Meine Intention fürs neue Jahr: Es wirklich zu leben! | Von der Seele geschrieben

Während ich in meiner Wohnung sitze und nachdenke, gibt die Januarsonne draußen ihr Bestes und mir damit dieses kribbelnde Gefühl zurück, voller Energie zu sein, das mir die vielen grauen Tage genommen haben.

Wie passend, möchte ich doch etwas über meinen Vorsatz fürs neue Jahr schreiben. Denn zum Beginn des neuen Jahres habe ich mir einen Wunsch, eine Intention, ja, wenn man es so will, einen Vorsatz für mich formuliert: Dieses Jahr auf seine echteste, ehrlichste, wahrhaftigste und wundervollste Weise zu erleben.

Was bedeutet das?

Ich merke zunehmend, dass mir manche meiner Verhaltensweisen dabei im Weg stehen, mein Leben wirklich zu leben.

Ich merke zunehmend, dass mir manche meiner Verhaltensweisen dabei im Weg stehen, mein Leben wirklich zu leben. Welche das sind, weiß ich inzwischen. Und die Intention fürs neue Jahr soll mir jetzt dabei helfen, sie zu verändern.

Zum einen habe ich die Angewohnheit, in meinen Augen „negative“ Gefühle direkt wegzuschieben und zu ignorieren und noch dazu disharmonischen Situationen zu entfliehen oder zumindest den Impuls danach zu verspüren. Dass all das zum echten Leben dazugehört, habe ich inzwischen zwar verstanden, aber es fällt mir trotzdem noch schwer, es zuzulassen. Das möchte ich dieses Jahr ändern.

Denn alle Momente – auch die, in denen ich mich unwohl, unsicher, verärgert, traurig fühle – machen mein Leben aus und sind wichtig für mich. Wenn ich diese Momente versuche zu meiden, verpasse ich einen großen Teil meines Lebens. Und damit vielleicht sogar den Teil, in dem ich am meisten dazulernen kann.

Zum anderen neige ich dazu, Momente zu verpassen, indem ich mir Gedanken – und meistens sind es Sorgen – über die Zukunft mache. Vermutlich zu viele, denn im Nachhinein stelle ich immer wieder fest, dass ich den Moment, auf den ich mich so lange gefreut habe, gar nicht richtig wahrgenommen und genossen habe.

Ich glaube, nur, indem ich mein Leben so richtig wahrnehme, mit allem, was es zu bieten hat, lebe ich wirklich.

Und das ärgert mich, stelle ich mir doch die Frage, auf welche Erinnerungen ich dann mit 90 Jahren zurückblicken kann. Mist, erwischt. Auch dieser Gedanke dreht sich um die Zukunft. Es ist also wirklich nötig, dass mir meine Intention dabei hilft, meine Aufmerksamkeit in der Gegenwart zu behalten. Ich glaube, nur, indem ich mein Leben so richtig wahrnehme, mit allem, was es zu bieten hat, lebe ich wirklich.

Das Bedürfnis, zu entdecken und zu erfahren

Und noch etwas hat mich bisher immer davon abgehalten, mein Leben so richtig intensiv zu erleben, wie es ist: Angst. Durch sie vermeide ich nicht nur zahlreiche Momente bereits von vornherein, sondern schrecke auch währenddessen zurück und wage doch nicht den Schritt, der mich möglicherweise weitergebracht hätte.

Man muss nicht immer weiterkommen, ich weiß. Das ist ein verzweifelter Gedanken unserer Gesellschaft, dessen Ursprung letztendlich auch nichts anderes als Angst ist. Ich meine „weiter“ nicht im Sinn von „höher, schneller, weiter“, sondern vielmehr im Sinn von „weiter auf meiner Entdeckungsreise auf dieser Welt, in diesem Leben“.

Mein größtes Bedürfnis ist, immer mehr zu entdecken und zu erfahren – über mich, über das Leben, über die Menschen, über die Welt. Dem komme ich jedoch nicht nach, wenn ich gewisse Situationen von mir wegschiebe, gedanklich ständig in der Zukunft und all ihren vermeintlichen Gefahren herumhänge und mich von meiner Angst abhalten lasse.

Die 90-jährige Leonie will sich nicht vor dem echten Leben versteckt, sondern es mit jeder Faser aufgesaugt haben.

In dieser Hinsicht hilft es mir sogar, mich in mein 90-jähriges Ich hineinzuversetzen, weil ich dann klarer sehe, was ich erlebt haben und wer ich gewesen sein möchte. Und was mir wirklich wichtig ist. Das vergisst man schließlich schnell mal, als Mitglied dieser Gesellschaft. Die 90-jährige Leonie will sich nicht vor dem echten Leben versteckt, sondern es mit jeder Faser aufgesaugt und ein ganzes Haus mit Marmeladengläsern voller Erinnerungen gefüllt haben.

Ehrlich, echt, wahrhaftig und wundervoll

Meine Intention ist, dieses Jahr auf seine ehrlichste, echteste, wahrhaftigste und wundervollste Weise zu leben. Ehrlich, weil ich ehrlich hin- anstatt leugnend wegschauen will. Auch dahin, wo es wehtut, um manchen Schmerz und manche Angst endlich loslassen zu können. Und, weil ich auch ehrlicher mit anderen sein will.

Echt, weil ich durch Ignoranz und Flucht versuche, etwas Unechtes zu erzeugen – nämlich ein Leben ohne Unwohlsein, Unsicherheit, Wut, Trauer. Wahrhaftig, weil es das Gegenteil von versteckt und geleugnet ist und schön klingt. Und wundervoll, weil ich glaube, dass es ganz wundervoll wird. Ich glaube, diese neue Herangehensweise wird mir ein wundervolles Jahr bescheren.

Jetzt, wo ich ehrlicher mit mir sein will, muss ich mir eingestehen, dass die Sonne, die gerade vor meinem Fenster scheint, eine immense Kraft auf mich ausübt, auch wenn ich mir besonders an den grauen Tagen meinen Optimismus beizubehalten versuche.

Und ich muss mir eingestehen, dass ich es nicht sofort und auch nicht immer schaffen werde,  alles vollkommen frei von Ängsten und Sorgen zu erleben.

Und genauso muss ich mir eingestehen, dass ich es nicht sofort und auch nicht immer schaffen werde, vollkommen frei von Ängsten und Sorgen jedem Moment in diesem Jahr mit Offenheit und Freude entgegenzuspringen. Aber ich gebe mein Bestes. Auf die echteste und wahrhaftigste Weise, die mir möglich ist. Eben auf meine Weise. Vielleicht ist es am Ende nicht mehr als das: In diesem Jahr der Leonie ein Stück näher zu kommen, die ich wirklich bin.

Headerfoto: Maksim Goncharenok (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!

LEONIE MACHBERT schreibt Geschichten, seit sie schreiben kann. Sie hat Journalismus studiert und tobt jetzt irgendwo auf den weiten Feldern des freien Journalistendaseins herum. Dort sammelt sie Geschichten zu ihren Herzensthemen Body Positivity, Selbstliebe, Feminismus und den kleinen, zwischenmenschlichen Phänomenen. Sie liebt es, im Café zu sitzen, ihren Laptop alibimäßig vor sich aufzuklappen und dann zwei Stunden lang Leute zu beobachten. Mehr von ihr lest ihr auf ihrer Webseite.

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