Ich habe ein paar Exfreunde, von denen ich sagen würde, wir seien noch miteinander befreundet. Ich habe auch einen Exfreund, den ich wirklich über lange Zeit verabscheut habe und der mir nur erhalten bleibt, weil er Vater unseres bezaubernd-tollen Kindes ist. Außerdem habe ich männliche Freunde, die nenne ich Kumpels und ich habe männliche Freunde, die nenne ich unsicher und zu flirty. Alles in allem verbindet sie doch in meinen Augen eine Sache – dieses Ding zwischen heterosexuellen Männern und Frauen.
Ja, wir leben in einer ziemlich aufgeklärten Zeit. Freundschaften zwischen heterosexuellen Männern* und Frauen* sollten so normal sein wie zwischen Mann und Mann oder Frau und Frau. Sie gestalten sich jedoch trotzdem, gerade für mich, noch immer eher wie zwischen Fuchs und Hase.
Freundschaften zwischen heterosexuellen Männern und Frauen sollten so normal sein wie zwischen Mann und Mann oder Frau und Frau. Sie gestalten sich jedoch trotzdem, gerade für mich, noch immer eher wie zwischen Fuchs und Hase.
Da ist dieses unbestimmte Gefühl, einer von uns beiden möchte mindestens einmal mit dem Zeh ins kühle Nass tauchen, um herauszufinden, ob die Strömung mitreißt oder sich als seichte Pfütze entpuppt.
Praktische „Freundschaften“
Gerade in jüngeren Jahren war ich mir meiner Anziehungskraft bewusst und flirtete mich durch sogenannte Freundschaften, um hier und da die vermeintlich männliche Zuwendung zu bekommen, die ich womöglich als Kind zu vermissen glaubte.
Außerdem profitierte ich von ach so starken Armen, die bei Umzügen Kisten schleppten und freute mich, wenn der ein oder andere Typ mir dabei helfen konnte, Regalbretter fachgerecht anzubringen. Dass ich dazu selbst ganz wunderbar in der Lage bin, wusste ich, aber aus einer gesellschaftlich anerzogenen Laune heraus tat ich, was von mir lange erwartet wurde und stellte mich unfähig.
Viele meiner heterosexuellen Freundinnen haben auch heute noch den ein oder anderen Mann im Dunstkreis, der ihnen zwar nicht das Wasser reicht, aber dafür die Restaurantrechnung bezahlt und obwohl wir bereits alle berufstätig und selbstständig denkend sind, lassen wir uns hier und da hofieren und stellen das vermeintlich Schwache als Vorzug heraus. Verwirrend, wie ich meine.
Viele meiner heterosexuellen Freundinnen haben auch heute noch den ein oder anderen Mann im Dunstkreis, der ihnen zwar nicht das Wasser reicht, aber dafür die Restaurantrechnung bezahlt.
Wenn ich mir nämlich nicht mehr sicher sein kann, ob mein andersgeschlechtliches Gegenüber mir eigentlich nur an die Wäsche will und ich nicht mal mehr weiß, ob ich das auch möchte oder ob mein lahmer Versuch, eine angepasste Stereotype zu sein, dem dient, etwas abzustauben, dann wird es ganz düster.
Worüber nämlich nur in der Grauzone hinter vorgehaltener Hand mit den besten Freundinnen und homosexuellen Bekannten gesprochen wird, ist die Erfahrung, die wir machen mussten, irgendwie dazwischen zu existieren.
Wir wollen diese platonischen Freundschaften und sehnen uns nach einem Menschen anderen Geschlechts, der uns weder sexualisiert noch abwertet. Wir sind es leid, Doppeldeutigkeiten zu überhören und uns im Mansplaining wiederzufinden. Wir möchten weder potenziell fickbar sein, noch potenziell bedroht werden.
Sollte sich also die inzwischen so eingestaubte Frage ob heterosexuelle „Männer und Frauen nur in der Mitte zusammenpassen“ immer und immer wieder stellen? Gibt es keine Gegenbeweise, in denen beide sich vollkommen unsexuell, geschlechtsneutral und chancengleich auf selbem Parkett bewegen?
In meiner Welt bisher leider nicht und das ist nicht ausschließlich Sache der besagten Männer.
Nicht nur „Männersache“
Auch ich bin bisher entweder interessiert gewesen oder Nutznießerin der Situation. War der Mann sexuell nicht interessant für mich, war ich es aber häufig doch wenigstens für ihn. War er es für mich, war ich es in der Regel auch für ihn. Die wenigen Ausnahmen sind entweder in festen Händen, schwul oder mein Vater.
Klar, wenn die Luft aus der Beziehungskiste raus ist, funktioniert mitunter auch wieder sowas wie ein stillschweigendes Einverständnis, problemlos miteinander rumhängen zu können, aber wehe, dem ist nicht so.
Dann finde zumindest ich mich oft in einer Zwickmühle wieder, zwischen „will ich oder will ich nicht?“ und muss austarieren, ob eine Bekanntschaft möglich wäre, denn eine Freundschaft ist es mitnichten. Allein die Tatsache, in den letzten Jahren vor keinem Flirt sicher gewesen zu sein, wenn ich auf heterosexuelle Männer traf, lässt mich manchmal vor Schreck erstarren. Sind wir so hormongesteuert?
Allein die Tatsache in den letzten Jahren vor keinem Flirt sicher gewesen zu sein, wenn ich auf heterosexuelle Männer traf, lässt mich manchmal vor Schreck erstarren. Sind wir so hormongesteuert?
Darum frage ich mich mittlerweile auch, ob mein Ex mir nur deshalb fünfzehn Nachrichten pro Tag schickt, weil ihm langweilig ist oder weil er versucht, alte Liebe von ihrem Rost zu befreien. Ich frage mich auch, ob es okay ist, mit dem besten Freund meines Freundes auszugehen oder ob sich dahinter eine Falle verbirgt, die ich jetzt nur erahnen kann.
Ich sehe mich nicht im Stande, mit männlichen heterosexuellen Kollegen zu scherzen, ohne anschließend mehrfach Hinweise auf meine Partnerschaft zu geben und ich frage mich, wie asexuell die Beziehung zwischen meinem Freund und seinen Studentinnen ist.
Ich sehe mich nicht im Stande mit männlichen heterosexuellen Kollegen zu scherzen, ohne anschließend mehrfach Hinweise auf meine Partnerschaft zu geben und ich frage mich wie asexuell die Beziehung zwischen meinem Freund und seinen Studentinnen ist.
Vermutlich ist es wie bei allen komplexen zwischenmenschlichen Problemen nicht möglich, hier einen Konsens zu finden, aber dieses Thema aus seiner Tabuzone zu holen, macht mehr Sinn, als beim nächsten Frauenabend in Ungnade zu fallen.
Headerfoto: cottonbro via Pexels. (Kategorie-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür!