Come and fuck me, Amadeus – Klassik, Kerzenschein und Self Care

Ein gewöhnlicher Freitagabend im Oktober: Langsam erklimme ich die letzten Treppenstufen zu meiner Neubauwohnung im dritten Stock; die Sporttasche über den rechten Arm geschwungen, Laptop und Einkaufstüte klemmen unter dem linken. Der Abend im Büro ist spät geworden, der im Discounter noch später. Regen und Wind haben meinen Fusselpony durchnässt und meine Wangen rot gefärbt. Ich fröstele. Tür auf, Klamotten runter. Es wird Zeit für eine Dusche.

Mein Telefon vibriert. In akrobatischer Meisterleistung jongliere ich das Handy von einer Hand in die andere, während ich mir meinen Rollkragenpulli über den Kopf ziehe und die Skinny Jeans in die Ecke feuere. „Kommst du heute noch vorbei?? Wir haben uns so lange nicht gesehen.”

Der Stress der letzten Woche steht mir ins Gesicht geschrieben. Ich fahre mit den Fingerspitzen die Zornesfalte zwischen meine Brauen nach.

Uff. Yannick kommt auch immer auf den letzten Drücker. Ich betrachte mich im Spiegel. Der Stress der letzten Woche steht mir ins Gesicht geschrieben. Ich fahre mit den Fingerspitzen die Zornesfalte zwischen meine Brauen nach. Ein Wassertropfen kullert über meine Stirn und verfängt sich in meinen Wimpern. Ich blinzele. Schweiß oder Regen?

Meine Finger schmecken salzig. Ich kaue auf meinem Zeigefinger herum, während ich mir eine Antwort auf das Auberginen-Emoji überlege. In Unterwäsche tippele ich ins Wohnzimmer, drehe die Heizung auf und ziehe die Rollos herunter. Einen Pfirsich? Den rosa Donut? Ich drehe mich im Kreis. Musik!

Während ich durch meine Playlists scrolle, hat Yannick seinen Taktstock schon ausgepackt: „ER vermisst dich auch!” 

Mozarts Zauberflöte

Ich grinse. Die Last des Tages ist verflogen und meine Füße kribbeln. Diese Perspektive kenne ich. Ich schließe die Augen und wieder schmecke ich Salz. Ich spitze die Lippen. Mein Soundtrack steht: Mozarts Zauberflöte. Würdevoll-sakrale Posaunen erfüllen den Raum und die Energiesparlampe an der Decke wird durch Teelichter ersetzt.

So Yannick, jetzt zu dir. Ich fühle mich süß, sexy. Und begehrt. Ich schnappe mir mein Telefon und posiere vor dem Garderobenspiegel. Knips.

„O Prinz, nimm dies Geschenk von mir! Dies sendet unsre Fürstin dir!”  Mozart wusste genau, wovon er spricht. Violinen umhüllen meinen Verstand. Das Flackern der Kerzen zeichnet weiche Schatten über meine Hüften. Mein Po leuchtet wie ein Amulett. Mit den Fingerspitzen zeichne ich die Abdrücke der Gürtelschnalle auf meinem Bauch nach. Ich bin schön.

Ich schließe die Augen und meine Hand findet ihren Weg zwischen meine Beine.

Ich schließe die Augen und meine Hand findet ihren Weg zwischen meine Beine. Ich lasse mich rücklings aufs Bett fallen. Ich bekomme eine Gänsehaut und meine Brustwarzen stellen sich auf. Das Vibrato der Streicher hallt tief in meinem Bauch wider. Mein Körper pulsiert, aber in meinem Geist ist Stille. Ich streichle die Innenseiten meiner Schenkel mit der rechten Hand. Mit der Linken fasse ich nach meinem Hals. Mein Herzschlag trommelt gegen die Berührung.

Ich schmecke einen verloren geglaubten Kuss. Ich beiße mir auf die Lippe, um ein leises Stöhnen zu unterdrücken. Mein rosafarbenes Spitzenhöschen ist nass. Genüsslich lasse ich Mittel- und Ringfinger um meine Klit kreisen. Welche Hand ist welche? Ich kann es nicht mehr sagen. Zwei andere Finger dringen in mich ein. Ich fühle mich wie tiefroter Samt an, vollgesogen mit süßer Milch. Ich koste meine glänzenden Fingerkuppen: „Hmmmm.”

Verabredung für die Oper 

Meine Berührungen werden intensiver mit dem Anschwellen der Musik. „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen, Tod und Verzweiflung, Tod und Verzweiflung flammet um mich her!”

Mir wird heiß. Während die Königin der Nacht ihre Arie schmettert, hebt und senkt sich mein Becken unter der geübten Choreografie meines Fingerspiels. Ich beginne zu schwitzen. Das Blut in meinen Adern simmert. Ich dringe tiefer in mich ein und halte den Atem an. Jeder Muskel meines Körpers ist gespannt.

Ich drücke meinen Po tiefer ins Laken. Meine Zehen werden taub und mein Rückgrat wölbt sich. Ich komme. Kleine Blitze tanzen um meine Nasenspitze.

Während die Königin der Nacht ihre Arie schmettert, hebt und senkt sich mein Becken unter der geübten Choreografie meines Fingerspiels.

Für einen kurzen Augenblick versinkt die Welt um mich herum im Dunkel und eine warme Flut von Endorphinen breitet sich in mir aus. „Pfffffffffffff.“ Entspannt atme ich aus und mein Zimmer gewinnt seine Gestalt zurück. Ich reibe mir verschlafen die Augen.

Summm. Summm. Das Handy vibriert erneut.

Verdammt, Yannick! Ich muss lachen. Zwischen den Decken wühle ich mein Handy hervor und kuschle mich wohlig zurück in die Kissen. Mein Foto sende ich nie ab. „Sorry! Ausgerechnet heute bin ich schon für die Oper verabredet.“

Headerfoto: Stockfoto von 71/Shutterstock. („Sexy Times“-Button hinzugefügt.) Danke dafür!

JOSEPHINE - Josie - hat ihren Namen einem Peter-Maffay-Song zu verdanken, erzählt aber jedem, er sei eine Hommage an Joséphine Bonaparte. Seit mehreren Jahren lebt und arbeitet die gebürtige Anhaltinerin (nicht Sächsin!) nun schon in der Hauptstadt und hat sich schnell vom Landei zum Vorzeigehipster gemausert. Das Schreiben kann sie seit Schulzeiten nicht mehr lassen: Von Spickzetteln und Liebesbriefen ist sie über Uni-Zeitung und TV schließlich noch bei im gegenteil gelandet. Ihre Freizeit widmet Josie am liebsten Hundebabys, Hardcore-Musik und Eiskrem. Derzeitiger Favorit: Zitronenkuchen von Aldemir Eis am Schlesi.

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