Soll ich oder soll ich nicht?

Kennst Du das auch? Du gehst zu einem Date. Und erkennst schon nach kurzer Zeit: „Das wird nichts“, und Du fragst sich gleichzeitig: „Was soll ich hier“? Am liebsten würdest Du sofort gehen, aber Du zögerst lange und Dir wird Angst und Bange, denn eigentlich willst Du den anderen nicht verletzen. Was nun? Bleiben oder gehen?

Und oft bleibst Du und ärgerst Dich am Ende darüber, geblieben zu sein. Und das nur, weil Du wieder mal nicht einfach nur an Dich selbst und Dein eigenes Wohlergehen denken konntest. Du brachtest es einfach nicht übers Herz, ehrlich zu Dir selbst zu sein, weil das für Dich möglicherweise bedeuten würde, hart oder gar egoistisch gegenüber dem anderen zu sein.

Die Frage aber sollte nicht lauten, wer von Euch beiden wichtiger ist, denn die Antwort ist „Du bist wichtig“

Die Frage aber sollte nicht lauten, wer von Euch beiden wichtiger ist, denn die Antwort ist „Du bist wichtig“ und Deine Bedürfnisse stehen vor den Bedürfnissen der anderen, wenn es denn Dein Bedürfnis ist, einfach nur zu gehen.

Denn Du musst Dich in Deiner Haut wohl fühlen. Und wenn Du Dich nicht wohl fühlst in Gemeinschaft mit Deinem Date, dann bitte, bitte geh wirklich einfach und hör auch nicht auf die anderen, falls diese Dich als egoistisch betiteln. Das stimmt nämlich nicht. Und das zu wissen, das ist einfach wichtig und richtig.

Ich wollte, dass es meinem Gegenüber gut geht, aber habe mich dabei stets vergessen.

Mir ist das leider schon einige Male passiert. Und jedes Mal habe ich mich geärgert, nicht auf mein Bauchgefühl gehört zu haben. Jedes Mal habe ich Lehrgeld bezahlt, weil ich aus meinem schlechten Gewissen heraus oft auch noch die Rechnung übernommen habe. Ich wollte, dass es meinem Gegenüber gut geht, aber habe mich dabei stets vergessen. Ich bin einfach über mein schlechtes Gefühl hinweggegangen, auch wenn ich wusste, dass wir uns nie wiedersehen werden. Ich wollte vermutlich einfach nur gut dastehen.

Das letzte Mal, als mir das passiert ist, war ich noch voll in meinem üblichen Modus. Ich wusste, dass sie und ich uns nie so gut verstehen würden, wie es noch beim Schreiben der Fall war. Ich wollte sogar kurz vorher absagen und ließ mich dann doch dazu überreden, mich zu treffen. Besagte Dame war aus meiner Sicht nicht in der Lage, sich in mich hineinzuversetzen, viel mehr noch hatte ich das Gefühl, dass sie nicht einmal bereit war, dies zu tun.

Ich ließ mich wieder von meinem Gutmensch-Dasein übertölpeln, ihr einfach nur eine gute Zeit zu bescheren.

Ich ließ mich wieder von meinem Gutmensch-Dasein übertölpeln, ihr einfach nur eine gute Zeit zu bescheren. Warum auch immer es der Fall war, ich mochte es nicht, wenn andere schlecht über mich denken. Mir war es zu wichtig, das Gefühl zu haben, richtig zu sein. Ohne dieses Gefühl hatte ich einfach nur ein miserables Gewissen.

Zu gehen fühlte sich immer falsch an. Mittlerweile weiß ich, dass ich wichtig bin, dass es wichtig ist, dass es mir gut geht und dass meine Bedürfnisse wichtig genug sind, um diese ernst zu nehmen.

Machtlos ist nur der, der nichts macht, außer vielleicht eine gute Miene.

Frei ist der, der sich entscheidet, das aus seiner Sicht Richtige zu tun.

Frei ist aber der, der sich entscheidet, das aus seiner Sicht Richtige zu tun. Meine neue Freundin sagte kürzlich: „Das, was ist, ist richtig und hätte ist falsch, denn wenn ich mich anders entscheiden hätte, hätte ich es getan. Da ich es aber nicht getan habe, war das, was ich tat, die richtige Entscheidung.“

Ich kann Dich also nur dazu ermuntern: Tu das, was Dir gerade richtig erscheint, denn das ist das, was wichtig ist, und das, was zählt. Ich wünsche Dir, dass Du Dich für Dich entscheiden kannst. Ich wünsche Dir ganz viel Selbstliebe und vor allem ganz viel Selbstverantwortung für Dein inneres Kind.

Headerfoto: Adam Birkett via Unsplash. („Wahrheit oder Licht“-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür!

Leonard Anders wurde im Jahr 2015 eine narzisstische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Kurz nach seiner mittleren Reife hatte er seinen ersten Zusammenbruch und mit ihm begann eine wahre Odyssee. Er war fast ein Jahr durchweg in der Psychiatrie, überlebte drei Suizidversuche, war obdachlos und kämpfte sich von ganz unten wieder nach oben. Nach erfolgreicher Aufarbeitung seiner verletzten inneren Kindanteile arbeitet Leonard Anders heute als Coach und Lebensberater und hilft Menschen dabei, ihre Glaubenssätze und Trigger aufzulösen. Er ist Autor des Buches "Ein Narzisst packt aus" erschienen im Mai 2018 im Tectum- Verlag.

1 Comment

  • Tut mir Leid, ich kann die Argumentation nicht nachvollziehen. Was ist denn dabei, mal ein bisschen höflich zu sein und den Abend so abzuschließen, dass keine und keiner sich verletzt fühlt? Wie würdest du dich fühlen, wenn der oder die andere einfach gehen würde? Weißt du, wie lange dein Gegenüber brauchen wird, sich wieder zu einem Date zu trauen, wenn du so agierst? Die ein oder zwei Stunden, die du ausgeharrt hast, sind schon am nächsten Abend vergessen.

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