„Hooray – es ist Pride Month! Oder – wie ich sagen würde – Monat des Rainbow Washings. Endlich schmücken sich wieder alle Marken, die sich die restlichen 11 Monate des Jahres überhaupt nicht für uns interessieren mit Regenbögen.
Aber die gute Nachricht zuerst, die Regenbogen Süßigkeiten liegen schon in 30 Tagen wieder im Ausverkauf. YAY!
Ironie beiseite: Dieser Monat sollte ein Monat der Sichtbarkeit sein. Und das ist er auch bei vielen queer-freundlichen Unternehmen.
Unternehmen, die das ganze Jahr hinter ihrem diversen Team stehen, schmücken dies nun eben auch mit einer Flagge und das ist ganz wunderbar.
Unternehmen, die das ganze Jahr hinter ihrem diversen Team stehen, schmücken dies nun eben auch mit einer Flagge und das ist ganz wunderbar.
Was ich aber nicht wunderbar finde, ist, dass Unternehmen, in denen öffentlich queere Menschen diskriminiert werden, in denen Menschen aufgrund ihrer Identität, sexuellen Orientierung oder nur wegen ihres Aussehens nicht eingestellt, gemobbt, gefeuert werden, jetzt die größte Klappe haben.
Der Pridemonth ist kein Trend, bei dem Dabei sein alles ist!
Wir haben dieses Beispiel letzte Woche erst bei Hana Corrales (Instagram @hanahavanna) gesehen. Sie war bei dem TV Format Riverboat eingeladen, zusammen mit dem BILD Chefredakteur Alexander von Schönburg, der ihr vor laufender Kamera ins Gesicht gesagt hat, dass sie „ihre Beine nicht öffnen soll wie Sharon Stone in Basic Instinkt“, da er sich sonst umsetzen würde.
Weder die Produktion um Kim Fischer noch Sebastian Fitzek (der tatsächlich einer meiner liebsten Autor:innen ist) haben es für nötig gehalten, einzuschreiten.
Die BILD gehört auch zu Axel Springer, oder? Zu dem Axel Springer, das übrigens letzte Woche noch bei LinkedIn nach eine:r:m Diversity Manager:in gesucht hat?
Das Ganze ist im öffentlichen Fernsehen passiert, unglaublich viele Menschen haben zugesehen und weder der Sender noch die BILD haben es für nötig gehalten, da nochmal etwas drüber zu sagen.
Von der BILD sind wir das gewohnt, aber ganz kurz: Die BILD gehört auch zu Axel Springer, oder? Zu dem Axel Springer, das übrigens letzte Woche noch bei LinkedIn nach eine:r:m Diversity Manager:in gesucht hat? Das Axel Springer, bei dem ich mich im Wohlwollen über diese wichtige Stelle auch noch beworben habe?
Da können sich Axel Springer, der ARD oder die BILD noch und nöcher mit Regenbögen schmücken – wir alle wissen, was dahinter steckt. Nichts.
Authentizität über Profit
Aus meiner eigenen Erfahrung, auch als Influencerin, wenn mich eine Marke für den Pride Month anfragt, lasse ich mir erstmal die Zahlen geben. Welche Organisationen werden unterstützt, wie weit ist das Unternehmen mit genderneutraler Sprache, gibt es eine:n Diversity Manager:in?
Das finden nicht alle Unternehmen so cool, aber mir geht Authentizität über Reichtum und sowas wie Axel Springer werde ich leider nie unterstützen können.
Ratet mal, wie viele Kooperationen ich im Pride Month mache, na? 2.
Nur zwei Firmen/Agenturen konnten mir meine Fragen beantworten, oder besser ausgedrückt, wollten.
Und sie mussten beide erstmal nachfragen, weil die Fragen anscheinend nicht so oft kommen.
Wer sich über Fynn Kliemann aufregt, darf bei großen Marken keine Pause machen.
Jetzt richte ich mich direkt an euch: Hinterfragt mal im Pride Month. Sind auf dem Levis Plakat tatsächlich queere Menschen? Wie sind die Arbeitsbedingungen bei Levis für queere Menschen? Fair? Und wie ist es generell mit den Arbeitsbedingungen dort? Arbeiten Kinder für Levis? Wo wird produziert?
Wer sich über Fynn Kliemann aufregt, darf bei großen Marken keine Pause machen.
Ich als queer-feministische Aktivistin bin mehr oder weniger genauso auf den Pridemonth angewiesen wie alle anderen Menschen aus der LGBTQIA-Szene. Für Sichtbarkeit, für Toleranz – mit und meiner Lebensweise gegenüber. Und es macht mich wütend und betroffen, wenn ich sehe, dass viele Unternehmen diesen Monat nur nutzen, um sich selbst in ein Licht zu rücken, von dem sie sich den Rest des Jahres distanzieren.
Davon hat am Ende niemand was. Deswegen überlegt euch gut, welchen Unternehmen ihr nicht nur eure Aufmerksamkeit und euer Geld opfert. Seid laut, stellt Fragen. Nur so können wir den Menschen und Unternehmen eine Stimme geben, für die Diversity nicht nur ein Buzzword ist. Sondern gelebte Kultur – auch im restlichen Jahr.
Headerfoto: julia_liebisch (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!