Party ohne Alkohol – und wer nicht trinkt, hat trotzdem Spaß!

Ich bin jetzt 28 Jahre alt und habe von meinem 18. bis zum meinem 26. Lebensjahr so gut wie nie Alkohol getrunken. Wenn, dann höchstens mal einen Kurzen oder so. Zum Geburtstag eines Freundes, meist in den Sommermonaten; wenn alles so flauschig ist und man sich denkt: ›Achja komm, ein kleiner Schnaps geht schon.‹ Geht ja auch, schmeckt nur nicht.

Ich habe ungefähr drei Jahre und drei bitterböse Abstürze gebraucht, um zu merken, dass Alkohol für mich so ziemlich gar nichts konnte.

Ich habe ungefähr drei Jahre und drei bitterböse Abstürze gebraucht – das heißt einen pro Jahr, von meinem 15. Bis zum 18. Lebensjahr – um zu merken, dass Alkohol für mich so ziemlich gar nichts konnte.

Bier mochte ich nicht, Sekt und Wein auch nicht – das war mir zu erwachsen –, Alkopops waren zu süß und vor denen warnte man ja auch um die Mitte der 2000er und die meisten Spirituosen waren für mich nichts anderes als pures Benzin.

Wodka ging – mit viel, viel O’saft, Fanta oder anderem süßen Zeug. Man sollte halt bloß nichts vom Alk schmecken. Dann fand ich’s gut. Aber wenn man zu viel Wodka’O trinkt und so überhaupt nicht weiß, wann genug ist, dann findet man sich eben doch relativ schnell über der Kloschüssel wieder – während man rückwärts frühstückt, dass manche Supermodels stolz auf einen wären.

Ich hatte nach dem dritten Absturz damals mit 18 beschlossen, dass Herr Alkohol und ich keine Freunde würden – vorerst zumindest. Man muss dazu sagen, dass diese Entscheidung an sich nicht schwer zu treffen war. Wie gesagt: Ich mochte es nicht und meine Grenzen waren mehr als einmal ausgetestet und weit überschritten worden.

Aber die Zeit danach, das tatsächliche (Party-)Leben ohne Alkohol, barg natürlich die eine oder andere Hürde – in sozialer Hinsicht. Es verging eigentlich kein Wochenende mit Freunden oder neuen Bekanntschaften, an dem ich nicht gefragt wurde, warum ich nicht vom Bier, Wein oder Sekt trinken wollte.

»Bist Du krank?«, »Hast Du Probleme?« oder »Bist Du schwanger?«, sind nur einige Fragen, die einem immer wieder begegnen, wenn man sich statt an einer Bierflasche an einer Flasche mit Apfelschorle festhält.

»Bist Du krank?«, »Hast Du Probleme?« oder »Bist Du schwanger?«, sind nur einige der Fragen, die einem immer wieder begegnen, wenn man sich statt an einer Bierflasche an einer Flasche mit Apfelschorle oder (in meinem Fall) Cola festhält. »Nö, alles super, ich mag einfach keinen Alkohol«, war genauso oft meine Antwort. In your Face – mit Liebe.

Nicht weniger kreativ waren auch die weiteren Fragen, die aufkamen, wenn das Gegenüber so allmählich geschluckt hatte, dass mein Verzicht auf Alkohol freiwillig und nicht durch irgendwelche Krankheiten oder Schicksalsschläge induziert war: »Ah, ok. Aber Fleisch isst Du doch, oder?« So nach dem Motto: ›Die Arme, wenigstens ein bisschen Spaß sollte sie sich gönnen. Los, füttert sie mit Frikadellen* und Schokoriegeln.‹.

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An dieser Stelle dürfte es für den einen oder anderen tröstlich sein zu hören, dass ich immer Fleisch mit großer Begeisterung aß und noch esse.

Ein sehr enger und lieber Freund von mir teilte mir einmal mit, dass ihn mein Verzicht deswegen so verwirrt habe, weil das so gar nicht in sein Bild von einer Literaturstudentin passte. Rotwein und Zigaretten gehörten für ihn zur Standardausrüstung. Bekommt man quasi bei der Einschreibung für diesen Studiengang dazu. Beides suchte er zum Zeitpunkt unserer ersten Begegnung bei mir jedoch vergeblich.

Ich ging jedes Mal mit kiezen –  natürlich nüchtern. Und ich hatte trotzdem Spaß!

Aber so vergingen die Jahre inmitten meiner Party-Gang in Hamburg, bei der ich jedes Mal mit kiezen ging – ohne dem Alkohol zu frönen. Und was soll ich sagen? Ich hatte meinen Spaß!

Natürlich war ich meistens die einzige, die nichts trank und alles (Ja, ALLES) mit klarem Kopf mitbekam. Aber ich war ja mit meinen Freunden unterwegs, daher brauchte ich keinen Rausch, um es lustig zu finden. Tatsächlich ist mein Archiv von witzigen Anekdoten im Hinterkopf umso größer, da ich mich an alles erinnern kann. Und ganz nebenbei: manchmal kann sowas auch sehr, sehr nützlich sein. Hihi.

Wenn Du Jahre aushältst, ohne zu trinken feiern zu gehen und trotzdem Spaß zu haben, dann hast Du eigentlich nur gewonnen.

Ich verurteile  natürlich niemanden, dem es leichter fällt mit einem kleinen Schwips in die nötige Partystimmung zu kommen. Aber wenn man auch ohne kann, wieso dann nicht auch mal drauf verzichten? Alles kann, nichts muss. Und mir hat es die Möglichkeit gegeben, loslassen zu lernen, ohne dass ich nachhelfen muss.

Mit Herrn Alkohol wieder Freundschaft geschlossen habe ich übrigens vor zwei Jahren. Und seitdem vertragen wir uns. Weil ich auf wundersame Weise gelernt habe – vielleicht sogar durch den Verzicht über fast acht Jahre hinweg –, dass Alkohol ein Genussmittel ist. Und genießen sollte man langsam und in Maßen. Naja, ich zumindest. Ich habe auch Freunde, die sehr schnell genießen.

Genießen sollte man langsam und in Maßen. Naja, ich zumindest. Ich habe auch Freunde, die sehr schnell genießen.

Klar, ein gelegentlicher Rausch kann richtig Spaß machen. Aber wenn man nicht muss, dann kann man vielleicht besser. Und genießen ist für mich mit Können verbunden, nicht mit Müssen. Wichtig ist, die eigenen Grenzen zu kennen.

*Frikadelle = Bulette oder für die Bayern ein Fleischpflanzerl und für die Schweizer (so sagt zumindest meine Super-Duper-Kollegin Giulia) Hacktätschli.

Headerfoto: Partycrowd via Shutterstock.com. (Gesellschaftsspiel-Button hinzugefügt, Bild gespiegelt.) Danke dafür!

LINDA hat an Heiligabend Geburtstag, kommt aus dem Rheinland, ist aber im Herzen Hamburgerin. Sie hat Literatur in Bonn und Hamburg studiert und mit einer Arbeit über die Liebe abgeschlossen. Für die Liebe ist sie auch nach Berlin gezogen. Bei im gegenteil liest sie deswegen auch Liebesbriefe und sorgt dafür, dass diese hübsch gemacht sind für dieses Internetz.

3 Comments

  • Hallo!
    Ich hab mir heute darüber Gedanken gemacht und gegoogelt und bin auf deinen Artikel gestoßen

    Ich trinke auch so gut wie nie Alkohol.
    Früher noch konsequenter, weil ich sehr krank war und Medikamente immer nehmen musste.

    Zum anderen, weil ich es immer wieder probiert habe ( einige Schlucke) und mir der Geschmack nie richtig gefiel.

    Mittlerweile geht es mir besser und ein Glas Wein ist bei mir auch mal drin an besonderen Anlässen

    Aber ich war immer so verwundert, weil ich immer so viele Leute hab sagen hören „Der Abend war so toll“ und im gleichen Atemzug „Wir waren so betrunken!“

    Irgendwie hatte es mir ein Gefühl gegeben, das mein „nüchterner“ Spaß nicht das Level erreichen konnte, wie der Spaß von Leuten, die trinken.
    Es wurde immer mit einem Stolz berichtet, welchen Level man erreicht, wenn man betrunken war. Wie eine Fähigkeit / ein Skill, worauf man sehr stolz ist.

    Im Nachhinein ( und das ist heute erst der Fall gewesen) stelle ich fest, dass ich loslassen und Spaß kann – ganz bewusst – und tanzen und flirten kann und weiß, was ich tu.
    Ich muss mir nicht den Mut antrinken und die Hemmungen wegtrinken um lustiger und gesprächig zu sein.

    Ab heute hat es bei mir klick gemacht, mein nüchterner Spaß hatte den selben Wert wie der Spaß meiner Leute, die eben dafür trinken mussten, um da anzukommen.

    Danke nochmal für diesen tollen Blog Eintrag

    Liebe Grüße,
    Babis

  • Liebe Linda,
    ich finde diesen Artikel wunderbar. Ich selbst werde in ein paar Wochen 30 und trinke seit meinem 16. Lebensjahr keinen Alkohol. Das mit dem nicht schmecken und den ganzen Fragen, die sich mir stellten, hab ich nach den fast 14 Jahren auch durch und muss sagen, dass ich es ganz toll finde, dass das endlich mal öffentlich auf einem Blog thematisiert wird. Leben und Leben lassen. Ich finde es schlimm, dass das vom Gegenüber manchmal nicht so akzeptiert wird, wie ich es mir wünschen würde. Früher (eher die Studentenzeit) hat mich das genervt, dass Leute einen nicht so sein lassen wollen, wie man ist, ich ungefragt die Meinung des Gegenübers entgegengebracht bekam, obschon ich nichts thematisierte und einfach mit meinem Getränk rumstand, und ich mindestens 10 Sätze aufzählen konnte, die jeder mal von sich gab. Heute ist es okay und ich sage ganz offen und freundlich, dass ich niemandes Meinung ungefragt wissen möchte, wenn dies noch thematisiert wird. Und man sucht sich eh irgendwann seine Leute aus und die akzeptieren dann die eigene Meinung. Aber dennoch. Vielen Dank für das Thematisieren <3
    Lg Carolin

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