Jeder von uns trägt bekannterweise sein persönliches Päckchen mit sich herum, das sich über die Jahre durch Erfahrungen, Schicksalsschläge oder ups and downs geformt hat. Jeder wird durch die Erlebnisse im näheren Umfeld, Familie und Freundeskreis, geprägt und verarbeitet diese auf seine ganz persönliche Art und Weise.
Die einen machen vieles im Stillen mit sich selbst aus, während andere sich ein Ventil suchen. Und wieder andere tragen ihre Herzen auf der Zunge, und machen ihre Probleme so ganz nonchalant zu unseren eigenen.
Ich denke, jeder von uns kennt den ein oder anderen, auf die/den letzteres zutrifft. Und das ist auch gut so! Immerhin ist der Grundbaustein jeder Beziehung, nach Vertrauen und Verlässlichkeit, ein ausgewogenes Verhältnis von Geben und Nehmen.
Genau das streben wir ebenso für unsere Partnerschaften an, wenn wir denn (endlich?) in einer stecken – oder wünschen es uns für die Zukunft. Natürlich wünschen wir uns unser Leben genauso weiterzuführen, wie wir es vorher auch getan haben. Indem wir regelmäßig unsere engsten Freunde sehen, wiederkehrende Rituale zelebrieren und unseren Hobbies nachgehen können – jetzt nur eben mit dem Plus-1-Faktor.
Endlich kannst du deine wunderbaren Momente mit deinem Gegenüber gemeinsam erleben, ihn teilhaben lassen und im Gegenzug Teil seines Leben sein und dich von Neuem inspirieren lassen.
Wenn du erst einmal verliebt bist, möchtest du jede Minute gemeinsam verbringen, während du ganz automatisch seine Angewohnheiten und Ansichten Stück für Stück adaptierst.
Denn wenn du erst einmal verliebt bist, möchtest du jede Minute gemeinsam verbringen, während du ganz automatisch seine Angewohnheiten und Ansichten Stück für Stück adaptierst. Bis dann eines Tages das Personalpronomen „Ich“ aus deinem Wortschatz verschwindet und es nur noch ein „Wir“ gibt. Nein, danke, da möchte man doch lieber gemeinsam mit meinem Partner Ich bleiben!
Wenn dir das Ich-bleiben in einer Wir-Beziehung gelingt, kann diese Beziehung nicht nur kraftspendend und inspirierend sein, sondern sorgt auch für das Gefühl, dass du dich bei deinem Partner zuhause fühlst. Er ist dein eigener Rückzugsort, an dem du Schwächen zeigen kannst und aufgefangen wirst, an dem du so richtig ausatmen und dich fallen lassen kannst.
Wie sieht es dann aber aus, wenn das Gleichgewicht aus den Fugen gerät, weil es deinem Lieblingsmenschen nicht gut geht? Wie gestaltet sich das Zusammenleben, wenn du überwiegend – gar permanent – die Rolle der Krafttragenden, Starken spielen musst, jeden Tag aufs Neue?
An deinem normalen Alltag ändert sich erst einmal nichts: Du stehst jeden Morgen auf, packst deine Sachen, machst dich auf den Weg zur Arbeit, leistest deinen Soll. Du bewegst dich im gewohnten sozialen Umfeld. Hier ein Schnack mit den Kollegen, ein Lunch Date dort – und auf dem Weg nach Hause erledigst du die letzten Besorgungen.
Aber wenn du die Schlüssel im Schloss herumdrehst, dann beginnt für dich erst die richtige Arbeit.
Aber wenn du die Schlüssel im Schloss herumdrehst und dir dein Lieblingsmensch nur noch ein Schmunzeln entgegenbringen kann, dann beginnt für dich erst die richtige Arbeit.
Empathischen Menschen fällt es leicht, für andere da zu sein. Und das insofern, als dass sie gerne ihren Gegenüber zuhören, aufmunternde Worte entgegenbringen und in diesem Moment einfach da sind. Sie schaffen den Raum, nehmen ein Stück der Last ab, öffnen Gedanken die Tür nach außen und geben dem andren das Gefühl, gehört zu werden.
Und das ist ein schönes Gefühl. Schwierig wird es nur dann, wenn diese Hingabe fortan immer mehr verlangt wird, bis sie zur Notwendigkeit wird. Dann, wenn du immer und immer wieder versuchst Optimismus aufzubringen. Wenn konstruktive Kritik nicht mehr als konstruktiv, sondern als negativ empfunden wird.
Wenn, egal welchen Vorschlag du für die Bewältigung des Problems hast, dieser nicht mehr gehört wird. Sondern irgendwo zwischen dir und deinem Partner verhallt. – Dann stehst du nicht mehr weit vom Strudel entfernt, auch nicht mehr an der Kante. Sondern deine Füße beginnen bereits im Treibsand zu versinken.
Ab hier steckst du in der Zwickmühle: Denn gerade, weil es dein Lieblingsmensch ist, steckst du nicht nur mit dem Verstand in der Sache, sondern vor allem mit deinem Herzen.
Ab hier steckst du in der Zwickmühle: Denn gerade, weil es dein Lieblingsmensch ist, steckst du nicht nur mit dem Verstand in der Sache, sondern vor allem mit deinem Herzen. Du möchtest ihn „retten“, koste es, was es wolle.
Während du tagein tagaus deine Energie aufwendest, um deinen Partner aufzufangen, ihm Trost zu spenden und für ihn statt für dich da zu sein, naht vielleicht der Zeitpunkt, innezuhalten. Denn du bringst jeden Tag all deine Energie auf, um dich aus seinem Treibsand zu befreien und stellst fest, dass du selbst jeden Tag ein wenig mehr in seinem Sand versinkst.
Ist dies der Zeitpunkt, in dem du aufwachst und dich fragst, was in der letzten Zeit eigentlich mit dir selbst passiert ist? Bedeutet hier die maximale Hingabe für jemand anderen, dein eigenes Schutzschild niederzulegen? Was ist mit dem Menschen, der dir am allermeisten bedeutet – mit dir selbst?
Jeder von uns hat diese Erfahrung gemacht. Doch wenn fürsorgliche Hingabe zur Notwendigkeit wird, ist es auch ok, „Stopp“ zu sagen.
Ich denke, jeder von uns hat schon einmal so eine Erfahrung gemacht. Doch wenn fürsorgliche Hingabe zur Notwendigkeit für dein Gegenüber wird, ist es auch ok, „Stopp“ zu sagen. Die Grenze zu ziehen. Dann darf die Glocke für deinen eigenen Selbstschutz läuten – das ist gut so!
Mach dich für dich selbst wieder ein Stückchen stark, indem du dich wieder aus dem Treibsand heraus kämpfst, hoch, hinaus an die Oberfläche, dort, wo dir eine frische Brise neuer Energien entgegenweht. Denn genau das wird auch deinem Lieblingsmenschen auffallen, indem er ganz automatisch von selbst neue Kraft schöpfen wird. So wirst du nicht nur eine unglaubliche Stütze, sondern ebenso ein Vorbild für deine*n Liebste*n.
Headerfoto: Analise Benevides via Unsplash. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt). Danke dafür!