Schlaf hängt noch auf meinen Lidern und die Realität ist nicht klar vom Traum zu trennen. Also muss ich mich erst vergewissern, dass du echt bist. Beiß dir in die Schulter, hauch dir sehnsüchtige Worte in den Nacken und lass die Zeit verstreichen. Ob eine Antwort folgt. Schnell packt mich die Wärme deines Körpers, hüllt mich ein und zieht mich in die Nacht zurück. Kann ich widerstehen, wer bist du eigentlich und warum sieht es hier so anders aus? Suche Halt an deiner Haut, doch ich gleite ab, versinke immer tiefer zwischen Decken und Polstern. Bis sie mich ganz verschlungen haben. Du bleibst meine letzte Rettung, streck dir meine Hand entgegen. Warte, sehne, dass du sie endlich ergreifst. Meine Hoffnung dehnt sich mit den Minuten, dreht sich zur Bettkante, will in die Kälte fliehen. Wo es für Träume keinen Platz gibt, Wahrheit den Ton vorgibt, wir noch eine Zukunft haben.
Vielleicht weckt dich meine Unruhe oder der leuchtende Abdruck meiner Zähne in deinem warmen Fleisch. Zögerlich kommt Bewegung in deinen Körper. Deine Finger suchen, finden, fangen die meinen. Bewahren mich vorm Ertrinken in diesem fremden, weißen, furchtbar weichen Meer, in dem wir beide treiben. Wie lang will mir nicht einfallen. Am Horizont fehlt jede Andeutung einer Insel und auch das Licht scheint sich nicht einig werden zu wollen, woher es kommt. Wohin es geht. Ob es uns folgt, und dich absichtlich so wunderschön leuchten lässt. Deinem Gesicht einen satten Glanz verleiht, als würden wir nicht aus dem Schlaf erwachen, sondern gerade den Wellen entsteigen, die ich schon so lange nicht mehr auf meiner Haut gespürt habe.
Dafür spüre ich jetzt dich, wie du langsam gegen mich brandest. Habe Sorge, dass du an meinen Klippen zerschellen wirst. Verschlungen von meiner Sehnsucht. Doch du bist stärker, mächtiger, furchtloser als es deine halb geschlossenen Augen verraten wollen. Kehrst meine Flut gegen mich bis kein Zweifel mehr besteht, dass ich in deiner Strömung nicht entrinnen kann. An deinen Lippen brechen meine Worte, werden zurück geworfen. Zum Vorstürmen gezwungen bis nichts mehr bleibt außer die dünne Haut, die sie vor deinen Zähnen schützt. Zerfetzte Segel, Tropfen perlender Schmerzen, vermengt, durcheinandergewirbelt, weil Ordnung keinen Wert mehr hat. Wir gegen die Regeln spielen, und wenn wir neue brauchen, dann nur, um sie über Bord zu werfen.
Ich versuche mich zu lösen, den Kopf wieder über Wasser zu bekommen, aber du lässt mich nicht mehr los. Sitzt auf meiner Brust, zwingst mir deine Lust auf. Ich kann mich nur ergeben, deinem Willen folgen, bis deine Aufmerksamkeit unter Schreien begraben liegt. Doch wie lang kann ich mich deinem Begehren beugen, ohne zu verlieren, was du von mir verlangst. Will nicht als leere Hülle zurück bleiben, sondern von deiner Lust erfüllt werden, während ich dir meine Grenzen opfere. Lichterloh brennen sie, zerstreuen den Nebel im Raum, zwingen Tropfen in jede Ecke. Überziehen meine Haut mit süßem Schweiß, der Kontrast zum herben Rauch lodernder Sehnsucht. Jeder Seufzer strebt in eine andere Himmelsrichtung, weil sonst kein Platz bleibt. Für die Silben, hastig gesprochen, zu Ketten gewunden, mit denen wir uns binden. Aufmerksamkeit fesseln, jedes Aufbegehren niederzwingen.
Schnappe nach Luft, du hast sie mir genommen. Nicht nur mit deinen Händen, an meinem Hals, deinem glühenden Körper, der mich ins Bett drückt, sondern mit der Möglichkeit, das hier könnte enden, sich nicht in die Ewigkeit ziehen. Nach der einen großen Welle, kein zweites Hoch mehr kommen. Ein Höhepunkt, einsamer Gipfel, durch die Wolken brechend, aber allein in seiner erhabenen Schönheit. Zum Vergessen erdacht, weil sonst die Zukunft nur noch grauer erscheint. Versuche wieder zurück zu dir zu finden, doch bin so weit weg, während du immer mehr von mir in Beschlag nimmst.
Zähne treiben deine Wünsche immer tiefer in mein Bewusstsein, drängen mich gegen die Wand, Richtung Abgrund. Was ist mit unserer Wäsche passiert, wo sind die zerbrechlichen Rüstungen, die uns vor der Gier des anderen schützen sollten. Wie kann Geborgenheit so nahe an Brutalität und Schmerz liegen. Rote Striemen überziehen unsere Körper, viel beschrittene Wege, Zeugen der Wut, aus dem unüberwindlichen Abstand geboren. Dann gehen wir zu weit, überschreiten Linien, die einmal Mauern waren. Bringen Dinge durcheinander, wecken verborgene Gefühle. Explosionen, zerspringendes Eis, plötzlich steht alles unter Strom, rinnt über unsere Wangen, Rücken, Schenkel. Zurück ist nicht mehr möglich, genauso wie nach vorne. Müssen im Moment verharren.
Ihn in die Unendlichkeit dehnen, pendelnd zwischen Schmerz und Glück. Unser Atem tanzt zum Takt unserer Körper. Folgt jeder Wendung, aufmerksam, keinen Fehler zu machen, sich nichts entgehen zu lassen. Was mehr bringt, mehr kostet. Morgen verunmöglicht, aber heute erstrahlen lässt. Und so werden Küsse von Zähnen begleitet, ein Streicheln hinterlässt Abdrücke auf deiner Wange und jedes Wort wird von dem darunter liegenden Schrei zerrissen. Das Echo bleibt im Raum hängen, schaukelt sich auf, bringt Ohren zum Dröhnen, in denen das Blut pulsiert. Lärm, aus dieser Begierde entstanden, untermalt, beflügelt unser Spiel. Eine Symphonie verbotener Laute, dem Innersten vergessener Wünsche.
Doch dann naht das Ende, im Chaos leicht zu übersehen, und nur weil es dem Anfang gegenüber steht, noch erkenntlich. Wird es unsere Körper wieder auseinandertreiben. Trennen, was wir verbinden, verschmelzen wollten. Vor dem Scheitern lebt die Hoffnung auf, dein Blick durchbohrt meine Augen, brennt sich in mein Bewusstsein. Kann nicht erkennen, ob du lachst oder weinst, als das Stöhnen deine Lippen zur Seite drängt. Versuche nicht mehr zu verstehen, folge dir, vertraue dem Gefühl, das mich überkommt. Springe an deiner Seite von den Klippen in die Ungewissheit. Für ein paar Augenblicke scheint Glück möglich, während das Zittern und Prickeln meine Wahrnehmung überschwemmt und danach plötzlich nicht mehr zählt.
Headerfoto: Benjamin Disinger via Creative Commons Lizenz 2.0! („Sexy Times“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!