Flo | 39 | Hamburg

„Auf Tinder muss ich mit den ganzen Verrückten konkurrieren, das macht ja auch keinen Spaß.”

Wer bei Flo übernachtet, muss damit rechnen, von wild quakenden Enten geweckt zu werden. Die wohnen zwar nicht im Schlafzimmer, aber paddeln direkt vorm Fenster fröhlich ums Haus herum – und irritieren auch uns kurz, als wir an diesem frühen Samstagmorgen die Wohnung unseres Singles im Wilhelmsburger-Inselparkidyll betreten. Das Gebäude, in dem sich Flos Wohnung befindet, gehört nämlich zu den Bauwerken der IBA, die hier 2013 stattfand – und es steht im Wasser.

Die Häuser hier kann man mögen (wir mögen sie), die Wohnung von Flo muss man mögen. Sie ist großzügig geschnitten, super hell durch eine große Fensterfront in der luftigen Wohnküche und von dem riesigen Balkon im fünften Stock hat man einen traumhaften Blick über den Park. Ich könnte einen halben Roman darüber schreiben, wie phänomenal diese Wohnlage ist, aber ich will ja nicht die Wohnung vermitteln, sondern ihren ebenso tollen Besitzer.

Daher nur ganz schnell: Direkt vor der Tür befindet sich ein Schwimmbad und die edel-optics.de Arena (die Heimspielstätte der Hamburg Towers). Dahinter eine Kletterhalle, ein Hochseilgarten, Beachvolleyballfelder, ein Skatepark, Tennisplätze und ein See, an dem man sich im Sommer SUPs leihen kann. Ein guter Ort, für jemanden, der gerne aktiv ist. Jemanden wie Flo, zum Beispiel.

Ihm ist wichtig, dass er sich jeden Tag mindestens eine halbe Stunde bewegt, ob das Laufen, Schwimmen, ein Workout im Park oder Yoga ist, spielt dabei keine Rolle. Nur um den Hochseilgarten macht er bis jetzt einen Bogen – Höhenangst. Und jetzt ratet, wofür ihm seine Freunde zum Geburtstag einen Gutschein geschenkt haben. Ja, dieser Mann hat einen humorvollen Freundeskreis im Gepäck.

Den Sprung über die Elbe hat Flo vor zwei Jahren, nach acht Jahren im Eppendorfer Altbau, gewagt. “Während der WM 2018, zum 0:2 gegen Südkorea”, um es genau zu sagen. Hier wohnt also ein Fußball-Fan. Wir müssen uns auch nicht lange umgucken, um zu wissen, für welchen Verein sein Herz schlägt. Flo ist ein waschechter Schalker.

Er kommt zwar nicht direkt aus dem Pott, aber aus Coesfeld im Münsterland und von da muss man halt ein paar Meter fahren, um was zu erleben. Was, wenn die Frau, die gerade den Stift für einen Liebesbrief zückt, Dortmund-Fan ist? “Geht gar nicht!”, sagt er. Und wir sind uns hier nicht ganz sicher, wie ernst ihm das ist …

Naja, zurück ins Münsterland. Hier verbrachte Flo eine idyllische Kindheit und Jugend. Wenig überraschend: Er war im Fußballverein aktiv (eher so semi-erfolgreich). Äußerst überraschend: Er war er ein richtiger Latein-Nerd! Teenie-Flo hatte das große Glück, einen mitreißenden Lehrer zu erwischen und hätte sogar gerne Latein-LK gewählt. Mit dieser Wahl stand er an seiner Schule allerdings alleine da – und das überrascht mich als ehemalige Latein-Geplagte schon wieder nicht mehr.

Eine Sache fesselte Flo allerdings noch mehr als Cesar und sein Bello Gallico: das Internet. Mehr als einmal musste er Lehrern erklären, was es mit dem World Wide Web eigentlich so auf sich hatte (wir sprechen von den 90er Jahren) und wofür es gut ist (Lateinübersetzungen finden, zum Beispiel. Aber pssst.). Und im weitesten Sinne tut er das auch heute noch, nur dass seine Kund*innen jetzt andere sind. Flo hat sich nämlich Anfang des Jahres als SEO-Berater selbstständig gemacht.

Aber zwischen Abi und Selbstständigkeit ist noch ein bisschen was passiert. Zunächst ging es für Flo nämlich Richtung Süden, genauer: nach Stuttgart. Zum Zivildienst. Warum Stuttgart? Na wegen Hip-Hop. Flo ist zu der Zeit riesiger Hip-Hop-Fan und Stuttgart zu der Zeit die Hochburg des deutschen Hip-Hops. Also, nichts wie hin!

Im Schoß der Kolchose absolvierte Flo seinen Zivi bei Brot für die Welt, steckte aber deutlich mehr Energie in seine frisch gegründete Hip-Hop-Kombo mit Rap-Kollegen Luxx (inzwischen Luxx77) und ihrem Album Luxxus. Als “Original Flo” war er für die Beats verantwortlich und schaffte es damit sogar bis zu einem Review im inzwischen eingestellten Juice Mag. Das Urteil der Kritiker fiel eher mau aus, aber an Flo lag es nicht, denn seine Instrumentalen ließen die Experten “doch hin und wieder entspannt mitgrooven”. Wenn das kein Ritterschlag ist.

Nun ja, was tut man, wenn die große Rap-Karriere ausbleibt? Klar, BWL studieren. In Münster. Aber keine Angst, den BWLer merkt man ihm kaum an. Der schlägt sich lediglich in Flos Geschäftstüchtigkeit nieder. Neben seinem SEO-Beratertum arbeitet er nämlich an diversen weiteren Online-Projekten, die er noch nicht weiter spezifizieren wollte. Nur so viel: bei Die Höhle der Löwen wird man Flo wohl eher nicht sehen.

Seine SEO-Karriere begann übrigens in Münster, bis er dann vor acht Jahren den Sprung von der Studenten- in die Hansestadt geschafft hat. Es war das internationale, weltoffene Flair, das Flo hergelockt hat (vielleicht auch ein bisschen die 50-Cent-Mexikaner) und es ist die Tatsache, “dass man hier einfach mal in Ruhe gelassen wird”, die ihn seitdem hier hält.

Das soll aber nicht bedeuten, dass Flo ein unkommunikativer Stubenhocker ist. Im Gegenteil! Er nutzt das Hamburger Spaß-, Kultur- und Gastronomie-Angebot in vollen Zügen aus. Dabei reicht sein Interessenspektrum vom Dog Eat Dog-Konzert im Kaiserkeller bis hin zur Live-Übertragungen von Hamlet aus dem Londoner Westend im Savoy-Kino. Wir stellen an dieser Stelle schon mal die These auf: Wer Flo datet, hat nie wieder Langeweile.

Bartechnisch setzt er inzwischen eher auf Qualität statt Quantität (adios, Mexikaner!) und mag Läden wie das Le Lion, Rabbithole oder die Drip Bar. Die Grundlage dafür schafft er vorzugsweise mit einer guten Pizza (Favoriten: Jill in der Schanze und das ZweiPunktNull in Ottensen) oder einem klassischen Burger (hier führt kein Weg an Dulf’s vorbei, aber auch der WilliamsBurger kann was, sagt er). Weitere Favoriten für ein richtig gutes Abendessen sind das Salt&Silver und das Leche de Tigre – womit wir schon beim nächsten Thema wären.

Denn immer, wenn Flo so überhaupt gar nicht mehr in Ruhe gelassen werden will, oder wenn das Wetter in Hamburg zu schlecht wird, dann zieht es ihn nach Südamerika. Vor allem Kolumbien hat es dem 39-Jährigen angetan. Dort startete er vor zwei Jahren auch in ein sechsmonatiges Sabbatical, das ihn über Mexiko weiter bis nach San Francisco führen sollte. Richtig Spanisch gelernt hat er nie, aber wer den Ablativus Absolutus beherrscht, der kann auch in Medellín una cerveza bestellen. Auf den Mund gefallen ist Flo auf jeden Fall nicht.

Mit seiner neuen Selbstständigkeit kann es sich der Münsterländer auch durchaus vorstellen, die Wintermonate über an einem sonnigen Ort zu arbeiten. Es wäre also nicht verkehrt, wenn du, liebe potenzielle neue Herzensdame, diesem Thema gegenüber ebenfalls offen bist. Oder zumindest ähnlich reisefreudig.

Weitere gewünschte Qualitäten: “Sollte ich jemals in einem südamerikanischen Knast landen, brauche ich jemanden, der draußen für mich kämpft.” Keine Ahnung, was Flo da noch so für Pläne hat, aber wir übersetzen das mal in: eigenständig, selbstbewusst, mutig und Spanisch mindestens B2. Cool wäre außerdem, wenn seine Zukünftige nicht in der gleichen Branche arbeitet – damit man abends auch noch andere Themen als den Job hat. Das Wichtigste ist aber: eine positive, gelassene Grundeinstellung, denn die bringt Flo auch mit.

Wir sagen: Vamos, chicas! Dieser Mann ist smart, vielseitig interessiert, weiß, was er will und ist mit einem so trockenen Humor ausgestattet, dass er schon fast als echter Hanseat durchgeht.

PS: Neben Liebesbriefen und Heiratsanträgen akzeptiert Flo auch Tipps für schöne Wandlampen, denn seine Vormieter haben sehr viele Kabel aus den Wänden hängen lassen.

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SUSI hat nach ihrer Fotografenausbildung lange in der Modefotografie gearbeitet und vor zwei Jahren nochmal angefangen, Fotojournalismus zu studieren. Ihre Leidenschaften sind in der Tat Bananen und Sport (laufen, surfen und so eine Art Crossfit) und ihr Bulli, mit dem sie gerade unterwegs ist.
ANNA hat nach zahlreichen Stationen rund um die Welt in Hamburg ihren Heimathafen gefunden. Hier arbeitet sie als Audio Redakteurin und wird beim Anblick der Hafenkräne im Sonnenuntergang immer noch sentimental. Sie liebt Sommer im Norden und Winter im Süden, mag laufen, surfen und Wermut trinken und träumt von einem Cottage in Irland. Jede Woche schreibt sie im Verve Letter über Freundschaft, Feminismus und #popculturepleasures.

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