Warum unser Abschied besonders doll wehtut, wenn ich versuche, den Schmerz vor dir zu verbergen

Nach dem schönen Kurztrip ist der Abschied vom neuen Lover echt schwierig. Das will unsere Autorin aber auf keinen Fall zugeben und versucht, ihre Gefühle vor ihm zu verbergen. Vielleicht wäre es besser gewesen, ihre Traurigkeit mit ihm zu teilen?

Ich und Abschied

Ich und Abschied. Ich dachte, ich wär gut drin, hab aber langsam das Gefühl, dass wir beide doch nicht so kompatibel sind. Beziehungsweise es doch nicht so einfach für mich ist, Abschied zu nehmen. Ich weiß auch warum.

Abschied schmerzt. Wer macht schon gerne etwas, das Schmerzen bereitet? Eben fühl ich mich rein, und schon lastet auf meinem Herz ein schwerer Stein, es zieht in der Magengegend, meine Kehle schnürt sich zu. Ich will mich irgendwo anlehnen oder zusammenkauern und verkriechen. Abschied schmerzt, macht traurig, wütend, irgendwie wund. Etwas geht, das auf eine Art und Weise Teil von mir war oder sich zumindest so angefühlt hat.

Abschied schmerzt, macht traurig, wütend, irgendwie wund.

Ich kam drauf, über dieses Thema zu schreiben, weil ich vor wenigen Tagen von diesem Schmerz völligst überrumpelt wurde. So als gäb‘s den gar nicht. So als würde ich den am liebsten aus meinem Gefühls- und Erlebensspektrum verbannt haben wollen. Natürlich unbewusst. Rational gesehen würd ich sagen: Ich und Abschied? Kein Problem!

Der Wochenendtrip mit einem neuen Lover

Auslöser war der letzte Tag eines langen Wochenendtrips, auf den ich einige Tage voller Vorfreude hingefiebert hatte. Dieses Wochenende hatte für mich eine wichtige Bedeutung. Erstens: Es ging nach Holland ans Meer. Zweitens: Meine Reisebegleitung war ein total sympathischer Mensch, der vor nicht allzu langer Zeit erst in mein Leben getreten war.

Wir hatten drei Tage voller entspannter, sinnlicher Zweisamkeit zusammen. Es war schon aufregend … positiv aufregend … ich fühlte mich wohl mit ihm. Und plötzlich war er da, der Tag der Abreise. Er meinte zu mir: „Ist doch nur ne Heimfahrt.“ Objektiv betrachtet hatte er völlig Recht. Was ist schon dabei? Wir hatten ein langes Wochenende, fuhren hin, fuhren wieder zurück. Aber was sich da in mir alles an diesem Tag abspielte, war ganz schön krass und drohte, mich wie ein Tsunami zu überrollen.

Was ist schon dabei? Wir hatten ein langes Wochenende, fuhren hin, fuhren wieder zurück.

Es fühlt sich an dem Tag so an, als hätte ich den bevorstehenden Abschied nie in meiner Planung integriert, so haltlos hab ich mich plötzlich gefühlt, ich war richtig traurig darüber. Und was es nicht besser machte, war die Sache, dass ich nicht wollte, dass er mitbekommt, wie ich mich fühle. Am liebsten hätte ich einfach „tschüss“ gesagt, hätte mich für mich allein wieder gesammelt, aber wir hatten eine fünfstündige Fahrt vor uns. Horror!

Da waren sie plötzlich, all die schmerzhaften Erfahrungen aus der Vergangenheit, die über vorherige intime partnerschaftliche Beziehungen bis hin zu Erlebnissen in meiner Kindheit reichten. Ich hatte Angst, ich suchte nach Zeichen von ihm, die mir die Bestätigung gaben, dass ich sicher bin in der Beziehung. Und gleichzeitig wollte ich einfach nur weg. So viel Zerrissenheit, schwer integrierbar. Er fragte mich irgendwann, was los sei. Ich konnte und wollte es ihm nicht sagen, konnte nur schwer Worte finden, hab mich geschämt, fühlte mich wie ein junges Mädchen, das das Gefühl hat, ohne den anderen nicht existieren zu können.

Früher vs. heute

Ich fühlte mich so abhängig, mag ich auch gar nicht. Früher hätte ich ihn zum Schuldigen meiner aktuellen emotionalen Lage erklärt, zum Glück war ich noch so gut bei mir, dass ich verstand, dass es weniger mit ihm, sondern viel mehr mit mir und meinen Erfahrungen zu tun hat. Als wir endlich zu Hause ankamen und ich ihn bei sich abgesetzt hatte, war ich ziemlich erleichtert.

Zwischenzeitlich hatte ich den starken Drang, einen Streit ins Rollen zu bringen. Gerade dann, wenn es so nah ist, hilft ja vielleicht auch ein Streit, um wieder mehr Grenzen zu ziehen. Als könnte man dadurch die Traurigkeit überwinden. Nun ja, in der Wut fühl ich mich wenigstens weniger ohnmächtig. Es gelang mir, das meiste bei mir zu behalten. Ich habe nachwirkend den Eindruck, dass das für die Phase des Kennenlernens die bessere Entscheidung war.

Zwischenzeitlich hatte ich den starken Drang, einen Streit ins Rollen zu bringen. Gerade dann, wenn es so nah ist, hilft ja vielleicht auch ein Streit, um wieder mehr Grenzen zu ziehen.

Und dennoch hatte es einen ziemlichen Nachhang. Auch am nächsten Tag fühlte ich mich noch richtig wund, habe es aber geschafft, mich wieder zu sammeln. Ich frag mich aber, ob mir nicht zumindest ein Teil des ganzen Rattenschwanzes erspart geblieben wäre, wenn ich zum Zeitpunkt der Abreise einfach mal ein bisschen geweint und ich mich ihm mit der Traurigkeit gezeigt hätte. Da fing die Misere nämlich an. Als ich versuchte, gegen meine Gefühle anzukämpfen, sie wegzudrücken.

Warum verstecke ich meine Gefühle?

Ich frag mich manchmal, warum ich eigentlich so hart zu mir bin. Warum ich mich mit meinen zarten, verletzlichen Gefühlen in so bedeutsamen Momenten so verstecken möchte. Ein paar Tage später – ja, es gibt eine Fortsetzung mit ihm – konnte ich ihm zumindest mitteilen, wie schwer es mir fällt, mich verletzlich zu zeigen. Und er meinte nur so: „Wer mag das schon?“

Ich wünsch mir für mich und mein Leben, dass ich mir die Traurigkeit des Abschieds mehr zugestehe und ausleben kann. Denn wenn ich es mir genauer überlege, gibt es alltäglich Veränderungen und somit die Konfrontation mit Abschiedsschmerz, der, wenn gelebt, dann auch wieder Platz für einen Neubeginn macht. Songtexte (Keramik von Oehl oder Adiós von Gustavo Cerati) sprechen davon, dass „jedem Anfang ein Ende voraus geht“ und dass „Sich-Verabschieden-können“ Wachstum bedeutet. Das merk ich mir gerne.

Ich wünsch mir für mich und mein Leben, dass ich mir die Traurigkeit des Abschieds mehr zugestehe und ausleben kann.

Ich schreibe diese Zeilen an der Playa de Canallave in Kantabrien, zwei Wochen nach dem Ereignis und freu mich darüber, dass ich endlich die Zeit und Muße finde, mich damit in Ruhe auseinanderzusetzen. Wenn ich zurückdenke, hab ich viel Distanz, schwer vorstellbar, dass es so geschmerzt hat und dennoch versteh ich, warum es so war. Es hatte seine Berechtigung, war unvermeidbar.

Es gilt, den Umgang zu meistern und die Gefühle anzunehmen, auch wenn sie vielleicht im jeweiligen Moment total unangemessen wirken. Ich hab mich gern unter Kontrolle, aber finde es wichtig und gut, dass ich auch diese mal verliere, um mich dann wieder neu zusammenzurücken. So sitze ich nun hier, einen halben Zentimeter größer und springe zum Abschied vom Strand nochmal eine Runde ins Meer.

Headerfoto: cottonbro studio. (Kategorie-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

Valeskavalini kitzelt es in letzter Zeit ständig in den Fingern. Sie fühlt sich inspiriert und liebt es, zu schreiben. Sie hat so viel im Kopf, so viel, das raus will, gesagt werden möchte. Valeskavalini schreibt für sich, schon immer, seit der Kindheit. Sie hat Lust, es zu teilen, mag inspirieren und motivieren, Denkanstöße geben und sich mit ihrem Wirrwarr im Kopf nicht so alleine fühlen. Sie ist ein neugieriger und abenteuerlustiger Mensch, mit viel Tiefgang und Herz.

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