Du bist wundervoll!

Du. Bist. Wundervoll. Und bevor ich beginne, möchte ich, dass du es weißt, es nie vergisst und mir versprichst, daran zu glauben. Es ist die Art, wie du schläfst. Du schnarchst ein kleines bisschen. Manchmal saugst dabei du deine Unterlippe ein wenig ein. Es ist dir peinlich, aber ich werde niemals etwas dagegen sagen, weil es zu dir gehört.

Diese verregneten Sonntage, die du so gern im Bett verbringst, werde ich immer so beginnen wollen, dass ich jede Phase deines Erwachens beobachte. Bevor du deine Augen öffnest, reibst du dein Gesicht im Kissen. Ich möchte wach sein und sehen, wie du mir grummelnd den Rücken zudrehst. Ich möchte die Sekunden zählen, die vergehen, bis du unter meine Decke schlüpfst. Es wird dieser zaghafte Morgenkuss sein, ohne den ich nie wieder einen Tag beginnen will und bei dem du befürchtest, es könnte mich der Geruch stören, den man nun mal hat, wenn man schlief. Und dann möchte ich noch mal eindösen.

Je weniger Morgenmensch du bist, desto mehr will ich versuchen, es zu sein. Du kannst nach dem Aufstehen nichts essen, sagst du. Wenn ich mit den Augen rollen werde, weil du wieder mein Müsli stibitzt, heißt das nur, dass es mir andererseits fehlen würde. Genau so wie deine beiden, für eine Frau deiner Größe, viel zu kleinen Hände, die fast kindlich die Kaffeetasse umgreifen.

Ich möchte an den Wochentagen weit vor dir aufstehen, weil du sagst, dass du nicht viel Zeit brauchst, um dich fertig zu machen und dennoch immer in Eile bist. Und ich will immer den hastigen Moment an der Tür genießen, in dem ich dir den Thermobecher mit Kaffee in die Hand drücke, während du schon durch die Angel springst. Und ich will warten, bis die Tür wenige Sekunden danach läutet, weil du mich niemals ohne Abschiedskuss zurücklässt.

Wir leben in vielen Welten. Deiner Arbeitswoche. Meiner Arbeitswoche. Den Bettdeckenteiltagen, den Konzertabenden, den Kneipentouren und den kläglichen Versuchen, Dinge zu tun, von denen wir glauben, Erwachsene würden es so halten. Ich möchte nach Hause kommen, wenn du bereits schläfst. Und ich hoffe, du wirst immer meinen Arm umklammern, nachdem ich mich vorsichtig an dich gelegt habe. Und ab und zu wirst du mir von deinem Tag erzählen wollen. Ich verspreche, jeder Zeile zu lauschen und niemals einzuschlafen.

Wir werden alt. Aber wir werden zueinander kommen. Wir werden uns so viele Dinge zu erzählen haben. Und oft werden nur unsere Augen sprechen, sich Blicke treffen. Unsere Freunde werden uns hassen. Für das niemals versiegende Interesse, das wir dem anderen gegenüber empfinden.  Ich werde sicher ein Idiot sein. Ich werde dir nicht oft genug sagen können, wie viel du mir bedeutest, wenngleich du es verdient hast. Ich möchte es wieder lernen.

Egal, was du tust, selbst die lächerlichste Alltäglichkeit, sieht bei dir besonders aus. Es liegt in dem, wie du dich bewegst. Sei es die Art, wie du die Strähne, die dir ständig ins Gesicht fällt, hinter dein Ohr legst, oder, wie du deine Brille mit einem runzeln deiner Nase wieder nach oben schiebst. Die Art, wie du zu mir aufschauen wirst, wenn ich dir sagen muss, dass du zwei verschiedene Socken trägst. Es ist die Art, wie du lachst. Deine Lachen ist eine Segnung. Es ist die Art, wie du streitest. Dein Schmollen bricht mir das Herz.

Es ist verrückt, aber du wirst mein Zuhause sein. Du wirst alles das sein, wofür sich der lange Weg lohnte. Die Menschen werden mich um dich beneiden. Und ich werde mein Glück nie verstehen können. Du bist großartig, und ich habe es dir noch nie gesagt. Denn es ist so: Wir kennen uns gar nicht.

Es ist nicht mein Bett, in dem du zurzeit liegst. Es ist nicht mein Nutella-Toast, in den du gerade beißt. Es sind nicht meine Lippen, die du küsst. Und es nicht meine Wohnung, die du abends öffnest. Ich bin noch nie neben dir aufgewacht. Wir sind uns noch nie begegnet.

Ich kenne weder deinen Namen, noch deine Adresse. Du wirst in diesem Augenblick in der Bahn sitzen und das hier lesen. Vielleicht surfst du nach diesem langen Tag, nach diesem viel zu kurzen Wochenende mit dem Klapprechner oder dem Smartphone durchs Internet. Vielleicht warst du nie zuvor auf dieser Seite oder aber du hast sie schon lange abonniert. Vielleicht bist du gerade wirklich traurig oder echt glücklich. Müde oder euphorisch. Sei es drum. Es wird uns an den Punkt führen, an dem wir uns treffen werden. Und ich … ich werde hier warten, weil ich das möchte. Bitte lass mich noch ein bisschen warten.

Bevor ich schließe, möchte ich, dass du es weißt, es nie vergisst und mir versprichst, daran zu glauben. Du bist wundervoll. Du bist wunderschön. Du bist das Wichtigste, das mir passieren wird.

Headerfoto: Lena Bell via Unsplash! („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

MARKOURT ist 27 Jahre alt und weiß, dass das beste Album der Nullerjahre “Give up” von Postal Service ist. Er und Alkohol sind das Rezept für wochenlangen Gesprächsstoff und Witze auf seine Kosten. Für ihn gilt: Lieber brechend volle Tram als Individualverkehr, lieber telefonieren als Kurznachricht und für immer Francis „Frank“ McCourt. Jedes verdammte Katzenvideo findet er besser als pseudopolitische Diskussion in WG-Küchen und sozialen Netzwerken. Immer wenn es Winter wird, wünscht er sich, dass da eine Person an seiner Tür klingelt, der von Kälte und Wind die Nase läuft. Und dass diese kalte Nase sein Gesicht berührt, wenn er sie küsst.

14 Comments

  • Was ein wundervoller Text.
    Selten durfte ich einen Text lesen, der so authentisch wirkt, sich so „real“ anfühlt. Es vermag vielleicht damit zusammenhängen, dass ich ein Mädchen bin und Mädchen prinzipiell schwach werden wenn von Nutella die Rede ist, aber ich habe mich in deine Worte verliebt. Ich hoffe, es wird mich an den Punkt führen an dem wir uns treffen und bis dahin lass ich dich noch ein Wenig warten.
    Danke Markourt!

  • Fast hätte ich gekotzt. Hätte nicht gedacht, dass der Text es noch schafft zu erklären warum man sich eigentlich trennt. Danke dafür.
    (Aber vielleicht hättest du nicht das „Du“ ansprechen sollen. Jetzt lässt dein „Ich“ die ganze Mädchenwelt warten!)

  • Nur drei Worte: Du. Bist. Wundervoll.
    Zumindest ging dein Text mitten ins Herz. Einfach danke dafür! Und wer weiß, vielleicht kreuzen sich unsere Wege ja mal. Bis dahin werde auch ich warten. Auf den Einen – das Wichtigste, das mir passieren wird.

  • Gelesen & geweint, weil das genau der Text ist, der mich davor rettet an der Kompliziertheit der Gefühle & der Liebe zu verzweifeln. Denn wo hört Frau heutzutage noch solche Worte, außer in Büchern und Filmen?

  • Wer will das nicht?
    An dich denke ich auch die ganze Zeit.
    Markourt, ich habe es noch nie so schön in Worte gefasst gelesen.

  • Das war so schön. Du schreibst immer gute Text, aber dieser war einfach nur besonders schön. Genauso will doch jeder geliebt werden.

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