Everyday, all day: gute Miene zum bösen Spiel. Interesse spielen, Empathie spielen, Leben spielen. Wenn’s gut läuft, mal wirklich und echt lachen. Willkommen in meiner Darbietung von „Der Alltag als Depressive“. In der Hauptrolle: Der Alien in meinem Kopf. Wenn ich über diese Formulierung nachdenke, merke ich, dass es traurig treffend ist. Von mir ist nämlich nicht mehr viel übrig.
Inkognito, unter dem Deckmantel von Gewohnheiten und Rhythmus, hänge ich mich an gelernte Umgangsformen, wie ein Ertrinkender an den Rettungsring. Funktionieren; so wie man es tat, als man noch glücklich war.
Technisch weiß man ja, wie es funktioniert. Praktisch fühlt es sich an wie Cityrollerfahren im Erwachsenenalter – mit Stirnlampe. Falsch und deplatziert. Aber hilft ja nichts. Ich bin 27, habe seit 3 Monaten einen neuen Job. Den alten habe ich aufgegeben, ich konnte nicht mehr. Scheinbar erholt, startete ich meine neue Aufgabe. Viel Arbeit, viel Verantwortung.
Als hätte sie geduldig in einem Park gesessen, sich die Nägel gefeilt und Pläne ausgeheckt, mich fertig zu machen.
Als hätte sie geduldig in einem Park gesessen, sich die Nägel gefeilt und Pläne ausgeheckt, mich fertig zu machen, kam sie wieder: die, die nicht genannt werden darf.
Also besteige ich eben jeden Morgen wieder den Everest, der in Wahrheit meine Dusche ist, versuche Panikattacken durch Mediation „von außen zu betrachten“. Man betrachte sich selbst von außen, wie man auf dem Badezimmerboden sitzt und heult, als wäre der bevorstehende Tag die Titanic, die unaufhaltsam in die Kälte sinkt, während man selbst auf der Pappe liegt und den dünnsten Hilfeschrei der Welt von sich gibt.
Schlimmer noch: Man hängt in der kalten Suppe, erfriert und geht unter. „Na wenigstens betrachtet man sich dabei von außen“, denke ich mir, während ich im Regen zum Späti laufe, um wieder mal Zigaretten zu kaufen.
Tage, an denen sie sich zurückzieht – wie ein Blutegel, der sich sattgefressen hat – fühlen sich an wie nach einer Grippe. So richtig merke ich die schwere Last erst, wenn sie von meinen Schultern fällt und ich über Nacht 20 Kilo Traurigkeit verliere.
Und da bin ich dann wieder: blödsinnig, lebenstrunken und so ins Leben verliebt, dass ich die Grautöne vergesse.
Tage, an denen meine Sicht auf das Leben klar ist und ich es nicht durch die Eisblumen einer gefrorenen Scheibe betrachte. Und da bin ich dann wieder: blödsinnig, lebenstrunken und so ins Leben verliebt, dass ich die Grautöne vergesse, die es ohne Serotonin hat. Wenn alles okay ist und ich mich versöhne mit ihr, die mir aus der Ferne von ihrer Bank zuwinkt.
Anm. d. Red.: Falls du selbst depressiv bist, wenn deine Seele so sehr schmerzt, dass nichts mehr geht, melde dich bitte umgehend bei einem Arzt oder informiere dich bei Freunde fürs Leben. Je früher du über deine Gefühle sprichst, desto besser kann geholfen werden. Du bist nicht allein.
Headerfoto: Ethan Haddox via Unsplash.com! (Wahrheit-oder-Licht-Button hinzugefügt, bild gecroppt und seitlich verlängert.) Danke dafür.
Ich kenne sowas und du hast das wirklich gut und mitfühlend beschrieben. Bei mir war es damals der Chef. Ich wollte morgens schon gar nicht mehr aufstehen und hatte da schon Magenschmerzen. Irgendwann hatte ich nicht mal mehr den Antrieb das Haus zu verlassen. Hatte zu diesem Zeitpunkt auch mal an eine Online Beratung gedacht. Schlussendlich habe ich aber den Entschluss gefasst einfach zu kündigen und mir den gleichen Job mit besseren Menschen zu suchen. Hat sehr geholfen. 🙂