3 asexuelle Frauen berichten von den Herausforderungen beim Dating


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Sex und körperliche Intimität machen einen Großteil des Diskurses über moderne Beziehungen aus. Doch was, wenn der Gedanke daran dich ungefähr so kalt lässt, wie die Steuererklärung auszufüllen? Würdest du dann weiter so damit hausieren gehen? Wahrscheinlich nicht. Vielleicht würde das Thema sogar gemieden werden.

Asexualität ist natürlich kein neues Phänomen, aber in letzter Zeit steigt das öffentliche Interesse daran, ebenso wie an sexueller Orientierung und Fluidität, also ein oder mehrere Wechsel der sexuellen Identität, allgemein.

Wenn es um die globale Verbreitung von Asexualität geht, ist meist von einem Prozent die Rede. Diese Quote geht auf eine repräsentative Studie des kanadischen Psychologen Anthony Bogaert aus dem Jahr 2004 zurück.

Außerdem berichten Communitys wie das Asexual Visibility and Education Network, eine Informationsplattform, die beispielsweise Treffen für asexuelle Menschen organisiert, dass die Anzahl der registrierten Nutzer*innen so hoch wie nie zuvor sei: 2010 waren es 22.460 Mitglieder, in diesem Jahr sind es bereits über 100.000.

Asexuell ist übrigens nicht gleich asexuell

Asexuell ist übrigens nicht gleich asexuell: Innerhalb des Spektrums gibt es verschiedene Abstufungen wie bi-romantisch – wenn eine Person sich sowohl zu Männern* als auch Frauen* hingezogen fühlt – oder „grey-asexual“ – wenn das sexuelle Verlangen einer Person weniger stark ausgeprägt ist oder nur in seltenen Momenten aufkommt.

Soweit also die Theorie – doch wie genau sieht das alles gelebt aus? Drei asexuelle Frauen haben sich bereit erklärt, uns einen Einblick in ihre Realität, ihr Liebesleben und ihre Datingerfahrungen zu gewähren.

Eilidh, 24

Meine Familie und meine Freund*innen waren schon immer das Wichtigste auf der ganzen Welt für mich – sie spielen eine extrem große Rolle in meinem Leben. Außerdem kämpfe ich leidenschaftlich für Menschenrechte und spiele Saxophon.

Ich träume schon seit Ewigkeiten davon, eine*n langfristige*n Partner*in zu finden, jemanden, mit dem oder der ich Interessen teile. Aber wenn du wie ich asexuell bist, kann das ziemlich schwer sein.

Ich träume schon seit Ewigkeiten davon, eine*n langfristige*n Partner*in zu finden, jemanden, mit dem oder der ich Interessen teile. Aber wenn du wie ich asexuell bist, kann das ziemlich schwer sein. Ich definiere meine Asexualität als bi-romantisch, was bedeutet, dass ich mich zwar zu Männern und Frauen hingezogen fühle, aber keinen Sex mit ihnen haben möchte. Ich denke nicht darüber nach; es interessiert mich einfach null – ich verspüre kein Verlangen.

In vielen Beziehungen scheint sexuelle Begierde eine unglaublich wichtige Rolle zu spielen. Doch wenn ich mich in jemanden verliebe, will ich einfach nur viel Zeit mit der Person verbringen und sie kennenlernen. Was das Körperliche angeht, ist Küssen und Händchenhalten das höchste der Gefühle bei mir.

Mir ist der Charakter sehr wichtig und mein*e ideale*r Partner*in sollte mich auf jeden Fall zum Lachen bringen können. Ansonsten kommt es darauf an, ob ich einen Mann oder eine Frau date: Bei Männern stehe ich auf Nerds, die eine Leidenschaft für irgendetwas haben, bei Frauen komischerweise vor allem auf die „Schönen“. Außerdem ist es mir extrem wichtig, respektiert zu werden – egal, wen ich date.

Die Reaktionen reichen von „Das macht gar keinen Sinn!“ bis hin zu „Stimmt etwas nicht mit dir?“. Meistens trage ich es mit Fassung.

Asexualität beim Chatten auf Dating-Apps zu erklären, kann interessant sein! Meistens erzähle ich direkt, dass ich asexuell bin, damit es keine Missverständnisse gibt. Die Reaktionen reichen von „Das macht gar keinen Sinn!“ bis hin zu „Stimmt etwas nicht mit dir?“. Meistens trage ich es mit Fassung.

Viele verstehen einfach nicht, dass ich es mir nicht ausgesucht habe, asexuell zu sein. Manche Menschen sind aber auch einfach neugierig und stellen ernstgemeinte Fragen zu meiner (fehlenden?) Sexualität. Ich finde das super, denn so können sehr interessante Gespräche entstehen.

Bevor ich mit geoutet habe, gab es ein paar Dates, bei denen sich Männer zu vertraulich mir gegenüber verhalten haben – sie haben mich berührt, meinen Arm gestreichelt, obwohl wir uns erst ein paar Stunden kannten. Das war extrem unangenehm für mich und fühlte sich unangebracht an. Einmal löste das bei mir sogar eine Panikattacke aus.

Leila*, 21

Ich bringe es jetzt einfach direkt auf den Punkt: Ich möchte auf jeden Fall irgendwann heiraten. Mein Problem ist allerdings, jemanden zu finden, mit dem oder der ich mir eine Ehe vorstellen kann – ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie das andere machen.

Bevor ich mich als asexuell geoutet habe, fiel mir auf, dass meine Freund*innen auf eine komplett andere Art und Weise über Beziehungen redeten, als ich es gemacht hätte. Wir schauten uns romantische Komödien und Serien an, in denen die Charaktere so taten, als wäre Sex das Allerwichtigste im Leben.

Ich dachte, das wäre alles fake und die Medien und Hollywood hätten ONS erfunden. Warum sollte das irgendjemand machen wollen?

Die Schauspieler*innen hatten ständig One-Night-Stands und ich dachte, das wäre alles fake und die Medien und Hollywood hätten ONS erfunden. Warum sollte das irgendjemand machen wollen? Dachte ich. Aber dann hatten meine Freund*innen irgendwann auch ONS und das warf mich komplett aus der Bahn.

Ich fing mit 17 an, zu realisieren, dass ich asexuell bin. Damals fühlte ich mich zu niemandem sexuell hingezogen und wollte mit niemandem Sex haben. Mittlerweile bin ich nicht komplett abgeneigt, aber trotzdem würde ich nicht bewusst danach suchen.

Dating-Apps benutze ich kaum, denn ich muss jemanden erst besser kennen, um sie oder ihn auf romantische Art attraktiv zu finden. Und auch im echten Leben verkompliziert meine Asexualität alles beim Dating. Es fällt mir schwer, herauszufinden, was eine normale Freundschaft und was mehr ist. Manchmal überzeuge ich mich selbst davon, in eine*n Freund*in verliebt zu sein. Dann denke ich aber, es könnte unsere Freundschaft zerstören, wenn ich einen Schritt weitergehen würde. Also ignoriere ich meine Gefühle.

Eigentlich mag ich Männer und Frauen, aber wenn ich mich mal verliebe, dann ist es meistens in eine Frau.

Eigentlich mag ich Männer und Frauen, aber wenn ich mich mal verliebe, dann ist es meistens in eine Frau. Ich habe eine Freundin, für die ich sehr viel empfunden habe. Sie war sehr verständnisvoll und wir haben uns während des Studiums oft gegenseitig unterstützt. Sie hatte wunderschönes, lockiges, braunes Haar und war ziemlich klein – was ich toll fand, weil ich selbst relativ groß bin. Traurigerweise zog sie jedoch weg, also wurde aus uns leider nichts.

*Name wurde geändert

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Christina, 24

Ich fühle mich zu Frauen und Männern romantisch hingezogen, würde mich aber als komplett sex-neutral beschreiben. Die Vorstellung, Sex zu haben, finde ich nicht abstoßend, aber es juckt mich einfach nicht. Ich im empfinde keine Scham oder Verlegenheit; es löst nichts in mir aus. Sex ist mir einfach absolut egal.

Damit ich mich romantisch zu einer Person hingezogen fühle, muss ich sie sehr gut kennen. Affären sind deswegen nicht wirklich mein Ding.

Ich finde es attraktiv, wenn jemand aufmerksam, fürsorglich und zuverlässig ist.

In meinem „Auswahlprozess“ spielt das Aussehen eine eher unwichtige Rolle. Viele Menschen sehen Promis und sagen „Sie ist heiß“ oder „Er ist heiß“. Objektiv gesehen kann ich zwar zustimmen, aber das bedeutet nicht, dass ich mit der Person ins Bett will. Ich finde es attraktiv, wenn jemand aufmerksam, fürsorglich und zuverlässig ist. Außerdem sollte sie oder er sollte nicht zu sehr klammern – beide Partner*innen sollten zu einem gewissen Grad unabhängig sein, damit die Beziehung überhaupt funktioniert.

Ich hatte noch nie eine richtige Beziehung, aber es gab eine Person, für die ich tiefe Gefühle entwickelt habe. Es war ein Freund, mit dem ich zur Schule gegangen bin. Wir hatten die selben Interessen und Hobbys, wie unsere Liebe für Schauspiel und Musik. Er war supernett und rücksichtsvoll, aber am Ende passten wir einfach nicht zusammen, denke ich. Ich bin sehr praktisch veranlagt und organisiert. Er ist dagegen einer dieser Menschen, bei denen immer alles in der Schwebe ist.

Ich träume schon seit ich klein bin davon, irgendwann mal Kinder zu adoptieren. Wenn ich mir meine Zukunft vorstelle, sehe ich auf jeden Fall Kinder – ein*e Ehepartner*in ist dagegen optional.

Ich mache mir ungefähr genauso viele Gedanken darüber, „den Einen“ oder „die Eine“ zu finden wie über Sex. Allerdings träume ich schon seit ich klein bin davon, irgendwann mal Kinder zu adoptieren. Wenn ich mir meine Zukunft vorstelle, sehe ich auf jeden Fall Kinder – ein*e Ehepartner*in ist dagegen optional.

Wenn ich tatsächlich mal jemanden finde, mit dem oder der ich mir eine langfristige Beziehung vorstellen kann, wäre das wundervoll. Aber im Moment konzentriere ich mich auf meine wahre Liebe: Schauspielerei und Drehbücher schreiben. Sollte ich mal jemanden spielen müssen, der sich sexuell zu jemanden hingezogen fühlt oder Sex hat, würde ich meine Asexualität offen beim Regisseur/bei der Regisseurin ansprechen.

Weil mir Sex aber prinzipiell egal ist und ich mich auch nicht unwohl fühlen würde, wäre es wahrscheinlich sogar einfach für mich, die Rolle zu spielen. Allerdings liebe ich Sci-Fi und Fantasy-Filme, also ist es wahrscheinlicher, dass du mich im nächsten Star-Wars-Film siehst und nicht in einer romantischen Komödie.

Headerfoto: Katarzyna Grabowska via Unsplash. („Körperliches“-Button hinzugefügt, Bild gecroppt.) Danke dafür!

Text: Jenn Selby.

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