„It really is wonderful to find someone you share a connection with, that small immersuable thing that just makes you click with a person. It’s like magic“, schreibst Du. Wie immer triffst Du den Nagel auf den Kopf, mein Herz verkrampft.
Eines Deiner beängstigenden Talente ist nämlich, Dinge mit einer rasiermesserscharfen Präzision auszudrücken; Gedanken, die exakt in dieser Form irgendwo in meinem Hinterkopf schlummerten, aber schon lange nicht mehr gedacht wurden. Wie verstaubte, alte Fotos, die man nach Jahren rauskramt und die dieses abgenutzte, alte Gefühl an sich kleben haben.
Ich taufe dieses Phänomen wiederfühlen. Und: Ich hasse es.
Ich taufe dieses Phänomen „Wiederfühlen“. Ich hasse es. Vielleicht ist es ja genau dieses Talent, das mich so fasziniert. Ich, die ich von mir dachte, eine alte Seele in einem einigermaßen ansehnlichen und mittelmäßig jungen Körper zu sein: Dein Talent, mich zu überraschen.
„Bitte bleib für immer bei mir, bitte lies mich für den Rest meines Lebens und bitte stell mir tausende von Deinen seltsamen Fragen“, denke ich, während wir – zwei Wochen vorher – über Fatousch und Tabouleh in Jerusalem sitzen. Ich erlebe gerade das mit Abstand schönste Mittagessen meines Lebens.
Wie herrlich, denke ich, es kann wirklich manchmal wie im Film sein. Eine Freundin hat mir mal erzählt, dass man sich Momente am besten einprägen kann, wenn man bewusst riecht, schmeckt, sieht – und fühlt. Eine Welle der Eindrücke bricht über mich hinein und beseitigt den letzten Rest Vernunft in meinem Kopf.
Ich fühle mich gläsern mit Dir. Abgestreift ist jede Eitelkeit, jede Puderschicht, jegliche Inszenierung.
Ich fühle mich gläsern mit Dir. Abgestreift ist jede Eitelkeit, jede Puderschicht, jegliche Inszenierung. Eigentlich verwunderlich, wie schnell man sein Ego über Bord werfen kann und sein Herz völlig schutzlos, wie auf einem kleinen, lächerlichen Floß in die Sturzfluten schickt: Ciao, viel Spaß und komm wieder gesund zurück. Oder – komm lieber gar nicht zurück. Bleib mal da, wohin es dich verschlägt. Tu es, bitte. Komm nicht wieder verwundet zu mir zurückgehumpelt.
Aber natürlich tut es das. Das arme Herz. Und das Drama beginnt. „I adore the connection we have and I’ll always be bothered by the thought of a what if“. Ich bin zurück in München, Du bist zurück in London. Mein Inneres ist ein Kessel Buntes.
Wenn ich genauer darüber nachdenke, ist mein Inneres ein ätzender Haufen aller negativen Gefühle, die ich kenne.
Wenn ich genauer darüber nachdenke, ist mein Inneres ein ätzender Haufen aller negativen Gefühle, die ich kenne. Obwohl ich alles bestens verstehe, google ich jedes Wort, jede Formulierung von Dir, in der Hoffnung eine andere Bedeutung herauslesen zu dürfen. Akribisch versuche ich, Deine Abfuhr umzuinterpretieren: „There could be a way to bridge the physical distance, I can’t rule it out, but it seems so difficult, almost insurmountable, certainly it does for me.“
Ich könnte mich genauso gut an der Quadratur des Kreises versuchen. Oder daran, meine Stirn mit der Zungenspitze zu berühren. Du willst es zwar, aber Du wagst es nicht – und es wird für immer ein „what if“ bleiben.
Headerfoto: Mosa Moseneke via Unsplash.com. (Gedankenspiel-Button hinzugefügt.) Danke dafür!