Wenn alleinerziehende Mütter wie ich zurückschauen und ein Fazit ziehen sollten, würde dies wohl sehr enttäuschend ausfallen. Darum stelle ich erst die großen Vorzüge und wunderbaren Ereignisse in den Vordergrund, ähnlich wie bei einer Sandwichmethode: gut – schlecht – gut.
Ich für meinen Teil bin zum Beispiel wirklich sehr gerne Mama und finde auch Gefallen am gelebten Modell der Singlemom. Ich liebe es, mit meinen Kindern zusammen zu sein, sie aufwachsen zu sehen und selbst an ihnen zu wachsen. Sie haben meinem Leben nochmals einen ganz anderen, sehr eigenen Sinn gegeben und mich gelehrt, ständig über Tellerränder zu schauen.
Niemals war ich meinem eigenen inneren Kind näher als heute.
Ich liebe es außerdem, ganz banalen Kleinigkeiten durch ihre Augen zu Größe zu verhelfen. Niemals war ich meinem eigenen inneren Kind näher als heute. Ich bin verspielt, phantasiere mir Welten zurecht und empfinde kindliche Verzückung an jeder noch so absurden Tätigkeit, wie Nikolausstiefel zu befüllen oder Adventssäckchen zu basteln.
Meine Kinder sind ein Geschenk und somit danke ich auch ihren Vätern – für ihre Mitwirkung (Sex) und ihren Einfluss (Gene). Wenn da nicht die schreiende Ungerechtigkeit wäre, mit der ich noch immer konfrontiert bin, heute im Jahr 2021 wie einst, kurz nach der Geburt meines ersten Kindes im Jahr 2008.
In der Schwangerschaft lief es bereits darauf hinaus, das Wunder der wachsenden Rundungen in einer Mischung aus Stolz, Anmut und Würgereiz zur Kenntnis zu nehmen, mich ihnen würdevoll zu stellen und meine Zweifel herunterzuschlucken (der Rest landete im Klo).
Ich holte mir Literatur und Bodyöl und der Kindsvater ging auf Konzerte und schlief in der Ubahn seinen Rausch aus.
Ich saß mitunter heulend im Hausflur, weil meine schönen Kleider nicht mehr passen wollten und meine Füße zu dick für die vorher passenden Schuhe wurden. Nebenbei hatte ich einen Nestbautrieb entwickelt – mein Partner nicht. Ich wollte alles schön und sauber haben, ihn zog es zu Chaos und Anarchie. Ich holte mir Literatur und Bodyöl, er ging auf Konzerte und schlief in der Ubahn seinen Rausch aus.
Jung und Naiv?
Wir waren jung und naiv, mag man denken.
Leider fand sich aus diesem schier ungerechten Umgang mit unserem Kind und dieser Verantwortung einfach kein Ausweg. Ich blieb die Herausgeforderte und nahm jeden Ratschlag, jede Kritik, jeden Blick, jede Hürde und all die Sorgen in mir auf, zerbrach alsbald daran. Er blieb zurückhaltend.
Mein Kind wuchs behütet, aber sicher nie unter Idealbedingungen auf und ich blieb auf der Strecke, bei gleichzeitigen Gefühlen von Scham und Schuld.
Er sollte es auch bleiben, als unser Kind drei Jahre alt war, sechs oder zehn. Ich nahm es mit jeder Kinderkrankheit auf wie mit einem Drachen, zog gegen alle Lehrkräfte in die Schlacht und täuschte nach jedem Milchzahn vor die Zahnfee zu sein. Mein Kind wuchs behütet, aber sicher nie unter Idealbedingungen auf und ich blieb auf der Strecke, bei gleichzeitigen Gefühlen von Scham und Schuld.
Denn tatsächlich ergänzten wir uns nicht – der Kindsvater und ich. Ich begann stattdessen, alles Fehlende auszugleichen und egal wie groß mein Mutterherz schlug, es schien nie genug. Meinen alleinerziehenden Freundinnen erging es da übrigens gar nicht anders. Wir hatten so verinnerlicht, welche Rolle von uns erwartet wurde, dass wir lange gar nicht wagten, diese Zuschreibungen in Frage zu stellen.
Wir waren Mütter, Arbeitnehmerinnen, Studentinnen, Haushaltskräfte, Köchinnen, Liebende und Huren in einem.
Stattdessen waren wir Mütter, Arbeitnehmerinnen, Studentinnen, Haushaltskräfte, Köchinnen, Liebende und Huren in einem. So heißt es doch zumindest immer. Denn das, was uns beschreibt, ist in seiner Komplexität eigentlich gar nicht zu begreifen.
Dass dieses Leben etwas wurde, was wir weder gewünscht noch heraufbeschworen hatten, kann sich jeder denken. Dass uns dieses Leben übergeholfen, auferlegt und schlussendlich mit Hohn bedacht wurde, möchte sich aber auch keiner trauen auszusprechen. Denn war das Kind nicht aus Liebe gemacht? War da nicht einmal die Wahl, ob wir uns für den Mann, gegen die Karriere, für den Studienstopp und eben alles in allem einfach die Mutterschaft entschieden haben?
Hätte, würde, könnte: Ist es alles die Schuld der Mütter?
Waren es nicht wir, die hätten abtreiben können, unsere Kinder zur Adoption geben oder schlichtweg besser hätten verhüten können?
In dieser Entscheidung gaben wir nach. Dem Wunsch nach einem Abbild von Mama und Papa in unseren schönsten Zeiten oder dem Gefühl, jetzt einfach alles richtig zu machen und überhaupt ja auch viel klüger, besser vorbereitet und stärker zu sein, als alle Paare es vor uns waren.
Wir stürzten hinein in dieses Abenteuer und ärgern uns heute über Fehlentscheidungen und eine Gesellschaft, die Kinder hasst und Mütter noch mehr.
Es ist aber leider so: Wir wussten einen Scheiß. Wir hatten weder eine Idee, ob diese Partnerschaft halten würde, der Mann ein guter Vater, das Kind ein dankbares Engelchen und die Hüfthose in Größe 34 jemals wieder werden sollten. Wir stürzten hinein in dieses Abenteuer und ärgern uns heute über Fehlentscheidungen und eine Gesellschaft, die Kinder hasst und Mütter noch mehr.
Dieser Text soll aber keine Warnung werden, denn nach Sandwichmethode sollte ich jetzt wieder etwas Positives einfließen lassen. Der krönende Abschluss also. Nun gut, hier ist er: Wenn ich mir manchmal frei von Zynismus anschaue, was diese Reise mit mir gemacht hat, dann erfüllt mich jeder einzelne Moment mit Liebe. In allererster Linie der Liebe zu mir selbst. Und dann die Liebe zu meinen Kindern. Immerhin.
Headerfoto: Edward Eyer via Pexels. (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!