Please no more relationships that are supposed to be a lesson – I’m quite the scholar. Diesen Satz lese ich am Tag nach unserem Date auf irgendeiner Social Media Plattform, kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen und frage mich, wie viele Frösche ich wohl noch küssen muss in diesem Leben.
So romantisch und verheißungsvoll unser Kennenlernen begann, so abrupt endete es in einem Abend mit erkenntnisreichen Erlebnissen. Ich kam mir etwas vor, wie eine Figur in einer Foto-Love-Story der Bravo aus den Neunzigern – ohne Happy End, dafür mit ein paar sehr witzigen Highlights. Uns beiden wurde schnell bewusst, dass wir irgendwie doch nicht auf dem gleichen Level sind.
Kannst du kurz warten, ich mach noch rasch 50 Liegestütze!
Als ich bei ihm ankam, hing er gerade noch an seiner Trainingsstange, um ein paar Push-ups zu machen, was ich im ersten Moment sogar ganz sexy fand. Sein Äußeres ist, wie schon erwähnt, ein echter Hingucker. Ein bisschen stutzig war ich, als er dann sagte, es sei sicher kein Problem, wenn er auch noch eben seine 50 Liegestütze mache, die gehören nämlich auch zu seinem Training.
Ähm, klar kein Problem, aber was um Himmels Willen will er denn bitte damit erreichen, mich in Jacke erstmal in einer unbekannten Wohnung stehen zu lassen, damit er sein Training beenden kann? Ihr könnt euch also vorstellen, dass ich mich erstmal etwas verkrampft auf seine Couch setzte und ihm beim Sporteln zusah.
Und dann kommt der Moment, in dem ich mir dann sicher bin, dass das nix wird mit uns.
Hab kurz an meine eigenen Bauchröllchen gedacht und mich erstmal in eine aufrechte Position gebracht. Statt mir zu imponieren, was natürlich nicht unbedingt sein Hintergedanke gewesen sein muss, hat er mich wahrscheinlich ungewollt in eine unbehagliche Position gebracht. Ich denke… Egal. Schön, dass er sportlich ist, entspann dich. So wie er aussieht, braucht er für 50 Liegestütze sowieso nur ’ne Minute.
Endlich setzt er sich selbstsicher neben mich und mir es kommt vor, als hätte er überhaupt nicht bemerkt, dass mir die Situation etwas unangenehm war. Ein bisschen oberflächliches Geplauder, wir wollen was zu Essen bestellen und dann kommt der Moment, in dem ich mir dann sicher bin, dass das nix wird mit uns.
Das Gesprächsthema fällt auf Konsum und ich würde mich selbst doch als eher genügsamen Menschen ohne Hang zu überflüssigen Anschaffungen bezeichnen. Natürlich hat jede:r das Recht, sein Geld für was auch immer ihm:ihr wichtig ist auszugeben, nur kann ich immer schwer nachvollziehen, wieviel Freude einem Menschen ein neuer Staubsauger oder Wischmopp machen kann. Nachdem mir seine in dieser Hinsicht neuen Errungenschaften präsentiert wurden, treffe ich die Entscheidung, Reißaus zu nehmen und mal wieder meinem Herzen zu folgen.
Mit jeder neuen Dating-Entscheidung lerne ich mich selbst besser kennen.
Dass diese Entscheidung zum Glück nicht verletzend war und beide Seiten gespürt haben, dass die Chemie doch nicht so stimmt, zeigt mir eine Abschiedsnachricht von ihm am nächsten Tag. Was allerdings bleibt, ist das schöne Gefühl, mutig gewesen zu sein und sich einfach auf eine neue Situation und einen komplett fremden Menschen eingelassen zu haben, auch wenn das Ende nicht das Erträumte war.
Was ich in den letzten Jahren gelernt habe, ist, nicht in Selbstzweifel zu versinken und mir selbst die Schuld an vermeintlich schlechten Dates zu geben. Wenn’s nicht passt, passt es eben nicht. Wieder was über mich selbst und meine Ansprüche gelernt. Wieder gelernt, dass Kommunikation in zwischenmenschlichen Beziehungen alles ist. Wieder eine Geschichte, mit der ich mich und andere zum Lächeln bringen kann, wenn man sie aus der richtigen Perspektive betrachtet.
Was allerdings bleibt, ist das schöne Gefühl, mutig gewesen zu sein und sich einfach auf eine neue Situation und einen komplett fremden Menschen eingelassen zu haben.
Vor allem die für unser eigenes Wesen unangenehmen Situationen lehren uns doch am meisten über uns selbst und das Leben. Mich aus meiner Komfortzone zu begeben und neugierig die Welt und alle Geschehnisse zu betrachten, ohne im Vorhinein schon alles zu beurteilen, befreit meinen Geist.
Zu lernen, nicht alles persönlich zu nehmen, ist mir in den letzten Jahren wohl am schwersten gefallen, aber ich erlebe Fortschritte in meiner Entwicklung, die ich vor ein paar Jahren für unmöglich gehalten hätte. Ich bin eine von vielen, die nach Innen gehen muss, um sich selbst kennenzulernen und eine von vielen, die 1.000 Mal verletzt wurde und trotzdem nicht aufhört, an die Liebe zu glauben – für uns alle.
Headerfoto: Dave Goudreau via Unsplash („Gedankenspiel“-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!