Meine beste Freundin ist die beste Freundin!

Mit Vorliebe schreiben und lesen wir hier auf im gegenteil über Sex, Männer, die Liebe. Ich möchte mit dieser Tradition nicht brechen, sondern sie um eine Hymne an meinen absoluten Lieblingsmenschen erweitern: meine beste Freundin.

Ja, ich habe Kinder, die ich sehr liebe vom Tag ihrer Existenz und manchmal sicher darüber hinaus. Ich habe auch einen wundervollen Partner, den ich mir aussuchte und an den ich viele Zeilen gerichtet habe. Nur der Mensch, der mir seit bald vierzehn Jahren wirklich am wenigsten auf den Sack geht und den ich meine große Liebe schimpfe, ist mir nicht biologisch verbunden oder sexuell nah.

Nur der Mensch, der mir seit bald vierzehn Jahren wirklich am wenigsten auf den Sack geht und den ich meine große Liebe schimpfe, ist mir nicht biologisch verbunden oder sexuell nah.

Wir haben uns stattdessen füreinander entschieden, aus freien Stücken und Jahr um Jahr bewusst, weil wir uns tatsächlich und wahrhaftig mögen, akzeptieren und zu schätzen wissen. Nicht aus einer Pflicht heraus und nicht, weil die Hormone uns monatelang in Zuckerwattezustände versetzt haben.

Als wir einander zum ersten Mal begegneten, war sie sehr blond, sehr laut und sehr lebhaft. Ich war pummelig, müde und überfordert. Wir liefen beide durch die Kita unserer Kinder, mit Anfang zwanzig als die Quotenmamis unter vielen beobachtenden Augen. „Werden die es schaffen?“, „Sind die nicht zu jung?“, „Na ja, wenn Kinder Kinder kriegen.“ Während mir diese Worte wie Nadelstiche unter die Haut gingen, blieb sie cool.

Sie war sehr blond, sehr laut und sehr lebhaft. Ich war pummelig, müde und überfordert.

Sie blieb auch cool, als ich verträumt hatte, das Kind mit dem Kinderwagen nach Hause fahren zu müssen, stattdessen nun aber mit dem Fahrrad in der Einfahrt stand und das Dilemma „zwei Transportmittel und ein Baby“ erkannte. Sie schob das Rad, ich den Wagen – wir waren wie füreinander bestimmt. Wir waren auch noch beisammen, als ich eine ihrer Affären betrunken auf einer Party küsste und sie mir am nächsten Tag vorwarf, gegen sämtliche Codices verstoßen zu haben.

Wir hatten zuvor nämlich jahrelang auf meinem Sofa überlegt, was wir einmal werden wollten, dabei Talkshows laufen lassend ein Nickerchen gemacht, bis wir die Kinder wieder aus der Kita abholen sollten. So etwas schweißt zusammen. Sie begleitete mich durch meine Trennungen und ich sie durch ihre. Sie brachte mir bei, wie man einen Kinderwagen in die Bahn hebt, ohne auf starke Männer warten zu müssen und ich brachte ihr bei, wie man dem Expartner Penisse ins Gesicht photoshoppt. Was haben wir gelacht.

Sie brachte mir bei, wie man einen Kinderwagen in die Bahn hebt, ohne auf starke Männer warten zu müssen und ich brachte ihr bei, wie man dem Expartner Penisse ins Gesicht photoshoppt.

Da war dieser kleine Konflikt schnell ausgeräumt und die Affäre sowieso bald Schnee von gestern. Ich aber blieb. Ich blieb, obwohl ich andere Freundinnen fand, in andere Cliquen eintauchte und ein weiteres Kind bekam. Sie blieb, obwohl sie im Studium interessanteren Menschen begegnete und Kleinkinder ihr schon lange nichts mehr bedeuteten.

Während ich neulich in Panik nach einem geeigneten Geburtstagsgeschenk für sie suchte und einfach alles kaufte, was mir in die Hände fiel, dachte ich schmunzelnd an den Fallschirmsprung, den sie mir zum dreißigsten Geburtstag schenkte. Einer ihrer Irrtümer bezüglich unserer Freundschaft. Der einzige, wie mir scheint.

Denn während ich mich munter durch Partnerschaften grabe und ein Konflikt den nächsten stellen kann, ich mich mit meinen inzwischen sehr großen und teils pubertierenden Kindern zoffe und wünschte, Mutterschaft fände auf einer einsamen tropischen Insel mit einem Schirmchencocktail statt, streiten wir uns eigentlich nie. Wir umschiffen gekonnt jeden androhenden Konflikt, weil wir nicht nur wissen, dass wir einander liebhaben, sondern auch spüren, was die andere braucht. Wir sind füreinander kein weiterer Stressor, sondern eine Schulter.

Jemand, der verständnisvoll nickt und diplomatisch gemeinsam mit uns um den heißen Brei tanzt. Jemand, der als letzte Verbündete im Krampf mit den anderen Unmöglichkeiten da draußen in der Welt standhält. Streiten können wir uns auch mit anderen. Mit unseren Familien, unseren Exmännern, unseren Teamkolleginnen oder oder oder. Wir sind die sichere Bank.

Gerade deshalb wird sie mir immer mehr bedeuten als die anderen. Gerade deshalb verdient sie einen eigenen Beitrag, zwischen all dem Sex, den Männern und der Liebe. Sie ist Liebe. Happy Birthday, meine Liebe!

Headerfoto: Maria Orlova via Pexels. (Kategorie-Button hinzugefügt und Bild gecroppt.) Danke dafür!

Laurine Lauretta, ein Perpetuum Mobile. Zwischen alleinerziehender Mutterschaft, pädagogischer Arbeit und Frausein, bleibt noch genug Zeit sich viele Gedanken um die Liebe, das Leben und allerlei Unsinn zu machen. Hier in Wort und Text.

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