ geschenkten Rollschuhe, in denen sie alles mache würde, besäße sie welche eines fernen Tages, nur ein einziges lumpiges Mal zum Einsatz kamen. Kein nettes „Schäfchen“. (So nennt Andibär Jella im Umkehrschluss und die Welt soll es wissen!) Nur ein einziges Mal – zweite Runde: der Gebrauch ihrer Fitnessclubkarte im Quartal. Maximal. „Ich würde gerne joggen, aber das ist langweilig und tut mir weh“, ein Highlight aus meinem in Kürze erscheinenden Band „Jellas Zoten und Zitate“.
Hingegen, und dafür wird sie so mancher lieben, lässt sie, zum Leidwesen ihrer rotierend motivierten Freunde, keinen Besuch in Karlsruhe aus, ohne einen „Barbecue Star“ aus dem hiesigen Filmpalast verköstigt zu haben. Ohne Salatblatt. Sie heult bei der Merci-Werbung. Sollte ich ein T-Shirt für sie bedrucken, schriebe ich „Gerechtigkeit für sich und alles!“ darauf und wüsste, es gefiele ihr. „Süß“ wird sie ungefähr so gerne genannt wie andere Frauen „barock“. An einem Mann findet sie kaum etwas so sexy wie verstanden zu werden.
Dabei konnte ich hoffentlich helfen – wem nicht, dem ist nicht mehr zu helfen.
Zuletzt ein paar Zeilen, für dich, liebe Jella, aus dem Gedicht „The Way you make me feel“:
„Go On Girl!
Go On! Hee! Hee! Aaow!
Go On Girl!“
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