Heute im Wartezimmer beim Frauenarzt fiel mein Blick auf eine Wand, die mit Bilderrahmen voller Neugeborenen versehen war. Viele kleine niedliche Gesichter, die mich anstrahlten. Da geht vermutlich bei jeder Frau ab einem gewissen Alter das Herz auf. Auch Zwillinge, sogar Vierlinge konnte ich entdecken. Neben den einzelnen Bildern standen ihre Namen. Zuckersüß!
Schon seit Jahren weiß ich, wie ich meine Tochter nennen würde. Da gäbe es keinen Kompromiss. Doch als ich diese unzähligen Babyfotos betrachtete, wurde mir auch einmal mehr bewusst, dass das wohl eine Erfahrung ist, die ich nicht mit anderen Frauen gemeinsam haben werde. Nicht, weil es aus medizinischer Sicht bei mir nicht gehen würde. Ich sehe mich einfach nicht in dieser Mutterrolle. Hinzu kommt, dass ich mir alleine nun mal kein Kind machen kann.
Wer in meinem Alter Single ist, hört die innere Uhr angeblich ticken.
Wer in meinem Alter Single ist, hört die innere Uhr angeblich ticken. Vielleicht ticken bei mir andere Bereiche, aber Panik, dass ich kein Kind habe, erreicht mich nicht. Vielleicht kommt das auch noch. In letzter Zeit beschäftige ich mich immer wieder mit der Frage, warum ich (immer noch) Single bin. Diese Frage entsteht wohl aus verschiedenen Gründen.
Die Gesellschaft allein möchte ich dafür nun wirklich nicht verantwortlich machen. Aber in dem Umfeld, in dem man sich bewegt, stößt man unweigerlich immer wieder auf diese Themen: Heirat, Kinder, Haus. Und wer das eben nicht vorweisen kann, kann irgendwann nicht mehr mitreden. Wie oft sitze ich daneben und schweife gedanklich ab. Um sich mit seinem Gegenüber unterhalten zu können, benötigt man eben auch ein gewisses Maß an Vorstellungsvermögen. Und auch, wenn ich eine Meinung zu eines der Themen habe; sie besteht eben doch nur in der Theorie.
Vielleicht bin ich einfach nicht der Typ Frau, der Kinder bekommt und darin die größte Erfüllung des Lebens findet.
Warum ich mich aber überwiegend mit dem Thema Singlesein beschäftige, ist ein anderer, viel wichtiger Grund: mein Ich. Innere Unruhe. Fragen, die Antworten verdienen. Fragen wie: Stimmt mit mir etwas nicht? Habe ich zu schnell aufgegeben? Bin ich zu wählerisch? Verdiene ich diese tief empfundene Liebe am Ende gar nicht? Sind es meine Makel, die mich davon abbringen, mich selbst und somit auch einen anderen lieben zu können?
Die Fragen nach dem Warum konnte ich nicht vollständig beantworten. Dafür wurde mir etwas anderes bewusst: Es ist okay. Ich bin okay. Ich muss nichts erzwingen. Vielleicht bin ich einfach nicht der Typ Frau, der Kinder bekommt und darin die größte Erfüllung des Lebens findet.
Muss ich in einer unglücklichen Beziehung leben, nur um die Gattung Mensch vor dem Aussterben zu bewahren?
Vielleicht ist diese Liebe einfach nicht mein Ding und ich schaffe es deshalb nicht über zwei Verabredungen mit einem Mann hinaus. Es geht mir zu schnell und engt mich ein. Und wer sagt denn, dass das zum Leben dazu gehört? Muss ich in einer unglücklichen Beziehung leben, nur um die Gattung Mensch vor dem Aussterben zu bewahren?
Glück ist ja relativ. Und ja, vielleicht kann man ab einem gewissen Alter auch kein Kribbeln mehr erwarten, wenn man jemanden kennenlernt. Aber die Vorstellung, dass ich eines morgens aufwache und keine Luft mehr bekomme, weil ich vergessen habe, wer ich bin, und nichts fühle bzw. meine innere Stimme nicht mehr zu mir spricht … Diese Vorstellung ist für mich der Horror. Überhaupt habe ich niemanden außer mir selbst. Wenn ich mich selbst nicht mehr spüre, wer dann?
Ich habe mich. Das ist nicht viel. Vielleicht auch weniger, als es anderen genügen würde. Aber für mich ist die Erkenntnis, bei mir zu sein, angekommen zu sein, viel viel wert.
Die Erkenntnis, dass alles für mich nicht so gelten muss, macht es mir ungeheuer leichter. Eine Last fällt von mir ab. Ich merke, wie ich an Selbstbewusstsein gewinne. Wie ich aufhöre, mein Leben und den Sinn darin zu sehen, mich auf einen Menschen zu fixieren, wo ich am Ende gar nicht weiß, ob er existiert. Ich habe mich. Das ist nicht viel. Vielleicht auch weniger, als es anderen genügen würde. Aber für mich ist die Erkenntnis, bei mir zu sein, angekommen zu sein, viel, viel wert.
Vielleicht lache ich in einem Jahr über diese Gedanken und sehe alles ganz anders. Vielleicht ist diese aber auch eine wertvolle Erkenntnis, die mich entspannter, zufriedener und glücklicher macht.
Headerfoto: Frau im Busch via Shutterstock.com. („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!
Ich bin da ganz bei dir. Vor kurzer Zeit habe ich erst angefangen zu verstehen, dass ich in meiner Familie die erste Generation bin, bei der eine Frau Single sein DARF. Meine Oma sagt mir regelmäßig, wie schlimm sie es findet, dass ich keinen Partner habe. Ich hätte zu große Ansprüche (dabei ist mein einziger Anspruch an einen Mann, dass er ein gutes Herz hat.)…sie wolle doch nur, dass ich glücklich bin. Nur bin ich das in Beziehungen noch nie gewesen. Ich habe schon als Kind gelernt, dass eine Frau in Beziehungen eher alles aufzugeben hat, was sie gern tut („Denn sonst liebst du ihn nicht.“ Mutti und Oma)….Irgendwie fühlt es sich für mich nicht erstrebenswert an, in einer Beziehung zu leben. Ich bin gern allein unterwegs und fühle gern den Frieden der in meiner Wohnung herrscht Ich habe Haustiere und auch nicht mal auf die gruselige Messiart, die man mir zugesteht, wenn man in meinem Alter Single ist. Ich fange gerade erst an mich nicht mehr verrückt machen zu lassen, mich zu fragen ob etwas mit mir nicht stimmt. Nein, ich bin kein schlimmer Mensch und es ist alles in Ordnung mit mir. Ich möchte niemandem etwas böses und ich lebe gern, nur eben nicht mit Mann im Haus. Weil ich es darf. Leider will mich da niemand verstehen. Aber das ist ok.
Vielen lieben Dank Bora für dein tolles Feedback. Ich kann dir sagen (der Text ist schon ein paar Tage alt), dass sich für mich dieses Jahr eine Menge gedreht und bewegt hat – und mir geht es ähnlich… sobald man offener, selbstsicherer durchs Leben geht, strahlt man das auch aus. Schön zu hören, dass sich das bei dir alles so positiv entwickelt hat. 😊 am Ende liegt es eben wirklich an uns selbst, was wir aus unserem Leben machen.
Liebe Grüße
An diesem Punkt, mit dieser Erkenntniss stand ich genau vor ca. einem Jahr. Und ich konnte mit Sicherheit sagen, Kinder hin oder her, ich verschwende meine Zeit nicht mit wem, der nicht zu mir passt. Wenn er dann auftaucht, wenns zu spät ist, dann ist es so. Wenn er gar nie kommt, bin ich im reinen mit mir selbst. Und was dann geschah glaub ich bis Heute kaum.. ich war plötzlich selbstsicher und wusste was ich will, konnte es für mich und andere formulieren. Und plötzlich stand er da, der Mann der mich nich glücklich machen muss, und mich dennoch zum grinsen bringt. Der, der mich ergänzt, mich versteht, mich erträgt wenn ich nen Flick ab hab, der mit mir lacht wenn ich quatsch mach und der der mich immer wieder überrascht. Und das Beste, ich vermiss ihn, kaum ist er ein paar Stunden weg.
Ich wünsch dir, dass du für dich suchst was du willst. Schaust, dass es dir gut geht. Und zagg! Und wenn nicht, hast du dich und dein Leben wie du es willst. Auch sehr toll!
<3