Die Füße sind ihr lahm geworden
vom vielen Immerweitergehen.
Sie sucht ihr Glück an jedem Morgen,
doch was sie sucht, will sie nicht sehen.
Sie zäumt das Pferd von hinten auf,
sie zieht den Schuh sich selber an.
Der Stillstand ist im vollen Lauf.
Das Hierundjetzt folgt irgendwann.
Sie ordnet ein und sie entschuldigt.
Sie übersieht und sie vergisst,
hält Essen warm und putzt geduldig,
wenn er auf Klo daneben pisst.
Sie fantasiert, sie kollabiert,
sie kalkuliert, sie finanziert.
Sie ordnet ein und sie entschuldigt.
Die weiße Flagge bleibt gehisst.
Sie cremt sich glatt. Sie färbt sich blond.
Sie zupft, sie drückt, sie hält sich fit.
Sie bläst ihn oft. Sie bläst gekonnt.
Er kommt und nimmt sie selten mit.
Sie kämpft um ihn. Sie kämpft mit ihm –
er selbst zeigt keine Regung.
Er geht zu Fuß durch halb Berlin –
umgeht so die Aufregung.
Sie ärgert und sie windet sich.
Sie meditiert, entspannt doch nicht.
Sie regt sich über alles auf.
Nur ihm gewährt sie freien Lauf.
Sie reißt ihr Leben komplett ein,
verändert Vieles, doch allein.
Denn was am Ende immer bleibt,
ist er, der anderen Frauen schreibt.
Sie kommt zur Ruhe, ihre Mitte.
Sie atmet tief. Sie sieht nun klar.
Sie plant vorsichtig nächste Schritte.
Sie findet, was sie sonst nicht sah.
Sie sagt, dass er jetzt besser gehe,
bevor kein Rest vom Guten ist.
Gleichwohl er dies heut nicht verstehe,
er würde wieder Realist.
Kein streitend Wort und nicht ein Schrei.
Kein Blick, der anders wollte.
Für ihn war damit auch vorbei,
was längst hätt ́ enden sollte.
Sie sitzt allein im dunklen Heim,
zu schmerzliches Zuhause.
Die Reue ist der Trennung Reim
und lässt ihr keine Pause.
Der Zweifel nagt sich in ihr fest,
doch sie erkennt ihr Muster,
das sie und diesen Mann verlässt,
denn sie wird sich bewusster.
Headerfoto: Tanja Heffner via Unsplash. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!