Über die Feiertage war ich mit meiner Familie raus aufs Land gefahren. Wenn ich nicht gerade mit den Hunden im Garten tobte oder mit meiner kleinen Schwester Memory spielte, tinderte ich. Fabio war ein typischer Fußballer und das zeigte er auch stolz auf seinem Profil, es gab fast kein Bild, das ihn nicht im Fussballtrikot oder auf dem Fußballfeld zeigte. Mir persönlich war er zu groß, aber er hatte ein schönes Gesicht und so swipte ich nach rechts.
Ich bekam auch relativ schnell eine Nachricht und war sehr froh darüber, denn nun konnte ich mich auf das Gespräch konzentrieren und musste mir nicht mehr die Schlagersendung reinziehen, die bei uns im Wohnzimmer lief. Wir schrieben über unsere Erfahrungen auf Tinder und wonach wir hier so suchten. Ich hasste diese Frage und beantworte sie standesgemäß so: „Ich suche nichts, aber sollte ich was finden, wäre das ein Bonus.“ Er stimmte mir zu, dennoch wollte auch er keine einmaligen, oberflächlichen Sexgeschichten.
Als die Feiertage vorbei waren und ich wieder in der Stadt war, verabredeten wir uns sofort für den nächsten Tag. Er schlug vor, bei mir vorbeizukommen und einen Film zu schauen, aber für das erste Kennenlernen ist mir ein neutraler Ort immer lieber und sicherer. Also gingen wir zu seinem Lieblingsitaliener. Ich war schon vor ihm da und er schrieb mir, dass ich ruhig schon reingehen könne.
Fünf Minuten später kam er auch schon ins Lokal und da er wirklich extrem groß war, freute ich mich, dass ich die Sneaker zuhause gelassen hatte. Wir unterhielten uns und alles in einem, war das Date sehr nett.
Er schrieb mir noch am selben Abend und wollte mich unbedingt am nächsten Tag wiedersehen.
Nach ein paar Stunden fuhr er mich nach Hause und als ich die Treppen zu meiner Wohnung hochging, dachte ich mir, dass es nicht schlimm wäre, wenn ich nichts mehr von ihm hören würde.
Doch er schrieb mir noch am selben Abend und wollte mich unbedingt am nächsten Tag wiedersehen. Anscheinend war das Treffen für ihn mehr als nett gewesen.
Am nächsten Abend klingelte er also schon an meiner Haustür. Ich führte ihn direkt an der vollbesetzten Küche vorbei in mein Zimmer. Wir saßen eine ganze Weile auf der Couch und redeten über alles mögliche, doch je später der Abend, desto versauter wurden auch seine Fragen. Er fragte mich beispielsweise, ob ich einem Mann schon einen Lapdance gegeben hätte und wie ich zu Sex zu dritt stehen würde.
Fabio schien sich bei mir wirklich ganz wie zu Hause zu fühlen.
Bei jeder Frage wurde mir dieser Mann unsympathischer. Als er sich dann auch noch wie selbstverständlich auf mein Bett legte und den Fernseher einschaltete, wusste ich, dass wir uns nicht wiedersehen würden. Ich weiß nicht, wieso ich ihn nicht rausschmiss, sondern mich neben ihm legte, aber so war es. Nach fünf Minuten fing er an zu schnarchen. Fabio schien sich bei mir wirklich ganz wie zu Hause zu fühlen.
Irgendwie muss ich dann auch eingeschlafen sein, denn ich wachte erst gegen acht Uhr am nächsten Morgen auf. Fabio schnarchte noch seelenruhig vor sich hin. Ich schlug ihm mit dem Ellenbogen gegen die Rippen, denn ich wollte nichts mehr, als ihn loswerden.
Als er aufwachte, erinnerte er sich wahrscheinlich daran, dass es gestern nicht mal zum Kuss gekommen war, denn anscheinend wollte er das jetzt alles schnell aufholen. Ehe ich mich versah, steckte seine Hand in meiner Jogginghose. Ich sagte ihm, dass daraus nichts wird. Er lachte nur dreckig, holte sein Handy raus und fing an, ein Lied abzuspielen.
Fabio spielte anscheinend nicht nur Fußball, sondern rappte auch noch. Während er seine Sachen zusammen suchte hörte ich nur: „Geile Weiber sind mein Fetisch, ich wirk auf sie magnetisch.“
Headerfoto: Sam Burriss via Unsplash. („Sexy Times“-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür!