Body Positivity und Selflove – wer sagt eigentlich, wie ein schöner Körper auszusehen hat?

Ich bin zufrieden mit mir. Fast schon eine Affirmation, wie ich das hier schreibe. Ich bin okay mit mir. Ich akzeptiere mich, wie ich bin.

Solange, bis ich eine Stunde beim Tanzen vor dem Spiegel stehe und mich ansehen MUSS.

Eine Waage haben wir zuhause schon seit 7 Jahren nicht mehr, einen Spiegel haben wir zwar, aber nicht im Vorbeigehen, sondern im Ankleidezimmer und Büro. Ich beschäftige mich wenig mit meinem Aussehen. Mittlerweile – das muss ich wohl dazu sagen. Ich habe meine frühere Erwachsenenzeit schon viel vor Spiegeln verbracht und mich bewertet, heute ist das anders. Heute bin ich meinem Körper dankbar – dafür, dass er so vieles schafft und auch mal sagt, wann Pause angesagt ist.

Aber als ich da gestern stand und mich im Spiegel sah, kamen plötzlich die Zweifel. Woher die kommen, ist uns allen, glaube ich, klar: die Medien. Vor allem die sozialen Medien.

Aber als ich da gestern stand und mich im Spiegel sah, kamen plötzlich die Zweifel. Woher die kommen, ist uns allen, glaube ich, klar: die Medien. Vor allem die sozialen Medien.

Ich würde meine Instagram Inspirationen schon als sehr achtsam und Körper-positiv bezeichnen, aber trotzdem sehen sie alle wunderbar aus. Und vor allem sehen sie zufrieden mit sich aus. Davon kann ich mir schon manchmal eine Scheibe abschneiden.

Dann habe ich aber gestern kurz darüber nachgedacht, jetzt jeden Tag Squats zu machen und dachte so: „Nö, so wichtig ist mir das dann auch nicht“. Ist das der innere Schweinehund? Oder sind das Prioritäten? Wenn ich mir aussuchen kann, ob ich meine Quality Time auf einer Sportmatte oder in der Sonne mit einem Tee verbringe, bin ich immer Team-Sonne.

Was ist schön und wer entscheidet das?

Ich frage mich, wer entscheidet, wie ein perfekter Po auszusehen hat? Rap Videos? Mode Magazine? Und wer überlegt sich so ein Schönheitsideal?

Am Ende des Tages profitieren doch die Unternehmen davon, wenn ich meinen Po nicht perfekt finde. Sie verkaufen mir Anti-Cellulite-Cremes, Abnehmshakes und Fitnessstudio Mitgliedschaften. Mit 14 habe ich alles gekauft um super auszusehen, heute schüttele ich den Kopf über das tausendste Hyaluron Produkt.

Also was mache ich jetzt? Beim Tanzen das nächste Mal nicht in den Spiegel schauen? Ist doch auch Quatsch, oder?

Also was mache ich jetzt? Beim Tanzen das nächste Mal nicht in den Spiegel schauen? Ist doch auch Quatsch, oder?

Und führt ja dann auch am Ende zu nichts Hilfreichem. Das wäre ja quasi wie der Eiswürfel auf dem Mückenstich. Sobald er dann geschmolzen ist, juckt es wieder wie vorher.

Dann ist es doch vielleicht viel besser, wenn ich mich einfach damit abfinde, wie ich aussehe, wenn ich es schon nicht lieben kann. So ist mein Körper gebaut und das ist richtig so, es erfüllt einen Zweck. Mein Körper ist genau so, wie er sein soll, und das einzige „Problem“ ist  manchmal meine Einstellung zu ihm. Also nicht den Spiegel, sondern die Selbstzweifel abhängen. Einfach mal sagen, toll wie mein Körper das macht. Toll, wie mein Körper nach so einer Arbeitswoche sich da einfach mal hinstellt und eine Stunde etwas komplett Neues leistet.

Mein Körper ist genau so, wie er sein soll, und das einzige „Problem“ ist manchmal meine Einstellung zu ihm.

Und ich bin mir sehr sicher, dass da draußen jemand ist und sich so einen Po wünscht. Alle Menschen dürfen zufrieden mit ihren Körpern sein. Das sollte nicht von der Kleidergröße oder der Körperform abhängen. Aber genauso darf jede Person auch mal unzufrieden sein und sich nicht wunderschön finden – das ist okay. Diese Abwechslung im Empfinden zu akzeptieren und davon aber nicht den eigenen Wert abhängig zu machen, das ist meiner Meinung nach Body Positivity und Selflove. Ich muss nicht immer alles an mir schön finden, aber ich kann, wenn ich möchte. Und mir sollte niemand etwas anderes einreden – auch nicht mein Spiegel. 

Headerfoto: benpeterphoto (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!

Katharina Wohlrab ist die erste queere Vize Miss Germany und lebt zusammen mit ihrer Frau und ihren zwei Hunden in Berlin. Sie ist Sinnfluencerin, Mental Health Aktivistin und setzt sich aufgrund ihrer eigenen Geschichte für Survivor von sexualisierter Gewalt ein. Hier betreibt sie sowohl auf ihrem Instagram Kanal als auch in ihrem Podcast „Träuma weiter“ Aufklärungsarbeit und gibt all denen eine Stimme, die momentan nur flüstern können. Katharina ist sehr strukturiert und kann auffallend gut einparken und vegane Kuchen backen.

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