Für jede Frau* kommt früher oder später der Tag, an dem sie sich entscheidet: Will ich oder will ich keine Kinder? Vielen Frauen jedoch wird gerade im Bezug auf Kinderlosigkeit die Entscheidung von ihrem Körper abgenommen. Warum dieses Thema beim Smalltalk keinen Platz hat.
Ich persönlich will keine Kinder. Dazu habe ich mich bereits mehrfach in diversen Artikeln bei im gegenteil geäußert. Ich fühle mich wohl mit dieser Entscheidung und gerate auch nicht in Verlegenheit, wenn jemand mir die Fragen: “Und wann ist es denn bei Dir soweit?” oder „Warum hast Du noch keine Kinder?“ stellt. Die Zeiten, in denen mich das wirklich hart genervt hat, sind vorbei.
Doch für viele andere Menschen ist das nicht einfach nur nervig, sondern unter Umständen auch eine kritische Frage, denn: Warum jemand (nicht) schwanger wird und wann, ist nicht immer eine freie Entscheidung. Das ist ein hochgradig sensibles Thema und zudem extrem privat.
Warum jemand (nicht) schwanger wird und wann, ist nicht immer eine freie Entscheidung.
Oftmals tritt man dann mit dieser Frage, und wenn sie noch so freundlich nebenbei gemeint ist, ordentlich ins Fettnäpfchen. Besonders bei Leuten, die man nicht oder noch nicht lange kennt. Denn man weiß nie, aus welchem Grund das nette Nachbar-Paar auf der Einweihungs-Party keine Kinder hat.
Vielleicht wollten sie keine. Vielleicht wollen sie noch nicht jetzt schwanger werden. Vielleicht wollen beide erst eine gewisse Karriere aufbauen oder suchen vielleicht noch nach der perfekten Wohnung. Tja und ganz vielleicht können sie auch nicht.
Und dann steht man da und hat das Fass aufgemacht und weiß nicht, wie man es wieder verschließen soll. Da wünscht man sich doch, man hätte es nie angesprochen.
Ein unerfüllter Kinderwunsch tut weh
Laut einer aktuellen Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend leidet in Deutschland jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren an einem unerfüllten Kinderwunsch.
Nur sieht man diesen Paaren ihren Wunsch und dessen ausbleibende Erfüllung auch nicht unbedingt äußerlich an. Wer gegen den eigenen Wunsch ohne Schwangerschaft bleibt, wird damit womöglich nicht unbedingt hausieren gehen. Denn es ist oft ein sensibles und mit Schmerz behaftetes Thema.
Die reproduktionsmedizinische Behandlung stellt für die Betroffenen nicht nur finanziell, sondern auch körperlich und seelisch eine erhebliche Belastung dar.
“Für die Erfüllung des Kinderwunsches sind diese Paare auf medizinische Hilfe angewiesen. Die reproduktionsmedizinische Behandlung stellt für die Betroffenen nicht nur finanziell, sondern auch körperlich und seelisch eine erhebliche Belastung dar”, heißt es beim BMFSFJ.
Nicht immer haben sie die finanziellen Mittel, ihren Wunsch mit medizinischer Hilfe vielleicht doch noch in Angriff zu nehmen. Oder vielleicht klappt es trotz allen ergriffenen Maßnahmen einfach immer noch nicht. Und dann müssen sie sich mit dieser Erkenntnis für den Rest ihres Lebens auseinandersetzen: kein Baby für uns auf einfachem Wege. Ich rede hier übrigens nur von heterosexuellen Paaren. Die (nicht zuletzt: gesellschaftlichen) Hürden für gleichgeschlechtliche Paare sind noch viele Male hörer – global betrachtet.
Das Thema Familienplanung ist ein potenzielles Minenfeld – für alle Parteien
Die Gewissheit, niemals selbst ein Kind gebären zu können, nicht die Erfahrung einer Schwangerschaft machen zu können – das ist für viele weiblich gelesene Personen nur schwer zu verkraften. Und darauf wollen sie in der Regel nicht unbedingt auf einer Party, bei einem Spieleabend oder bei einem Treffen in der Warteschlange vor dem Starbucks angesprochen werden. Für solche Smalltalk-Situationen gibt es Themen wie das Wetter oder den jeweiligen Musikgeschmack.
Wenn der Wunsch nach Schwangerschaft nicht gelebt werden kann, dann bricht ein Stück Lebensplanung weg. Zunächst ersatzlos.
Wie jede einzelne Person reagiert, ist natürlich nicht vorhersehbar. Manche kommen vielleicht auch gut damit zurecht. Denn schließlich ist ein Baby zu bekommen nicht zwangsläufig der einzige Weg, ein erfülltes Leben zu führen. Aber auch das ist keine Erkenntnis, die man ungewollt kinderlosen Menschen aufdrängen kann und sollte. Das wissen sie in der Regel selbst.
Doch wenn der Wunsch gegeben ist – dann ist er nunmal da. Und wenn er nicht gelebt werden kann, dann bricht ein Stück der gewollten Lebensplanung einfach weg. Zunächst oder vielleicht sogar für immer ersatzlos.
Wie man für ungewollt kinderlose Menschen da sein kann
Natürlich kann und darf man auf dieses Thema eingehen, wenn eine betroffene Person sich selbst öffnet und über dieses Thema spricht. Jedoch sollte man oberflächliche Ratschläge besser unterlassen. Kein Mensch in einer solchen Situation will hören, dass ein Hund doch vielleicht genauso viel Freude bringt oder man das Leben ja dann auch mit Reisen und Partys verbringen könne. Beides habe ich auch schon gehört.
Der Wunsch nach einer Familie ist so viel mehr als die Inkaufnahme von verpassten Partys oder der Verzicht auf die eine oder andere Urlaubsreise.
Denn der Wunsch nach einer Familie ist so viel mehr als die Inkaufnahme von verpassten Partys oder der Verzicht auf die eine oder andere Urlaubsreise. Er kann für einige Menschen, Einzelpersonen oder Paare, genuiner Teil ihrer Identität sein. Und das sollte man respektieren – gerade dann, wenn dieser Teil wegfällt.
Viel besser ist es, die Betroffenen selbst sprechen zu lassen, wenn sie wollen und können. Sie ihre Enttäuschung und Ängste teilen zu lassen, sie zu fragen, was sie brauchen und ihnen beizustehen. Mit Mitgefühl (NICHT MITLEID!) und Respekt gegenüber ihren Gefühlen – egal wie diese aussehen mögen.
Headerbild: Gemma Chua-Tran (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!