Wenn Frauen Nein sagen

Bevor ich das Thema dieses Textes einsteige, möchte ich vorausschicken, dass ich keineswegs irgendetwas gegen Männer habe, denn sonst wäre ich nicht in der Lage, funktionierende Beziehungen mit dem anderen Geschlecht zu führen – und ich bin eine sehr große Beziehungsenthusiastin, vorausgesetzt, es handelt sich um die richtige Person für mich.

Den größten Teil meines bisherigen „Erwachsenenlebens“ – dazu zähle ich die Zeit zwischen meinem 19 und nunmehr 29 Lebensjahr – war und bin ich in Beziehungen. Das heißt, ich war beim Ausgehen meistens in Begleitung meines jeweiligen Freundes. Ich war also selten alleine abends unterwegs und habe bisher auch – dem Himmel sei Dank – wenig Erfahrung mit Belästigung durch Männer gemacht.

Wenn ich „Nein, danke, aber ich möchte meine Nummer nicht herausgeben“, sage, dann meine ich das in der Regel genau so.

Dennoch war auch ich schon das eine oder andere Mal in der durchaus unangenehmen Situation, einen Mann abweisen zu müssen, weil ich kein Interesse an einer näheren Bekanntschaft hatte. Und das, obwohl manch einer all seinen Mut zusammengenommen und mich in einer Bar – während ich mit Freundinnen etwas trinken war –, an der U-Bahn-Haltestelle oder in der Schlange bei der Essensausgabe in der Uni-Mensa angesprochen und um meine Nummer gebeten hatte.

Grundsätzlich finde ich das natürlich nicht verkehrt und nicht selten sogar, wenn dieses Anliegen – nämlich der Wunsch nach Kontakt mit mir – sympathisch vorgetragen wird, auch sehr schmeichelhaft. Und trotzdem gilt: Wenn ich „Nein, danke, aber ich möchte meine Nummer nicht herausgeben“, sage, dann meine ich das in der Regel genau so. Und nicht: „Du musst Dich nur mehr anstrengen, dann gebe ich irgendwann nach“.

Warum „Ich bin schon vergeben“ schneller akzeptiert wird als „Nein, danke“.

Ich bin von meiner Mutter und meinem Vater zu einer mündigen Person erzogen worden, hatte keinerlei Schwierigkeiten, mein Unbehagen oder auch gelegentlichen Unmut zu äußern, und „Nein“ war mit Sicherheit eines der ersten Worte, die in meinem Vokabular vorkamen. Ich scheue mich also nicht davor, die Annäherungsversuche von Männern abzuweisen, wenn ich kein Interesse an ihnen habe.

Das Problem ist solchen Situationen ist aber leider oft – und damit bin ich als Frau nicht allein –, dass manche Männer nicht in der Lage sind, dieses Nein als gültigen Grund, mich in Ruhe zu lassen, oder als meine eigene Entscheidung zu akzeptieren. Als meine eigene Einschätzung der Situation und die daraus resultierende Ablehnung ihres Annäherungsversuches und einer weiteren Zusammenkunft an anderer Stelle.

Nicht selten war ich versucht, meine Ablehnung eines Dates damit zu begründen, dass ich bereits mit einem Freund versorgt bin.

Nicht selten war ich, wenn sich jemand mit meiner Ablehnung eines Wiedersehens partout nicht anfreunden konnte, versucht, diese damit zu begründen, dass ich bereits mit einem Freund versorgt bin. Das ist in solchen Momenten der leichteste Weg und wirkt fast immer wie ein Zauberspruch.

Zudem wäre es in meinem Fall nicht einmal gelogen, aber dennoch frage ich mich: Warum ist ein solcher Hinweis überhaupt nötig?

Die Ablehnung durch eine Frau kann anscheinend nur in dem Fall akzeptiert werden – wenn die Gefahr besteht, durch ein anderes Männchen, das Besitzansprüche hat, bedroht zu werden. Weil man(n) ihm sein Eigentum streitig machen wollte. Andernfalls ist eine Frau für manche Männer (nicht für Alle!) Freiwild, und es darf so lange gegraben werden, bis sie hoffentlich aufgibt.

Nur Mut, Männer, sprecht Frauen an! Und akzeptiert ein potentielles Nein.

Das spricht mir als Frau jedoch jegliche genuine Urteilskraft ab. Als könnte ich nicht auch völlig aus meiner eigenen Überzeugung heraus eine Entscheidung gegen ein Wiedersehen treffen. Nein, es muss einen anderen Grund dafür geben und das muss unweigerlich ein anderer Kerl sein. Ein gesellschaftlicher Vorgesetzter. Ein Beschützer und Versorger – denken die.

Das ist neben der Tatsache, dass es einfach nervig ist, vor allem eins: in höchstem Maße unverschämt.

Meines Erachtens ist das direkte Ansprechen die beste Art, Menschen kennenzulernen: richtig im echten Leben und ohne Tinder oder andere Dating-Apps als Scharnier.

Das alles soll nicht bedeuten, dass ich das Ansprechen von Frauen durch Männer auf der Straße, im Café oder im Club grundsätzlich für falsch halte – im Gegenteil! Denn das kann auch gut gehen, liebe Männer, lasst Euch daher nicht entmutigen! Meinen jetzigen Freund hab ich schließlich auch auf einer Party kennen gelernt – und auch er hat mich angesprochen. Und ich wollte ihn näher kennen lernen, weil er mir gefallen hat.

Meines Erachtens ist das nach wie vor die beste Art, Menschen kennenzulernen: richtig im echten Leben und ohne Tinder oder andere oberflächliche Rechts-Links-Wisch-Dating-Apps als Scharnier.

Aber wenn ein Mann trotz meiner einmal oder vielleicht sogar mehrfach vorgetragenen Ablehnung nicht lockerlassen will und erst dann aufgibt, wenn ich meinen (ob nun hypothetischen oder echten) Freund erwähne, dann zeigt das, wie gering das Urteilsvermögen einer Frau von manchen Männern nach wie vor gewertet wird. Und das ist ein Problem.

Das ist Alltags-Chauvinismus. Das ist der Grund, warum solche Manöver immer seltener funktionieren. Es ist nicht der Versuch an sich, es ist die oft mangelnde Akzeptanz des Abgewiesenen – aus welchen Gründen auch immer.

Vielleicht habe ich einen Freund, vielleicht will ich nur mit meinen Freund:innen unterwegs sein, vielleicht gefällt er mir nicht oder vielleicht habe ich einen miesen Tag gehabt.

Denn letztlich ist egal, warum ich jemanden ablehne – ich muss ja auch nicht weiter erklären, warum mir jemand gefällt. Warum sollte ich denn erklären müssen, warum mir jemand nicht gefällt? Vielleicht habe ich einen Freund, vielleicht will ich an dem Abend nur mit meinen Freund:innen unterwegs sein, vielleicht gefällt er mir nicht oder vielleicht habe ich einen miesen Tag gehabt. An anderen Tagen oder bei anderen Frauen klappt es vielleicht – das weiß man vorher nicht. Einen Versuch ist es immer wert. Immer.

Aber Fakt ist: Nein bedeutet wirklich Nein. Auch bei Frauen. Und das haben Männer ohne weitere Erklärung zu akzeptieren. So wie es umgekehrt auch gelten sollte. 

Headerfoto: Junge Frau mit Schal (Stockfoto) via sergey causelove/Shutterstock. („Gesellschaftsspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür! 

LINDA hat an Heiligabend Geburtstag, kommt aus dem Rheinland, ist aber im Herzen Hamburgerin. Sie hat Literatur in Bonn und Hamburg studiert und mit einer Arbeit über die Liebe abgeschlossen. Für die Liebe ist sie auch nach Berlin gezogen. Bei im gegenteil liest sie deswegen auch Liebesbriefe und sorgt dafür, dass diese hübsch gemacht sind für dieses Internetz.

4 Comments

  • „Die Ablehnung durch eine Frau kann anscheinend nur in dem Fall akzeptiert werden – wenn die Gefahr besteht, durch ein anderes Männchen, das Besitzansprüche hat, bedroht zu werden.“

    Nö, damit hat das auf jeden Fall nichts zu tun. Sehr viele von uns Männern sähen sowas grundsätzlich zumindest eher als Herausforderung, da wir uns untereinander permanent konkurrieren, aneinander messen. Die Sportwelt z. B. ist im Grundsatz eine männliche Welt. Wettkampf… Wer ist der beste, wer setzt sich durch? usw…

    Aber in diesem Fall: Wenn eine Frau selbstbewusst sagt, sie habe einen Freund, wird das, sehr vereinfacht gesagt, einfach nur so wahrgenommen, dass es keinen Sinn macht, da zu baggern.

    Ich will nicht sagen generell, aber meiner Erfahrung nach, an mir selbst erlebt, wie sich Freundinnen ob nun Beziehung oder einfach Bekanntschaft mir gegenüber und anderen Typen gegenüber verhielten und verhalten: Hast als Mann eine Freundin, umwerben dich auf einmal auch andere Frauen (wie durch wundersame Hand). Warum das so ist, will ich nicht bewerten. Aber es ist so. Bin 45 Jahre alt…

    Und da unterscheiden wir Männer und Frauen uns voneinander, wie in vielen anderen Punkten.

  • Endlich spricht es mal jemand aus-Nein heißt Nein, auch bei Frauen und eine Erklärung ist in keiner Weise nötig. Ich hielte es für besser, zurück zu fragen: Warum fragst du weiter nach einem Date, obwohl ich schon Nein gesagt habe ?
    Das geht in keiner Weise gegen die Männer. Wie die Autorin schon sagte: frau hat mal was anderes im Kopf, ist in Eile, hat gerade erfahren, dass ihr Auto nicht durch den TÜV gekommen ist…Mich hat mal einer an einer U-Bahn Haltestelle angemacht, als ich es schon wirklich eilig hatte und das hat man mir auch angesehen, denn ich hatte einen wichtigen Termin und der verdammte öffentliche Passagiertransport hatte natürlich mal wieder Verspätung-das letzte was ich brauchte, war jetzt ,so einer‘. Und damit meine ich einen, der im falschesten Augenblick mich mit seiner dazu recht unbeholfenen Labereien belästigt, ja auch das kommt dazu. Das hatte nichts mit ,Hochnäsigkeit‘ zu tun, noch mit ,du denkst wohl du bist eine Prinzessin…‘ Nein du Idiot, ich bin in Eile !!!
    Also ist schon mal der Augenblick und das wie entscheidend. Und in dem Augenblick hätte mir George Clooney seine Telefonnummer zustecken könne, ich hätte nur gesagt, „Fahr mich lieber zu meinem Termin, Mr. Hollywood !!“
    Was das Nein sagen auf Partys oder sonstigen passenderen Gelegenheiten angeht: Ich hab auch da schon Nein gesagt ? Weshalb ? Weil ich schon einen gesichtet hatte, der mir einfach besser gefiel. Weil ich einfach nur mal abtanzen wollte, ohne jemanden Kennen lernen oder ONS machen zu wollen. Ja, das gibt’s auch das macht Spaß.
    Also: Nein hießt Nein, und so reif sollte Mann sein das zu akzeptieren. Ich möchte mir nicht machen und mache mir auch kein schlechtes Gewissen bei etwaigen „Schnief“- reaktionen und Aggro werden geht schon gar nicht.
    Übrigens interessant finde ich schon diesen ersten Kommentar“…wie komme ich bei einer Frau, die Nein sagt eben doch zu dem was ICH will ?“
    Dann auch mal folgendes: Auch Mädchen und Frauen blitzen ab. Werden betrogen. Sind Mauerblümchen, finden keinen Partner für den Schultanz/ die Party. Auch wir erfahren Ablehnung bei Interesse an einem Mann. So what ? Deswegen jammern wir doch nicht lang rum. Es ist dein Verlust Kumpel, deswegen ist mein Abend nicht futsch und mein Ego schon gar nicht.
    Nehmt Frauen einfach ernst als mündige Menschen so ihr selbst welche seid und betrachtet uns nicht als Freiwild, Egofi**, oder sonst wie fördernd für euer Selbstwertgefühl. Dafür sind eure Mamas da.
    Engagement schön und gut-aber bitte nicht bei einem eindeutigen Nein, und eine die einen Engangement mässig an der Nase rumführt, sollte Mann sowieso vergessen. Das heißt nicht: Spricht uns nicht an, es heißt nur: akzeptiere ein Nein. Auch wenn deine Männerfreunde grinsen.
    Du hast es richtig gemacht.

  • Hi Linda.

    Hast Du vielleicht einen Tipp für uns Männer wie wir die ( je nach persönlichem Umfeld) doch sehr große Gruppe der Frauen die bei einem „Nein“ tatsächlich mehr Engagement erwarten, von der Gruppe unterscheiden, bei denen das „Nein“ einem Desinteresse gleichkommt und „Nein wirklich nein bedeutet“? In meinem Umfeld erwarten viele meiner Freundinnen und Bekannte einfach ein gewisses Engagement von den Männern. Und das fängt halt schon bei der „Kontaktaufnahme“ an und nicht erst bei den vielen Kleinigkeiten des späteren Kennenlernens…

    • Lieber Mike,

      ich finde, das ist eine interessante Frage. Ja, die Frauen, die dann ein stärkeres Engagement erwarten, die gibt es natürlich auch. Und obwohl ich generell der Meinung bin, dass man Frauen (oder auch Männer – denn das Spiel funktioniert ja auch andersherum) in Ruhe lassen sollte, wenn sie einmal nein gesagt haben, kann man sich zusätzlich, wenn die Botschaft nicht eindeutig war, auf die Körpersprache konzentrieren. Wenn sie sich zum Beispiel sofort schon wegdreht, weitergeht oder die Arme verschränkt, bedeutet das in der Tat, dass man da einfach nichts holen kann. Wenn sie aber von sich aus weiter das Gespräch sucht, kann man vielleicht noch mal einen zweiten Versuch starten. Warum sie dann aber als erstes Nein gesagt hat, wäre dann meine Frage – ich bin da simpler und kokettiere ungern. Ich arbeite selbst beim Ansprechen nach dem Prinzip: Wer nicht will, der will eben nicht. Und ich gehe immer davon aus, dass Menschen das meinen, was sie sagen. Ist mit Sicherheit auch typenabhängig.

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